|
|
02.03.2024 |
Insolvenz und Eigenverwaltung : Geschäftsführer als Insolvenzverwalter in eigener Sache |
|
- Einleitung
Die Eigenverwaltung ist laut den §§ 270 InsO die Möglichkeit des Schuldners, die Insolvenzmasse unter Aufsicht eines Sachwalters selbst zu verwalten und über sie zu verfügen. Der eigenverwaltende Schuldner wird so gleichsam zum Insolvenzverwalter in eigener Sache. In der Praxis wird die bisherige Geschäftsleitung durch einen Fachmann im Bereich Insolvenz und Sanierung verstärkt- meist einen erfahrenen Fachanwalt für Insolvenzrecht.
- Zur Historie
a)Eigenverwaltung in der InsO Im Jahr 1999 wurde die Eigenverwaltung in die Insolvenzordnung eingeführt. Die Eigen-verwaltung sollte eine Ausnahne sein.
b)ESUG Mit dem dem ESUG - Abkürzung „ESUG“ steht für das „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“, das 2012 in Kraft getreten ist, wurde die Eigenverwaltung neu gestaltet und die Eingangsvoraussetzungen gesenkt. Die Eigenverwaltung sollte jetzt der Regelfall sein.
c)SanInsFoG Zu Beginn des Jahres 2021 erfolgte eine Neugestaltung des Sanierungs- und Restrukturierungsrecht, einschließlich der Eigenverwaltung durch das Gesetz zur Fort-entwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG). Manche kritisieren, dass die Eingangsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung wieder erheblich erhöht wurden. Zu Beginn des Jahres 2021 wurden auch die Insolvenzantragsregelungen der InsO allgemein nachjustiert, zum anderen die Sondertatbestände des COVInsAG verlängert sowie teilweise erweitert.
- Ziele der Reform und Regierungsentwurfs
Wie ist es aktuell in der Praxis mit der Eigenverwaltung - hat sich die Reform bewährt- welche Chancen hat die Eigenverwaltung?
a) Es sollte die ESUG Evaluation umgesetzt werden. Insolvenzanträge sollte früher gestellt und die Ergebnisse in den Insolvenzverfahren für Gläubiger sollten verbessert werden.
b) Die Interessen der Gläubigerschaft sollte verbessert werden- u.a Rolle des vorläufigen Gläubigerausschusses
c) Die Unabhängigkeit des Sachwalters sollte gesichert werden
d) Die Haftung des Sachwalters sollte geregelt werden
e) Die bis dato uneinheitliche Praxis sollte abgebaut und dadurch mehr Rechtssicherheit geschaffen werden.
f) Der Regierungsentwurf sah nicht vor, dass in der Eigenverwaltung zwingend eine Sanierung stattfinden muss- auch eine Liquidation ist daher möglich oä.
g) Begründung von Masseverbindlichkeiten wurde jetzt gesetzlich geregelt § 270 c IV InsO. Es soll aber keine Globalermächtigung mehr erfolgen. Adressat der Anordnung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes der eigenverwaltenden Schuldner.
h) Schutzschirmverfahren gibt es immer noch- auch nach der Reform
i) Vor Einleitung des Verfahrens ist ein Vorgespräch mit dem Gericht möglich.
- Voraussetzung und Zugang zur Eigenverwaltung nach § 270 a Abs.1 und § 270 b Abs. 1 S.1 InsO
a) Antrag des Schuldners b) Eigenverwaltungsplanung § 270 b Abs.1 S.1 InsO aa) Finanzplanung fundierte, sichere Finanzplan mit der Darstellung der Finanzierungsquellen bb) Konkretes Sanierungskonzept für das Insolvenzverfahren, welches die Art und Ausmaß und Ursachen der Krise, das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt cc) Verhandlungsstand Darstellung des Verhandlungsstandes mit den Gläubigern und den an der Schuldnerin beteiligten Personen und anderen Dritten dd) Pflichten Darstellung der Sicherung der Erfüllung insolvenzrechtlicher Pflichten ee) Vergleich Vergleichsrechnung mit Erläuterungen zu möglichen Mehr- und Minderkosten der Eigenverwaltung zur Regelabwicklung im Zusammenhang mit der Insolvenzmasse. Auch sämtliche zu erwartenden Beraterkosten sind darzustellen.
c) Zusatzerklärungen Zusatzerklärungen, die kein Bestandteil der Eigenverwaltungsplanung sind, müssen vorgelegt werden gemäß § 270 a Abs.2 InsO
aa) Erklärung zu Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern bb) Erklärung zu Vollstreckungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren cc) Erklärung über die Erfüllung der handelsrechtlichen Offenlegungspflichten innerhalb der letzten drei Geschäftsjahre
d) Prüfung der Vollständigkeit, Schlüssigkeit und offenkundige Fehler durch das Gericht gemäß § 270 b Abs.1 S.1 Nr. 1 InsO (die Prüfung kann auf den vorläufigen Sachwalter abgewälzt werden)
e) es dürfen keine Umstände bekannt sein, aus denen sich ergibt, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht, § 270 b Abs.1 S.1 Nr. 2 InsO (vgl. auch Erläuterungen im Regierungsentwurf)
f) Schuldner muss in der Lage sein, die Geschäftsführung an den Interesseen der Gläubiger auszurichten.
- Nutzung der Eigenverwaltung
Für die Kunden und bisherigen Geschäftspartner erfolgen durch die Eigenverwaltung geringere Eingriffe. Die Sanierungschancen werden weiter verbessert. Die Gerichte müssen/sollen offen für Eigenverwaltungen sein.
- Eine wichtige Entscheidung:
BGH zur Schlüssigkeit von Sanierierungskonzepten im Urteil vom 12.5.2016 IX ZR 65/14 in BGHZ 210, 248
Hermann Kulzer Master ob Business and Administration Fachanwalt für Insolvenzrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Wirtschaftsmediator
Mögliche Einsatzorte für Eigenverwaltungen unter Beteiligung von RA Kulzer in: Dresden, Leipzig, Berlin, Cottbus, München, Augsburg, Nürnberg
Kulzer@pkl.com www.pkl.com www.fachanwaltsinfo.de Glashütterstraße 101 , 01099 Dresden 0351 8110233
|
|
Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht |
|
zurück |
|
|