MeineMandantinGmbH ./. Medienfalle Muster AG hier: Ihre Rechnung vom 15.10.2025, Zahlungserinnerung vom 03.11.2025
Medienfalle Muster AG z. Hd. der Geschäftsführung [Adresse]
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Ort, Datum
In der Angelegenheit MeineMandantinGmbH ./. Medienfalle Muster AG
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter anwaltlicher Vollmacht vertrete ich die
MeineMandantinGmbH, vertreten durch die Geschäftsführer:innen.
Bezugnehmend auf Ihre Rechnung vom 15.10.2025 über 5.950,00 € sowie die hierzu ergangene Zahlungserinnerung vom 03.11.2025 teile ich Folgendes mit:
1. Kein wirksamer Vertragsschluss über 5.950,00 €
Nach dem Vortrag meiner Mandantin kam es zu einem telefonischen Werbeanruf eines Mitarbeiters Ihres Hauses, in dem Leistungen im Bereich Online-Werbung und Suchmaschinenoptimierung (SEO) angeboten wurden. Im Gespräch war von einem Entgelt im Bereich von 83,00 € für zwei Monate die Rede.
Ein Vertrag über ein Vergütungspaket in Höhe von 5.950,00 € ist so nicht erläutert oder vereinbart worden. Die von Ihnen in Rechnung gestellten Positionen („telefonische Annahme zur konzeptionellen Gestaltung“, „Nacharbeitung Definition Ihrer Wünsche und Ziele“, „erweiterte Programmierung des Firmeneintrages“, „OnSite-/Onpage-Optimierung“ usw.) wurden in dieser Form und zu diesem Preis nicht klar und transparent zum Gegenstand des Telefonats gemacht.
Meine Mandantin hat einem Vertrag zu den von Ihnen abgerechneten Konditionen nicht zugestimmt. Es fehlt an übereinstimmenden Willenserklärungen zu einem Vertrag über 5.950,00 €.
Soweit Sie sich auf einen Telefonmitschnitt berufen, gilt:
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Die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen eines Vertrages mit dem behaupteten Inhalt und zu dem geltend gemachten Preis liegt bei Ihnen.
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Ein etwaiger Mitschnitt müsste das gesamte Gespräch vollständig und ungeschnitten wiedergeben, einschließlich einer klaren und unmissverständlichen Preisnennung in Höhe von 5.950,00 € und der ausdrücklichen Zustimmung meiner Mandantin.
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Ein bloßes „Bestätigungsgespräch“ mit schematischen Ja/Nein-Abfragen ohne eindeutige Preis- und Leistungsdarstellung wäre dafür nicht ausreichend.
Ich halte daher ausdrücklich fest, dass meine Mandantin keinen Vertrag über die von Ihnen abgerechneten Leistungen und den Rechnungsbetrag von 5.950,00 € geschlossen hat.
2. Hilfsweise: Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung
Für den – rein hilfsweise unterstellten – Fall, dass ein Vertragsschluss angenommen werden sollte, wird dieser hiermit vorsorglich angefochten:
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Anfechtung wegen Inhalts-/Erklärungsirrtums (§ 119 BGB) Meine Mandantin unterlag einem Irrtum über Vertragsinhalt und Vergütung. Sie ging – entsprechend der telefonischen Darstellung – von einem überschaubaren Entgelt im Bereich von ca. 83,00 € für zwei Monate aus, nicht von einem umfangreichen Paket zu 5.950,00 €.
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Hilfsweise Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) Sollte man Ihrer Darstellung folgen, wäre ein etwaiger Vertragsschluss nur durch eine Überrumpelungssituation und unzureichende bzw. irreführende Information über den tatsächlichen Vertragsumfang und den Gesamtpreis zustande gekommen. Die erhebliche Diskrepanz zwischen der telefonischen Darstellung und der späteren Rechnung spricht für eine gezielte Verschleierung des wahren Vertragsinhalts.
Die Anfechtung erfolgt hiermit fristgerecht nach Kenntnis des tatsächlichen, von Ihnen behaupteten Vertragsinhalts, spätestens nach Erhalt Ihrer Rechnung.
3. Äußerst hilfsweise: außerordentliche Kündigung
Äußerst hilfsweise – für den Fall, dass gleichwohl von einem wirksamen Vertrag ausgegangen würde – kündigt meine Mandantin etwaige vertragliche Beziehungen mit Ihnen außerordentlich und fristlos.
Angesichts der Art und Weise des Zustandekommens sowie des eklatanten Ungleichgewichts von Preis und (behaupteter) Leistung ist meiner Mandantin die Fortsetzung eines solchen Vertragsverhältnisses unzumutbar.
4. Bestreiten der von Ihnen behaupteten Leistungen
Unabhängig von der Frage des Vertragsschlusses wird die von Ihnen behauptete Leistungserbringung ausdrücklich bestritten.
Meiner Mandantin liegt lediglich eine abstrakte Leistungsaufstellung vor. Konkrete, nachvollziehbare Arbeitsergebnisse (z.B. benannte und dokumentierte Programmierleistungen, nachweisbare Maßnahmen an einer konkret bezeichneten Internetpräsenz, messbare Verbesserungen in Suchmaschinenrankings o.Ä.) sind nicht erkennbar.
Ich fordere Sie daher auf, substantiiert darzulegen und nachzuweisen,
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an welcher konkreten Internetpräsenz,
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zu welchen Zeitpunkten und
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mit welchen konkreten Maßnahmen
Sie für meine Mandantin Leistungen erbracht haben wollen.
