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04.12.2021 Laden- und Gewerbemiete wegen Corona reduzieren: Rechtsgrundlage/ Entscheidung des OLG und BGH / Checkliste unter Punkt 5
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Die Gewerbemiete ist in Zeiten von Corona und von Lockdowns ein erheblicher Kosten- und Konfliktfaktor.  Eine Frage in diesem Zusammenhang lautet
Wer muss dafür aufkommen, dass durch behördliche Entscheidungen Geschäfte stillstehen oder stark eingeschränkt sind? 

Manche Vermieter, die ihre Immobilie finanzieren müssen, stehen vor dem Problem, Zinsen und Tilgung leisten zu müssen, der Mieter steht vor dem Problem, dass er keine Umsätze macht und daher die laufenden Kosten aus den Einnahmen meist nicht decken kann.

Beide Parteien haben keine Schuld für die aktuelle Krise.
Was macht man mit dem Schaden?

Unter Verweis auf coronabedingte Geschäftsschließungen haben zum C&A und Adidas die Mietzahlungen vollständig ausgesetzt.  Der Sportkonzern erlitt dadurch allerdings einen hohen Imageschaden, weil ihm vorgeworfen wurde, seine Marktmacht ausnutzen zu wollen (Beispiel einer Kritik:  "Adidas erzielte 2019 2 Mrd Euro Gewinn. Der Vorstand verdiente über 22 Mio Euro. Da kann man erwarten, dass Gesetze nicht absichtlich falsch verstanden werden").
Die meisten Laden- und Gewerbemieter hatten in der Vergangenheit allerdings keine hohe Gewinne- die Fälle kann man nicht vergleichen.

Viele Ladenmieter kämpfen um ihrer Existenz.

1. Gesetzliche Regelungshilfen 
Der Gesetzgeber hat daher Ende 2020 für Gewerbemieter eine Erleichterung beschlossen. Am 18. Dezember 2020 ist das Gesetz zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht beschlossen worden.
Das Gesetz beinhaltet Regelungen zugunsten derjenigen, die für ihren Betrieb Grundstücke oder Geschäftsräume gemietet oder gepachtet haben und die diese aufgrund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen können. 

Die vom Bundestag beschlossene Regelung zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) lautet:
"Artikel 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen".
Es wird klargestellt, dass die Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der besonderen Situation der COVID-19-Pandemie grundsätzlich anwendbar sind. Diese Regelung soll die Verhandlungsposition insbesondere der Gewerbemieterinnen und -mieter stärken und appelliert damit zugleich an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien. 

§ 313 BGB lautet: "Haben sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann."

Man muss daher prüfen: Hätten die Parteien den Miet/Pachvertrag zu anderen Bedingungen abgeschlossen, wenn sie von einer Corona-Pandemie gewusst hätten? 

2. Beschleunigung der Gerichtsverfahren
Zum anderen wurde für Fälle, in denen eine gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, eine begleitende verfahrensrechtliche Regelung zur Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren getroffen, damit schneller Rechtssicherheit erreicht werden kann. 

3. Pachtverhältnisse
Die Regelungen gelten entsprechend für Pachtverhältnisse.

4. Einzelfallprüfungen erforderlich
Rechtsfolge der Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB ist die Interessenabwägung im Einzelfall, denn die Partei des Miet/Pachtvertrags muss darlegen können, dass das Festhalten an dem unveränderten Vertrag für sie unzumutbar ist. 
Ob Mietzahlungen coronabedingt gestoppt oder reduziert werden können, muss in jedem Einzelfall geprüft werden: Gab es tatsächlich erhebliche Umsatzausfälle oder wurden diese z.B. durch das Onlinegeschäft kompensiert? 
Gab es für einen Umsatzausfall Ausgleichszahlungen des Staates? 
Wer vom Staat X Prozent Ausgleich erhielt oder erhält, kann die Miete/ Pacht nicht auf 0 Euro reduzieren.  

5. Checkliste
Maßgebliche Punkte der Unzumutbarkeit müssen dargestellt und wenn möglich belegt werden: 

  • Wie ist die konkrete wirtschaftliche Situation?
  • Wie kann das Ladengeschäft genutzt werden?
  • Wie hoch sind die tatsächlichen Umsatzeinbußen?
  • Gibt es Möglichkeiten den Umsatzausfall durch onlinegeschäfte ua.- auszugleichen?
  • Wie hoch sind erhaltene staatlichen Hilfen und wann kommen diese?
  • Welche Kosten können/konnten gespart werden z.B. Kurzarbeitergeld und wie wirkt sich das auf das Ergebnis aus?
  • Tritt bei Mietzahlung eine existenzielle Gefährdung oder schwerwiegende Beeinträchtigung ein?
  • Muss der Vermieter die Immobilie finanzieren?
  • Gerät der Vermieter bei einem Mietausfall in eine existenzielle Gefährdung
  • Nach Darstellung dieser Punkte(Zeitaufwand 30 Min)  kann man die Quote der Mietreduzierung bestimmen.

6. Entscheidung des OLG Dresden vom 24.2.2021
Das Oberlandesgericht halbierte in seiner Entscheidung  die Ladenmiete von KiK auf Grund der Einschränkungen. Im Streit stand die Miete für eine Filiale in der Zeit vom 19.3. bis 19.4.2020, als sie auf Grund behördlicher Auflagen geschlossen werden musste. Aus Sicht des OLG gehe es nicht um das normale Risiko, sondern um weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie. 
Gegen das Urteil wurde Rechtsmittel eingelegt. Der Bundesgerichtshof musste den Fall entscheiden.

7. Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der BGH hat in seiner mündlichen Verhandlung im Dezember 2021 angedeutet, dass er das Urteil des OLG Dresden aufheben wird. Er hat darauf hingewiesen, dass ihm eine 50./.50 Lösung zu pauschal sei. Der BGH ist der Meinung, dass berücksichtigt werden muss, ob der betroffene Geschäftsinhaber staatliche Hilfen oder Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung bekommen hat.  Dies setze eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls voraus. 

Der Anwalt des Vermieters berief sich hauptsächlich darauf, dass bei einem Mietverhältnis, das wie im vorliegenden Fall auf 10 Jahre abgeschlossen wurde, eine Schließung von 1 Monate nur 1 Prozent der vereinbarten Mietzeit ist. Weshalb das Weiterzahlen der Miete in dieser kurzen Zeit unzumutbar sein soll, leuchtet ihm nicht ein. 

8.  Verhandeln/Sanierungsmoderation
Die Gerichte wussten also lange nicht, wie man mit dieser Situation umgeht.
Wer geschickt war/ist, verhandelt/e außergerichtlich und verständigt sich.
Besser verhandeln, als vor Gericht streiten.
Mietnachlässe und/oder Stundungen sichern das Überleben vieler Gaststätten, Händler, Studios, Salons ua.. Sie sichern allerdings auch für die Vermieter künftige Einnahmen.

Was bringt es, wenn Tausende von Mietern die Räume wegen Geschäftsaufgabe verlassen müssen, die neuen möglichen Mieter sind nicht besser oder mit mehr Eigenkapital ausgestattet. Und wie sehen unsere Städte aus, wenn es ein Ladensterben gibt?

Eine Verhandlung und Klärung hat Nutzen für beide Seiten.

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (uni DIU)
Sanierungsmoderator  

Kulzer@pkl.com
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0351 8110233  

 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt
 
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