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27.12.2019 Verjährung: Regelverjährungsfrist Sonderregelungen Hemmung Neulauf
Information

Es gibt zahlreiche Regeln der Verjährung. Gläubiger müssen darauf achten, dass sie ihre Ansprüche rechtzeitig geltend machen. Wenn die Verjährung droht, muss sie unterbrochen werden.

Die Verjährung hat eine große Bedeutung- unabhängig von welcher Seite (Gläubiger oder Schuldner) man es betrachtet. Manche Schuldner hoffen auf die Verjährung der gegen sie gerichteten Ansprüche, sie beachten aber nicht die Sonderregelungen. Manche Gläubiger verfolgen ihre Ansprüche nicht nachhaltig. Eine erfolgreiche Durchsetzung der Ansprüche setzt Nachhaltigkeit und Fachwissen voraus. 

Nachfolgend einige (unverbindliche) Informationen zur Verjährung. Im Einzelfall ist die Prüfung durch einen Rechtsanwalt erforderlich.

I. Fristen

1. Regelverjährungsfrist: 3 Jahre

Die Regelverjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB). 
Sie beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Sie gilt für alle ab dem 01.01.2002 entstandenen Ansprüche, sofern keine Sonderverjährungsregeln anzuwenden sind. Sonderverjährungsfristen finden sich in speziellen, den jeweiligen Anspruch regelnden Vorschriften, z.B. HGB, AG.

2. Sonderregelungen: 

In zahlreichen Fällen regelt das Gesetz Besonderheiten der Verjährung. 
Ferner gibt es zahlreiche Fälle, in denen die 30-jährige Verjährung gilt, gemäß § 197, § 199 Abs. 2 BGB, allerdings mit unterschiedlichem Beginn:

a) Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen, verjähren in 30 Jahren.

Fristbeginn mit der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder einem sonstigen schadensauslösenden Ereignis 

b) Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten:

Fristbeginn mit Entstehung verjähren in 30 Jahren.

c) rechtskräftig festgestellte Ansprüche verjähren in 30 Jahren.

Fristbeginn mit der Rechtskraft der Entscheidung

d) Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden verjähren in 30 Jahren.

Fristbeginn mit vollstreckbaren Titel

e) Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, verjähren in 30 Jahren.

Fristbeginn mit Feststellung

f) Ansprüch auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung verjähren in 30 Jahren. 

Fristbeginn mit Rechtskraft der zu vollstreckenden Entscheidung

g) Kaufverträge

Sonderregeln gelten für die Verjährung bei Vorliegen einer mangelhaften Kaufsache (§ 438 BGB):

aa) grundsätzlich 2 Jahre. Fristbeginn mit Gefahrübergang (i.d.R. Übergabe der Sache).

bb) bei arglistig verschwiegenen Mängeln gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren. Fristbeginn ist der Schluss des Jahres ab Kenntnis des Anspruchs und des Schuldners (§§ 195, 199 BGB).

cc) 5 Jahre bei einem Bauwerk und bei einer Sache (Baustoffe), die die Mangelhaftigkeit eines Bauwerkes hervorgerufen haben

dd) 30 Jahre wenn die Kaufsache aufgrund eines dinglichen Rechts (z.B. Eigentum) eines Dritten von diesem herausverlangt werden kann

h) Sonderverjährungsregeln gelten für Werkmängel (§ 634 a BGB):

aa) grundsätzlich 2 Jahre ab Abnahme des Werkes.

bb) bei arglistig verschwiegenen Mängeln gilt die Frist von 3 Jahren. Fristbeginn ist der Schluss des Jahres nach Kenntnis des Anspruchs und des Schuldners.

cc) ebenfalls 3 Jahre bei unkörperlichen Arbeitsergebnissen (z.B. Baupläne, Gutachten) Fristbeginn mit Schluss des Jahres nach Kenntnis von Anspruch und Schuldner .

dd) 5 Jahre bei Bauwerken ab Abnahme des Bauwerks, wenn durch die Mangelhaftigkeit des Baumaterials die Mangelhaftigkeit des Bauwerks hervorgerufen wurde und die Sachen für ein Bauwerk verwendet wurden (z.B. Baumaterial).

Ist die Sache mit dem Gebäude nicht fest verbunden, gilt die zweijährige Verjährungsfrist, ebenso, wenn der Mangel im Einbau liegt und nicht in der Mangelhaftigkeit des Materials.

i) Ansprüche aus Mietverträgen verjähren grundsätzlich in 3 Jahren.

Im Mietvertragsrecht gilt eine 6-monatige Verjährung für folgende Ansprüche (§ 548 BGB):

  •  Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache
  •  Anspruch des Vermieters auf Vornahme von Schönheitsreparaturen bzw. auf Zahlung einer Quote der Schönheitsreparaturkosten bei einer Quotenhaftungsklausel
  •  Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen

Verjährungsbeginn ist der Zeitpunkt in dem der Vermieter die Sache zurückerhält. Mit der Verjährung des Rückgabeanspruchs verjähren auch seine Ersatzansprüche.

j) Handelsvertreterverträge

Für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, die nach dem 14.12.2004 entstanden oder fällig geworden sind, gilt die allgemeine 3-jährige Verjährung nach § 195 BGB. 