Bis zu einer solchen Darlegung bleibt es beim ausdrücklichen Bestreiten der Leistungserbringung. Unabhängig davon wäre die von Ihnen geltend gemachte Vergütungshöhe in Anbetracht der ersichtlichen Leistungen als grob unangemessen zu werten.
5. AGB-Klauseln zu Rücktritt/Widerruf/Widerspruch
Soweit Sie sich auf Allgemeine Geschäftsbedingungen berufen, in denen ein Rücktritts-, Widerspruchs- oder Widerrufsrecht ausgeschlossen wird, gilt:
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Die wirksame Einbeziehung Ihrer AGB in einen Vertrag mit meiner Mandantin wird bestritten. Meine Mandantin hat weder vor noch während des Telefonats Ihre AGB erhalten noch ihnen ausdrücklich zugestimmt.
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Selbst bei unterstellter Einbeziehung können AGB-Klauseln schon logisch keinen Bestand haben, wenn bereits kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist oder dieser wirksam angefochten wurde.
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Klauseln, die nach telefonischer Überrumpelung sämtliche Rücktritts-, Widerrufs- und Kündigungsmöglichkeiten ausschließen sollen, begegnen zudem erheblichen Kontrollbedenken nach AGB-Recht.
6. Unzulässige Telefonwerbung
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es sich nach dem Vortrag meiner Mandantin um einen unangekündigten Werbeanruf handelt. Eine vorherige ausdrückliche Einwilligung lag nicht vor.
Es spricht daher vieles für einen Verstoß gegen § 7 UWG (unzulässige Telefonwerbung). Diese unlautere Akquise unterstreicht den Überrumpelungscharakter des angeblichen Vertragsschlusses und stützt sowohl die oben erklärte Anfechtung als auch die Bewertung als sittenwidrig.
7. Hilfsweise: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit / wucherähnliches Geschäft (§ 138 Abs. 1 BGB)
Selbst wenn man – entgegen der Auffassung meiner Mandantin – zugunsten Ihres Hauses von einem Vertragsschluss ausgehen wollte, wäre der von Ihnen behauptete Vertrag jedenfalls gemäß § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidriges, wucherähnliches Geschäft nichtig.
a) Krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
Die geltend gemachte Vergütung von 5.950,00 € steht in einem auffälligen Missverhältnis zu der von Ihnen behaupteten Leistung:
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Es handelt sich um schematische, standardisierte Dienste im Bereich Online-Werbung und Suchmaschinenoptimierung,
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ohne erkennbaren individuellen Zuschnitt und ohne nachweisbaren wirtschaftlichen Mehrwert für meine Mandantin,
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konkrete, dokumentierte Ergebnisse legen Sie nicht vor; die Leistungserbringung wird bestritten.
Bereits dies erfüllt das objektive Merkmal eines evidenten Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung.
b) Ausnutzung von Überrumpelung und Informationsasymmetrie
Hinzu kommt, dass Sie eine Überrumpelungssituation und eine deutliche Informationsasymmetrie gezielt ausnutzen:
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Kontaktaufnahme über Cold Call ohne Vorankündigung,
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Verwendung von Fachterminologie, die der durchschnittliche Handwerks-/KMU-Betrieb nicht einordnen kann,
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Hervorhebung eines geringen Betrags (z.B. 83,00 €) im Gespräch, während tatsächlich ein hochpreisiges „Paket“ abgerechnet werden soll,
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fehlende transparente Gesamtpreisnennung im Telefonat.
Damit nutzen Sie die fachliche Unterlegenheit und Unerfahrenheit meiner Mandantin in diesem speziellen Bereich aus, um eine unangemessen hohe Vergütung durchzusetzen.
c) Gesamtwürdigung
Unter Berücksichtigung
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des extremen Missverhältnisses von Preis und Leistung,
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der unzulässigen telefonischen Kaltakquise,
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der bewussten Intransparenz des Vertragsinhalts und
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der Ausnutzung einer Überrumpelungs- und Unterlegenheitssituation
stellt sich das behauptete Vertragsverhältnis selbst bei unterstelltem Vertragsschluss als sittenwidriges, wucherähnliches Geschäft im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB dar und ist damit nichtig.
8. Fazit und Aufforderung
Zusammenfassend gilt:
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Ein wirksamer Vertrag über die von Ihnen abgerechneten Leistungen zu 5.950,00 € ist nicht zustande gekommen.
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Hilfsweise wurde ein etwaiger Vertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten.
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Äußerst hilfsweise wurde der Vertrag außerordentlich gekündigt.
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Die Leistungserbringung wird bestritten; die Vergütung ist jedenfalls unangemessen überhöht.
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Hilfsweise ist der behauptete Vertrag wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig.
Meine Mandantin wird daher keine Zahlungen auf Ihre Rechnung vom 15.10.2025 leisten.
Ich fordere Sie auf,
Weitere Zahlungsaufforderungen, Inkassomahnungen oder Drohungen mit SCHUFA-Einträgen o.Ä. weist meine Mandantin zurück und behält sich ausdrücklich alle zivilrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen und strafrechtlichen Schritte vor.
Bitte richten Sie zukünftige Korrespondenz ausschließlich an meine Kanzlei.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Hermann Kulzer MBA Fachanwalt
Telefon 0351 8110233 kulzer@pkl.com
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