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10.09.2004 |
Internationale Insolvenzen und deren Zuständigkeitsprobleme |
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1. Wo ist die Zuständigkeit von internationalen Insolvenzverfahren geregelt ?
In der am 31.5.2002 in Kraft getretenen EuInsVO.
2. Wo ist ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen, wenn dieser zwei Sitze in Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat ?
Da wo er den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, ist das Hauptinsolvenzverfahren zu eröffnen, Art 3 Abs. 1 S.1 InsO.
3. Wo ist der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen bei juristischen Personen ?
Wo sie ihren satzungsmäßigen Sitz haben ( Art.3 Abs.1 S.2 EuInsVO ), es sei denn das Gegenteil wird bewiesen.
4. Was ist der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen ?
Als Mittelpunkt soll der Ort gelten, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte feststellbar ist.
5. Wann ist ein Schuldner für Dritte feststellbar ?
Wenn ein Interessenmittelpunkt erkennbar und damit auch eine Kalkulierbarkeit des Kreditrisikos für Gläubiger gegeben ist.
6. Was ist zu verfahren, wenn kein einheitlicher Verwaltungssitz erkennbar ist ?
Es sollte dann auf diejenige Gläubigergruppe abgestellt werden, die im Hinblick auf das betroffenen Unternehmen die höchsten Forderung hat
7. Was passiert, wenn in einem Mitgliedstaat ein Insolvenzverfahren eröffnet wird ?
Wird ein Hauptinsolvenzverfahren in einem Mitgliedstaat eröffnet, so ist- wenn Niederlassungen in anderen Ländern vorhanden sind- die Entscheidung auch von den anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen, Art. 16 Abs. 1 EuInsVO. In den anderen Ländern können dann nur noch sogenannte Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet werden, Art. 3 Abs. 3, 16 Abs. 2 S.2 EuInsVO.
8. Welche Wirkung hat ein solches Sekundärinsolvenzverfahren ?
Die Wirkung beschränkt sich auf das in dem Mitgliedstaat belegene Vermögen, Art. 3 Abs. 2 EuInsVO. Das Hauptinsolvenzverfahren hat nach dem Prioritätsprinzip allerdings den Vorrang.
9. Wie und wann ist ein Hauptinsolvenzverfahren zu eröffnen ?
Ein Hauptinsolvenzverfahren ist eröffnet, wenn die Entscheidung im Eröffnungsstaat nach dessen Recht wirksam wurde, Art. 16 Abs. 1 EuInsVO. Das Insolvenzverfahren muß eindeutig als Hauptinsolvenzverfahren gekennzeichet werden, vgl. A.A. High Court Dublin in ZIP 2004, 1223 ff.
10. Wer kann einen Antrag auf Eröffnung eines Sekundärverfahrens stellen ?
Gläubiger des Schuldners und der ausländische Insolvenzverwalter des Hauptinsolvenzverfahrens ( vgl. Art. 29 EuInsVO, §§ 354 Abs. 1, 356 InsO ) nicht der Schuldner ( str.).
11. Welche Gerichtsentscheidungen zur Zuständigkeit bei internationalen Insolvenzen spielen eine Rolle ?
-High Court of Justice Leeds zu Daisytek in NZI 2004, 219 -Tribunale Civile di Parma in ZIP 2004,1220, 1223 -AG München wegen englischer LTD in NZI 2004, 450 -AG Köln wegen deutscher Gesellschaft in England in NJW- RR 2004, 1055 u.v.m. vgl. Eidenmüller in NJW 48/2004 S. 3455 ff.
Zum Nachweis der Rechtsfähigkeit vgl. LG Berlin, Beschl. v. 22.6.2004 - 102 T 48/04 in ZIP 50/2004 S. 2380 ff.
Auswirkungen internationaler Insolvenverfahren auf die Insolvenabwicklung, Partikularverfahren ueber das Inlandvermoegen, vgl. InsbuerO 2006 S. 100
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht |
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