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06.12.2011 Geschlossene Immobilienfonds: Schubkraft für den Zweitmarkt und Möglichkeiten der Anleger
Information

I. Immobilienfonds

1. Offene oder geschlossene Fonds

Der fundamentale Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Immobilienfonds besteht darin, dass offene Fonds täglich handelbar sind, während die Zeichner von geschlossenen Fonds ihre Anteile über Jahre hinweg entweder gar nicht oder allenfalls mit hohen Verlusten verkaufen konnten. Das hat sich fundamental verändert. 

2. Änderungen bezüglich der Verwertbarkeit des Fonds

  • Offene Immobilienfonds sind weit weniger fungibel, als es ihr Name suggeriert (mehrfach haben innerhalb weniger Jahre zahlreiche offene Fonds die Anteilsrücknahme ausgesetzt)
  • Mehrere Zweitmarktbörsen haben sich etabliert, an denen Anleger ihre Anteile handeln können
  • Initiatoren von Zweitmarktfonds sorgen für Fungibilität, indem sie Anteile von verkaufswilligen Anleger aufkaufen, um sie in ihre Beteiligungen einzubringen. Vor diesem Hindergrund habe sich die Umsätze am Zweitmarkt für geschlossene Fonds vervierfacht-auf annähernd eine Milliarde Euro.

    3. Zweitmarkt für Fonds wird durch Bundesgerichtshof gestärkt
    Der Zweitmarkt hat durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 7.Juli ( Aktenzeichen II ZR 154/07)an Schubkraft getroffen. Der BGH hat entschieden, dass Anleger ihre Anteile an geschlossene Fonds an institutionelle Interessenten verkaufen dürfen, auch wenn der Initiator das verboten hat. Die Richter haben zwei Urteile des Landgerichts und Oberlandesgerichts Bremen bestätigt. In der Praxis sah es bislang so aus, dass vornehmlich institutionelle Interessent wie Zweitmarktfonds der Kauf verweigert wurde. Denn von ihrer Seite musste die Initiator mit kritischen Fragen zur Arbeit der Fondsgeschäftsführer rechne, die von gewöhnlichen Anlegern kaum zu befürchten waren. Nach Ansicht der BGH-Richter ist ein Zweitmarktfonds kein Wettbewerber, weil er nicht im gleichen Handelszweig tätig sei. Der Beschluss des BGH wird die Handelsaktivitäten fördern und die Fungibilität von Fondsbeteiligungen verbessern. Private Anleger werden auch davon profitieren, dass institutionelle Käufer ihr Know-how in die Gesellschaft einbringen und somit beitragen können, die Renditen zu verbessern.

    II. Kreditfinanzierter Erwerb von Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds
    Anlegern geschlossener Immobilienfonds, die ihre Beteiligungen durch Darlehn finanziert haben, fällt nach Entscheidungen des Bundesgerichtshofs  im April 2006 schwerer, sich bei sogenannten Schrottimmobilien von ihren Kreditverpflichtungen zu lösen. Nach Einschätzung von Experten sind bis zu 100.000 Anleger betroffen. Zahlreiche Anleger machten geltend, dass sie mit großen Versprechungen gelockt worden seien. Bis April 2006 herrschte Rechtsunsicherheit, da der für Gesellschaftsrecht zuständige II. Senat des Bundesgerichtshofs eine andere Auffassung vertrat als der sich mit Bank-und Börsenrecht beschäftigende XI. Senat. 
    Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte im April 2006 über verschiedene Klagen zu entscheiden, in denen es um kreditfinanzierte Beteiligungen von Verbrauchern an geschlossenen Immobilienfonds ging. Die Fonds waren in der Rechtsform von Gesellschaften bürgerlichen Rechts gegründet worden. Geschäftsgegenstand war die Errichtung und Vermietung von Gebäuden. Die Anleger waren jeweils von Vermittlern geworben worden, sich zu Steuersparzwecken an den Fonds zu beteiligen.
    Um die steuermindernden Anfangsverluste in die Höhe zu treiben, hatten sie den Kauf der Anteile mit Kredit finanziert. Später reichten die Ausschüttungen aus den Mieteinnahmen der oft überteuerten Immobilien häufig nicht mehr aus, um die Darlehn zu bedienen. 

