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20.11.2014 |
Wann ist man ein faktischer Geschäftsführer und was sind die Folgen ? |
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Grundsätzlich ist Adressat der Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a I InsO der Geschäftsführer und zwar jeder Einzelne, unabhängig von einer internen Aufgabenverteilung der Geschäfts-leitung sowie der Ausgestaltung der Vertretungsmacht.
Jedoch kann auch ein nicht bestellter Geschäftsführer zivil- und strafrechtlich haften, wenn er die Aufgaben des Geschäftsfühers wahrnimmt - also wie ein Geschäftsführer auftritt und die Pflicht zur Insolvenzanmeldung verletzt. Wer wie ein Geschäftsführer auftritt, ist faktischer Geschäftsführer. Oft ist es der insolvente Ehemann, der auf Grund einer Strafe oder Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nicht mehr als Geschäftsführer auftreten kann und daher seine Frau oder Freundin als Geschäftsführer eintragen läßt, tatsächlich aber die Geschäfts alleine führt. Zum faktischen Geschäftsführer und seinen Pflichten einige Hinweise auf Urteile/Beschlüsse des Bundesgerichtshofs.
1. Wer ist Geschäftsführer? Geschäftsführer ist auch, wer ohne förmliche Bestellung die Stellung eines Geschäftsführers tatsächlich einnimmt, BGH. Beschluss vom 23.01.2013 - 1 Str 459/12
2. Wann liegt eine faktische Geschäftsführung vor? Der faktische Geschäftsführer muss auch Geschäftsführerfunktionen in maßgeblichen Umfang übernommen haben. Die Rechtsprechung fordert:
- ein Übergewicht (BGH, Urteil vom 19.Aproil 1984 - 1 StR 736/83
- überragende Stellung (BGH, Urteil vom 22.09. 1982 - 1 StR 736/83
- das deutliche Übergewicht (BGH Beschluss vom 13.12.2012 - 5 StR 407/12)
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 23.01.2013 - 1 StR 459/12 darauf hingewiesen, dass allein der Hinweis darauf, dass der Angeklagte im wesentlichen die Geschicke der Firma bestimmte, nicht genügt. Von den acht klassischen Merkmalen im Kernbereich der Geschäftsführung müssen mindestens 6 erfüllt sein:
- Bestimmung der Unternehmenspolitik
- Unternehmensorganisation
- Einstellen und Kündigen von Mitarbeitern
- Gestaltung der Geschäftsbeziehung zu Vertragspartnern
- Verhandlung mit Kreditgebern
- Gestaltungen der Gehaltshöhen
- Entscheidungen der Steuerangelegenheiten
- Steuerung der Buchhaltung
3. Pflichten des faktischen Geschäftsführers Der faktische Geschäftsführer einer GmbH ist nicht nur zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages verpflichtet, sondern hat auch die haftungsrechtlichen Folgen einer Versäumung dieser Pflicht zu tragen, vgl. BGH, Urt. v. 27.6.2005 - II ZR 113/03, NJW Spezial Heft 9 / 2005 S. 413 und BGH, Urt. v. 11.7.2005 - II ZR 235/03 = NZG H. 19/2005 und NZI 2006 Heft 1 S. 63 ff.
4. Gefahren für die Gesellschafter Seit dem MoMiG droht den Gesellschaftern u.U. zudem eine Mithaftung für Pflichtverletzungen des faktischen Geschäftsführers (§ 6 V GmbHG n.F.). Bei Führungslosigkeit trifft die Antragspflicht gemäß § 15a InsO auch jeden Gesellschafter.
Wenn sie Fragen zur faktischen Geschäftsführung (Geschäftsführerhaftung) oder eine Verteidigung (Insolvenzverschleppung) suchen oder Opfer einer Insolvenzverschleppung sind, stehe ich Ihnen mit Rat und Hilfe gerne zur Verfügung.
Kontakt: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Iinsolvenzrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Insolvenzstrafverteidiger Teil: 0351/8110233 Fax: 0351/8110244 kulzer@pkl.com
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Insolvenzstrafverteidiger |
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