Hilfsansprüche (§ 87 c HGB) wie der Anspruch auf Abrechnung, Buchauszug etc. verjähren entsprechend ihrem Zweck grundsätzlich selbstständig z.B. werden Ansprüche auf Abrechnung mit der Verjährung der Provisionsansprüche gegenstandslos. Dies gilt auch für Auskunftsansprüche über verjährte Provisionsansprüche.

k)  Kapitalmarkt

Schadenersatzansprüche aus Beratungshaftung verjähren wie folgt:

  • § 37a WpHG: 3 Jahre ab Abschluss des Kaufauftrages; gilt nur für Wertpapiere;  taggenaue Verjährung
  • §§ 195, 199 BGB: 3 Jahre ab Kenntnis oder fahrläsiger Unkenntnis der zum Schadenersatz führenden Umstände(Rundschreiben, Presseberichte ua); beginnt zum Ende des jeweiligen Jahres
  • § 199 Abs. 3 Nr. 1: 10 Jahre ab Entstehung (Kaufauftrag bzw Zeichnung); taggenaue Verjährung

In Kapitalanlagesachen ist nach der Rechtsprechung für den Beginn der Verjährung zumindest nicht allein die Übergabe des Prospekts entscheidend. Vor allem, wenn der Anleger ihn gar nicht gelesen hat (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010,  III ZR 249/09; BGH, Urteil vom 22. September 2011,  III ZR 186/10.

l) Dieselskandel

Ein großes Problem für Dieselfahrzeugkäufer mit Abschaltsoftware ist die drohende Verjährung der Ansprüche. VW ist der Auffassung, dass die Ansprüche der Betroffenen, die ein Fahrzeug (darunter die Marken VW, Audi, Seat und Skoda) mit dem Motor des Typs EA189 gekauft haben, zum 31.12.2019 verjährt sind.

Der Grund ist - wie oben ausgeführt: Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist.

Nach Auffassung von VW entstand der Anspruch in dem Moment, als Betroffene entweder von VW selbst oder vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) darüber in Kenntnis gesetzt wurden, dass in ihrem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde. Diese Information erfolgte im Jahr 2016.

Das Landgericht Kaiserslautern hatte unter Aktenzeichen 3 O 569/18 mit Urteil vom 24.05.2019 entschieden, dass Schadensersatzansprüche bis zum 31.12.2019 gerichtlich geltend gemacht werden können. Nach anderen Auffassung - z.B. das Landgericht Trier im Urteil vom 19.09.2019, 5 0 417/18 - hat die  Verjährungsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen. 

Grund:

 VW habe vorsätzlich und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen den Betroffenen einen Schaden zugefügt. Damit habe VW den Straftatbestand des Betruges erfüllt. Die dreijährige Verjährungsfrist der Schadensersatzansprüche beginne erst dann zu laufen, wenn eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorliege. Die Frage der Verjährung ist daher  höchst umstritten und soll und kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Die Beratung und die richtige Begleitung durch Ihren Anwalt ist hier erforderlich.

II. Hemmung der Verjährung

Hemmung der Verjährung bedeutet, dass mit Eintritt eines Hemmungsgrundes die Verjährung zum Stillstand kommt und nach Wegfall des Grundes weiterläuft.

Der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Dies hat insbesondere Auswirkungen beim Mahnverfahren, da es häufig erst kurz vor Ablauf der verjährungsfrist eingeleitet wird. Es besteht die Gefahr, dass durch ein kurzes Fortlaufen der Frist nach Zustellung des Mahnbescheides die Verjährung eintritt. 

Die Hemmung endet gemäß § 204 Abs. 2 Satz.2 BGB sechs Monate nach der letzten Verfahrenshandlung. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Verjährung weiter. Erst wenn das Verfahren erneut betrieben wird, setzt die Hemmung erneut ein. Möglicherweise ist dies dann jedoch zu spät, da die Verjährung bereits eingetreten ist. Das Mahnverfahren sollte daher stets in Gang gehalten werden und nicht länger als sechs Monate ruhen. Ein Mahnverfahren bietet die Möglichkeit einen Mahnbescheid zu erwirken oder aber ein streitiges Verfahren einzuleiten.

Die Verjährung ist gehemmt bei:

  • einem vereinbartem Leistungsverweigerungsrecht
  • dem Schweben der Verhandlungen bis zur Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen (die Verjährung tritt hier frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung ein)
  • höherer Gewalt (zu der auch der Stillstand der Rechtspflege zählt)
  • Rechtsverfolgungsmaßnahmen z.B. Klageerhebung, Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren, Güteantrag, sonstige Gütestellenverfahren, Antrag auf Prozesskostenhilfe, Aufrechnung, Streitverkündung, Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbstständigen beweisverfahrens, Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren etc. (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1-14 BGB)
  • Eine Ausnahme hiervon bilden die Vollstreckungsmaßnahmen, die den Neubeginn der Verjährung auslösen. Die Hemmung endet sechs Monate nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung des eingeleiteten Verfahrens. Bei Nichtbetreiben des Verfahrens gilt die letzte Verfahrenshandlung als entscheidendes Datum für die sechsmonatige Frist. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt. 

III. Neubeginn der Verjährungsfrist

Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB) heißt, dass nach dem Ereignis, welches zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führte, die volle Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.

Unterbrechende Ereignisse sind:

  • Anerkennung des Anspruchs durch den Schuldner gegenüber dem Gläubiger durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise
  • eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung, die vorgenommen oder beantragt wird. 
  • Achtung: Wird die Vollstreckungshandlung aufgehoben oder dem Antrag auf Vollstreckung nicht stattgegeben oder vorher zurückgenommen, so gilt der erneute Beginn der Verjährung als nicht eingetreten.

 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
 
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