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09.12.2011 Schadensersatzspflicht des Insolvenzverwalters: Gesetzestext, Beispiele, Haftung, Höhe, Kläger, insoinfo
Information

Pflichtverletzungen von Banken, Bankvorständen, Schuldnern, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern und Geschäftsführern können zu Schadensersatzansprüchen in beträchtlicher Höhe führen. Steuerberater und Rechtsanwälte müssen daher Haftpflichtversicherungen abschließen.

Auch Insolvenzverwalter können im Rahmen ihrer Berufsausübung Pflichtverletzungen begehen, die zu Schadensersatzansprüchen führen können.

Das größte Haftungsrisiko des Insolvenzverwalters eröffnet sich bei der Fortführung von Betrieben - wenn Arbeitnehmer weiterbeschäftigt, laufende Verträge erfüllt und Neuverbindlichkeiten begründet werden.

Aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen resultieren Masseverbindlichkeiten, die aus der vorhandenen Masse vorab- also vor den Insolvenzgläubigern befriedigt werden müssen.
Dies ist alles unproblematisch, solange Masse vorhanden ist.
Problematisch ist es jedoch, wenn der Insolvenzverwalter nicht oder schlampig plant oder von unrealistischen Annahmen ausgeht und dann die Masse dann nicht ausreicht, die fälligen Forderungen zu erfüllen. Er darf auch keinen Gläubiger bevorzugen.

I. Gesetzestext
§ 60 (Haftung des Insolvenzverwalters)
(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

II. Beispiele

Eine Schadensersatzpflicht gemäß § 60 InsO besteht für/wenn:

  • die pflichtwidrige Begründung von Masseverbindlichkeiten, BGH, 06.05.2004 - IX ZR 48/03
  • Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters verletzt hat, BAG, 25.01.2007 - 6 AZR 559/06
  • Der Verwalter braucht eine Liquiditätsplanung. Die muss er vor jeder Bestellung überprüfen und aktualisieren. Erfüllt er dies nicht haftet er, BGH IX ZR 48/03
  • Hat der Insolvenzverwalter keinen Liquiditätsplan, haftet er allein und seine Haftpflichtversicherung haftet nicht (Oberlandesgericht Karlsruhe, Az.: 12 U 227/04).
  • Reicht die Masse nicht zur Befriedigung aller Masseverbindlichkeiten, darf er jede Forderung nur anteilig begleichen,  BAB Az.: 6 AZR 562/06
  • der Insolvenzverwalter eine Immobilie an einen unzuverlässigen Mieter vermietet dadurch den Rückgabeanspruch gefährdet, BGH, 25.01.2007 - IX ZR 216/05
  • wenn der Insolvenzverwalter nach eingetretener Masseunzulänglichkeit aus dem Verkauf von Massegegenständen vor Befriedigung der Verfahrenskosten die Umsatzsteuer begleicht,vgl. BGH, 14.10.2010 - IX ZB 224/08
  • eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann, § 61 InsO
  • wenn sich Insolvenzverwalter nicht vergewissert, ob er bei normalem Geschäftsablauf zur Erfüllung der von ihm begründeten Forderungen mit Mitteln der Masse in der Lage sein wird. Dabei ist der primäre Erfüllungsanspruch von Bedeutung und nicht etwaige Sekundaransprüche, BGH Urteil vom 25.09.2008 - IX ZR 235/07
  • Vergabe von masseschädlichen Krediten, BGH Urteil vom  08.05.2007 - IX ZR 54/07
  • Ist eine im Einziehungsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschrift unter Verwendung des unpfändbaren Schuldnervermögens eingelöst worden, darf der Verwalter/ Treuhänder in der Insolvenz des Schuldners - unabhängig davon, ob jenem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übertragen worden ist - nicht die Genehmigung versagen, vgl.
    BGH vom 20.07.2010 - IX ZR 37/09
  • der Insolvenzverwalter notwendige Ausgaben, die er bei ordnungsgemäßer Ausübung des Verwalteramtes hätte tätigen müssen, unterlassen, um zu verhindern, dass sie den Überschuss aus seiner Unternehmensführung - und damit seiner Vergütung - mindern, kann dies eine Pflichtverletzung zum Schaden der Insolvenzbeteiligten darstellen, vgl BGH, Beschl. v. 22.7.2007 ZInsO 2007 S. 436 ff.
Eine Schadensersatzpflicht besteht nicht:

  • wenn vor der Erhebung einer Klage oder während des Verfahrens der Insolvenzverwalter nicht die Interessen des Prozeßgegners an einer Erstattung seiner Kosten berücksichtigt, BGH Urteil vom 02.12.2004 - IX ZR 142/03
  • wenn vom Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einzelkaufmännisch tätigen Schuldners die unmittelbar für die selbständige Erwerbstätigkeit des Schuldners benötigten Betriebsmittel "freigegeben" und neue Ansprüche von Arbeitnehmern auf Arbeitsvergütung danach vom Schuldner nicht bezahlt werden. Diese hat allein der Schuldner zu erfüllen, vgl. BAG, 10.04.2008 - 6 AZR 368/07
III. Entlastung des Insolvenzverwalters

Der Verwalter kann sich in dem Fall, dass er Masseverbindlichkeiten begründet, diese aber nicht erfüllen kann auf zweierlei Weise entlasten:

1. Er muss entweder beweisen, daß objektiv von einer zur Erfüllung der Verbindlichkeit voraussichtlich ausreichenden Masse auszugehen war, oder

2 daß für ihn nicht erkennbar war, daß dies nicht zutraf 

Der Verwalter kann den Beweis im allgemeinen nur führen, wenn er eine plausible Liquiditätsrechnung erstellt und diese bis zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit ständig überprüft und aktualisiert (vgl. Lüke, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof aaO S. 711; MünchKomm-InsO/Brandes, §§ 60, 61 Rn. 37; Laws, MDR 2003, 787, 791).