    In zwei Fällen erfolgten der Fondsbeitritt und die Aufnahme der Finanzierungskredite, die durch Grundschulden an Grundstücken des Fonds gesichert waren, durch Treuhänder, denen die Anleger umfassende notarielle Vollmachten erteilt hatten. Außerdem hatten sie die Treuhänder zusätzlich in einem von ihnen selbst unterzeichneten Zeichnungsschein beauftragt, den Beitritt zu dem Immobilienfonds zu bewirken und die erforderlichen Finanzierungskredite aufzunehmen. 

    Die Treuhänder verfügten nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz, soweit diese erforderlich war.

    In zwei Fällen wurden die Darlehensverträge durch die Anleger selbst abgeschlossen. Bei diesen Darlehen handelte es sich nicht um durch Grundschulden gesicherte Kredite. Nur in einem Fall erfolgte der Abschluss durch den Anleger in einer Haustürsituation.

    In den zur Entscheidung stehenden Fällen haben sich Rechtsfragen gestellt, die der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs aus seiner Zuständigkeit für das Darlehens- und Verbraucherkreditrecht und der II. Zivilsenat als der für das Gesellschaftsrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs in der Vergangenheit unterschiedlich gesehen haben. Beide Senate haben die dadurch hervorgerufenen Differenzen und Lösungsmöglichkeiten miteinander eingehend erörtert. Dabei hat sich erwiesen, dass die spezifisch gesellschaftsrechtlichen Fragen, die nach Meinung beider Senate in der Vergangenheit zu der Befassung des II. Zivilsenats mit Fällen der kreditfinanzierten Fondsbeteiligungen geführt haben, zwischenzeitlich geklärt worden sind (BGHZ 156, 46 ff.) und nunmehr –auch in den heute entschiedenen Fällen–die die Primärzuständigkeit des XI. Zivilsenats begründenden darlehens- und verbraucherkreditrechtlichen Probleme im Vordergrund stehen. Den hierzu von dem XI. Zivilsenat entwickelten Lösungen widerspricht der II. Zivilsenat vor allem im Hinblick auf die Ausführungen des XI. Zivilsenats in dem Rechtsstreit XI ZR 106/05, die die mögliche Haftung der Bank für bestimmte Fallkonstellationen betreffen, nicht.

    Dementsprechend wurden die aufgetretenen einschlägigen Fragen von dem XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wie folgt beantwortet:

    1. Der Erwerb eines Immobilienfondsanteils und das Darlehen, das zur Finanzierung dieses Erwerbes dient und nicht von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig ist, sind ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG, wenn zwischen beiden Verträgen eine wirtschaftliche Einheit besteht.

    Eine wirtschaftliche Einheit wird unwiderleglich vermutet, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (Bestätigung von BGHZ 156, 46 ff. (II. Zivilsenat) und Senatsurteil vom 23. September 2003  XI ZR 135/02, WM 2003, 2232 f.).

    Ist ein Darlehensnehmer durch falsche Angaben zum Erwerb einer Fondsbeteiligung bewogen worden, kann er bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG auch der die Fondsbeteiligung finanzierenden Bank seine Ansprüche gegen die Fondsgesellschaft entgegenhalten und gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG die Rückzahlung des Kredits verweigern, soweit ihm gegen die Fondsgesellschaft ein Abfindungsanspruch zusteht (Bestätigung von BGHZ 156, 46 ff. (II. Zivilsenat) und Senatsurteil vom 23. September 2003  XI ZR 135/02, WM 2003, 2232 f.).

