insoinfo insoinfo
insoinfo
  |  Impressum  |  Kontakt  |  Fehlerinfo  |  zurück  |  
Home
Aktuelles/Beiträge
Angebote
Insolvenz- & Sanierungsrecht
Insolvenzrecht A-Z
Insolvenzplan als Chance
Immobilien
Formulare & Ausfüllhilfe
Standorte
Links
Webakte

Aktuelles
11.10.2022 Vormerkungsschutz und Anfechtung nach AnfG: BGH v. 25. 03. 2021 IX ZR 70/20: Anfechtung bei unentgeltlicher Leistung
Information

1. Refom des Anfechtungsrechts

Die Vorschrift des § 3 AnfG ist ebenso wie diejenige des § 133 InsO durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 654) mit Wirkung zum 5. April 2017 neu gefasst worden. Absatz 1 ist auch hinsichtlich der zehnjährigen Anfechtungsfrist unverändert geblieben.

Die Absätze 2 und 3 wurden neu eingefügt. Nach § 3 Abs. 2 AnfG beträgt die Anfechtungsfrist bei Sicherungen und Befriedigungen abweichend von § 3 Abs. 1 AnfG nur noch vier Jahre. Bei der Regelung des Absatz 2 handelt es sich um eine lex specialis zu Absatz 1, so dass Deckungs-handlungen außerhalb des Vierjahreszeitraumes des Absatzes 2 nicht gemäß § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbar sind (vgl. BT-Drucks. 18/7054, S. 13; zu § 133 InsO: Braun/de Bra, InsO, 8. Aufl.,
§ 133 Rn. 32).

2. Ziel der Reform 

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Verkürzung der Anfechtungsfrist das
von ihm vorrangig zu § 133 Abs. 2 InsO erörterte und ausdrücklich auf § 3 Abs. 2
AnfG übertragene Ziel, die Vorsatzanfechtung von Deckungshandlungen "maßvoll
zurückzunehmen" (BT-Drucks. 18/7054, S. 13, 21) und hierdurch die Praxis
der Vorsatzanfechtung für den Geschäftsverkehr kalkulier- und planbarer zu machen
(BT-Drucks. 18/7054, S. 2, 21).
Damit solle einer Entwicklung entgegengesteuert werden, in der vermehrt auch Erfüllungsleistungen der Anfechtung unterworfen seien, die von ihrer äußeren Erscheinungsform nicht ohne weiteres den
Verdacht begründeten, anderen Gläubigern werde in ungebührlicher Weise die
Haftungsgrundlage entzogen (BT-Drucks. 18/7054, S. 10, 21).
§ 3 Abs. 2 AnfG soll sowohl für kongruente als auch für inkongruente Deckungshandlungen gelten
(BT-Drucks. 18/7054, S. 13, 21). Hingegen will der Gesetzgeber "die paradigmatischen
Fälle der Vorsatzanfechtung wie z.B. Bankrotthandlungen und Vermögensverschiebungen"
unverändert der langen Frist des § 3 Abs. 1 AnfG unterwerfen
(BT-Drucks. 18/7054, S. 13, 21).

3. Sicherung verkürzt Anfechtbarkeit

Die Bewilligung einer Vormerkung stellt die Gewährung einer Sicherung im Sinne von § 3 Abs. 2 AnfG dar. Eine Sicherung ist eine Rechtsposition, die geeignet ist, die Durchsetzung des Anspruchs, für den sie eingeräumt ist und der fortbesteht, zu erleichtern. Unter diesen weit zu verstehenden Begriff fallen sämtliche Arten von Sicherheiten, gleichgültig, ob gesetzlich
oder vertraglich begründet (zu § 130 InsO: MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg,
4. Aufl., § 130 Rn. 8; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013,
§ 130 Rn. 21; Uhlenbruck/Borries/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 130 Rn. 9).
Darunter fällt auch die Gewährung einer Vormerkung nach §§ 883 ff BGB.
Entscheidend sind Wirkung und Zweck der Vormerkung, die darauf abzielt, dem Gläubiger für
seinen bloß schuldrechtlichen Anspruch eine Rechtsposition zu verschaffen, die
seinen späteren Rechtserwerb vor Beeinträchtigungen schützt (vgl. Schoppmeyer
in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 130 Rn. 23 mwN).

Im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers, die paradigmatischen
Fälle der Vorsatzanfechtung unverändert der zehnjährigen Anfechtungsfrist zu
unterwerfen (vgl. BT-Drucks.18/7054, S. 13) muss bei der Anfechtung einer Sicherung
in den Blick genommen werden, ob der Rechtsgrund der gewährten Sicherung
seinerseits in einer die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung erfüllenden
Weise begründet worden ist. Daher ist der Anwendungsbereich des § 3
Abs. 1 AnfG hinsichtlich der gewährten Deckung auch jenseits des Vierjahreszeitraumes
jedenfalls dann eröffnet, wenn das der angefochtenen Leistung zugrundeliegende
Grundgeschäft die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung
nach § 3 Abs. 1 AnfG erfüllt.

4. Werterschöpfende Belastung?

Die Frage einer wertausschöpfenden Belastung des Grundbesitzes muss gekärt werden, weil hiervon abhängt, ob durch die Eigentumsübertrang eine objektive Gläubigerbenach-teiligung eingetreten ist (vgl. § 1 Abs. 1 AnfG). Ebenso kommt es darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang in der Eigentumsübertragung eine unentgeltliche Leistung des Schuldners liegen kann. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kann die Unentgeltlichkeit ebenso wie ein etwaiges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung indizielle Bedeutung bei der Feststellung der subjektiven Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AnfG haben, wenn es sich wie hier um einen Vertrag zwischen nahestehenden Personen handelt. 

Insoweit muss sich gegebenenfalls ein Gericht mit dem Gutachten eines Sachverständigen oder einem Privatgutachten auseinandersetzen und sie einer kritischen Würdigung unterziehen

Ein Gericht müsste gegebenenfalls auch prüfen, ob ein beiderseitiger Irrtum über die Werthaltigkeit der im Kaufvertrag vereinbarten Gegenleistung vorgelegen haben kann. 

insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer, MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht
 
zurück
 

 © Copyright Rechtsanwalt Hermann Kulzer Glashütter Straße 101a, 01277 Dresden, Telefon: 0351 - 8 11 02 11