IV. Höhe des Schadensersatzes:


Verletzt der Insolvenzverwalter schuldhaft insolvenzspezifische Pflichten, haftet er auf den Ersatz des negativen Interesses, BGH, 25.01.2007 - IX ZR 216/05.

Der Insolvenzverwalter haftet nicht auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung und damit auf das positive Interesse. Insbesondere systematische und historische Gesichtspunkte sprechen dafür, die Haftung nach §  61 InsO auf das negative Interesse zu beschränken.


V. Wer macht den Anspruch wie geltend?

1. Sonderinsolvenzverwalter

Die Gläubigerversammlung muss den Einsatz eines Sonderverwalters beschliessen. Ein einzelner Gläubigber kann dies nicht.

Lehnt das Insolvenzgericht den Antrag eines einzelnen Insolvenzgläubigers auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ab, ist der Insolvenzgläubiger auch dann nicht beschwerdeberechtigt, wenn er die Prüfung und Durchsetzung eines auf Ersatz eines Gesamtschadens gerichteten Anspruchs erreichen will.

Begründung des BGH:

Für die ebenfalls auf die Durchsetzung eines auf Ersatz eines Gesamtschadens gerichteten Anspruchs zielende Maßnahme der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters kann in Bezug auf die Einflussmöglichkeiten des einzelnen Insolvenzgläubigers, nichts anderes gelten als für die Abwahl oder die Abberufung eines Insolvenzverwalters. Geht es um die eigene Befriedigung des Gläubigers, mutet das Gesetz ihm zu, die Aufhebung des Insolvenzverfahrens abzuwarten, wenn es ihm nicht gelingt, eine Mehrheit in der Gläubigerversammlung zu erreichen. Die von der Gläubigerin im vorliegenden Verfahren in den Vordergrund gestellte Aufsicht über einen Insolvenzverwalter, der seine aus der Insolvenzordnung folgenden Pflichten verletzt, obliegt dem Insolvenzgericht (§ 58 InsO), dessen Eingreifen der einzelne Insolvenzgläubiger nicht erzwingen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - IX ZB 136/05; BGH v. 21. September 2006 - IX ZB 128/05; BGH v. 25. September 2008 - IX ZA 23/08). Die Insolvenzgläubiger können nur als Gesamtheit, also über die Gläubigerversammlung oder den Gläubigerausschuss, Einfluss auf die Amtsführung des Verwalters nehmen und insbesondere dessen Entlassung beantragen (§ 59 InsO). Beide Grundentscheidungen des Gesetzgebers haben die Gerichte hinzunehmen (Art. 20 Abs. 3 GG).
Vgl. BGH, Beschluss vom 5. 2. 2009 - IX ZB 187/08; LG München I

2.
Nach Beendigung des Verfahrens

Der Gemeinschaftsschaden kann nach Beendigung des Konkursverfahrens nur im Rahmen einer Nachtragsverteilung,  § 203 Abs.1 Nr.3 InsO verfolgt werden, BGH, Beschluss vom 14. 5. 2009 - IX ZR 93/08 (OLG Hamm)

3. Schadensersatz nach Abschluss des Verfahrens durch den einzelnen Gläubiger

Kommt es nach Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht zu einer Nachtragsverteilung, was nach § 203 Abs.3 InsO möglich ist, so kann jeder Insolvenzgläubiger seinen Quotenschaden (Ausfallschaden) wegen schuldhafter Verkürzung der Insolvenzmasse nach § 60 InsO selbst gegen den Insolvenzverwalter geltend machen, BGH NJW 1973,1198.

4. Schadensersatz nach Abschluss des Verfahrens durch den Schuldner?

Nach Beendigung des Konkursverfahrens ist der Gemeinschuldner nicht berechtigt, einen Gemeinschaftsschaden gegen den Konkursverwalter zu verfolgen, sofern der Schadensbetrag für die Befriedigung der Konkursgläubiger benötigt wird, BGH, Beschluss vom 14. 5. 2009 - IX ZR 93/08 (OLG Hamm). Der Ersatzanspruch ist Bestandteil der Masse (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 82 Rdnr. 5) und setzt sich auch nach Verfahrensbeendigung fort, weil der Ersatzanspruch auf einer von dem Konkursverwalter während des Verfahrens begangenen Pflichtverletzung beruht (Laukemann, ZInsO 2006).
Dies schließt es aus, dass der Gemeinschuldner den Ersatzanspruch nach Verfahrensbeendigung gerichtlich beitreibt und damit frei verfügbares Vermögen in die Hand bekommt.

5. Einzelschaden auch während des Insolvenzverfahrens

Schädigt der Insolvenzverwalter einen Massegläubiger, liegt regelmäßig ein Einzelschaden vor, der schon während des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 27. Februar 1973 aaO; v. 25. März 1975 aaO; v. 10. Mai 1977 aaO; Smid aaO S. 477 Rn. 70; MünchKomm-InsO/
Brandes, §§ 60, 61 Rn. 118).

VI. Verjährung

Da Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter nur durch einen Sonderverwalter oder einen neu bestellten Verwalter verfolgt werden können, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist für solche Ansprüche erst zu laufen, wenn dieser Verwalter von den maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt hat (BGH 113, 262, 280; 159, 25, 28f; BGHRp 2008, 994, 995; ERMAN/ J. Schmidt-Räntsch 2011 Rdnr. 604).

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht
 
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