    Darüber hinaus kann er den mit dem Anlagevertrag gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG verbundenen Darlehensvertrag nach § 123 BGB anfechten, wenn die Täuschung auch für dessen Abschluss kausal war. Den daneben bestehenden Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen den Vermittler kann der Darlehensnehmer ebenfalls gegen die kreditgebende Bank geltend machen, da der Vermittler bei einem verbundenen Geschäft nicht Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB ist.

    Dagegen kann er Ansprüche gegen Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber dem Rückzahlungsverlangen der Bank nicht gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegensetzen (Abweichung von BGHZ 159, 280 ff.; 159, 294 ff., II. Zivilsenat).

    Wird ein Darlehensvertrag nach § 1 Abs. 1 HWiG widerrufen und bildet er mit dem finanzierten Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 Abs. 1 VerbrKrG, erfordert der Zweck der gesetzlichen Widerrufsregelung, dass dem Darlehensgeber nach Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer zusteht. Die Rückabwicklung hat in diesem Falle unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen (Bestätigung von BGHZ 133, 254 ff., XI. Zivilsenat). Der Kreditnehmer kann die von ihm selbst auf das Darlehen gezahlten Beträge vom Kreditgeber zurückverlangen, nicht aber die ihm zugeflossenen Fondsausschüttungen.

    2. Die Annahme eines verbundenen Geschäfts im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG scheidet aus, wenn es sich bei dem Darlehensvertrag um einen Realkreditvertrag im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG handelt. Ein solcher liegt auch dann vor, wenn nicht der Erwerber, sondern der Fonds das Grundpfandrecht bestellt hat (Abweichung von BGHZ 159, 294 ff., II. Zivilsenat; Fortsetzung von BGHZ 161, 15 ff., XI. Zivilsenat).

    3. Für den Empfang eines Darlehens im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG ist es unerheblich, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt. Daher wird auch in Fällen, in denen Darlehensvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft gemäß § 9 Abs. 1 VerbrKrG darstellen, ein wegen fehlender Gesamtbetragsangabe nichtiger Darlehensvertrag gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG gültig, wenn dem Kreditnehmer die Darlehensvaluta nicht direkt zugeflossen, sondern vertragsgemäß unmittelbar an einen Treuhänder zum Erwerb des Fondsanteils ausgezahlt worden ist (Abweichung von BGHZ 159, 294 ff., II. Zivilsenat)

    Auch für die Frage, ob in den Fällen nichtiger Vollmacht des gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Treuhänders zugunsten der kreditgebenden Bank eine Rechtsscheinhaftung nach §§ 171, 172 BGB eingreift, kommt es nicht darauf an, ob Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 VerbrKrG sind (Abweichung von BGHZ 159, 294 ff., II. Zivilsenat; Fortsetzung von BGHZ 161, 15 ff., XI. Zivilsenat).

    4. Sofern die dem Treuhänder erteilte umfassende Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist, kann der Treuhänder zum Abschluss des Darlehensvertrages für den Anleger gleichwohl befugt sein, wenn ihm in einem Zeichnungsschein gesondert Vollmacht erteilt ist und dieser Zeichnungsschein der Bank vorgelegt worden ist.

    Die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (NJW 2005, 3551 ff. – Schulte und NJW 2005, 3555 ff. – Crailsheimer Volksbank) zu den Folgen einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung nach der Haustürgeschäfterichtlinie waren für die ergangenen Urteile nicht von Bedeutung, weil es sich in drei Fällen nicht um Haustürgeschäfte gehandelt hat und weil der Anleger im vierten Fall bereits nach der Securenta-Rechtsprechung des XI. Zivilsenats (BGHZ 133, 254 ff.) vor den Risiken eines kreditfinanzierten verbundenen Geschäfts geschützt wird.

    III. Zusammenfassung und Angebot
    Können sich Anleger aus der Schuldenfalle befreien, wenn der Fonds nicht das hält, was versprochen wurde?
    Die Rechtsprechung ist nicht eindeutig und komplex. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs haben teilweise Entscheidungen des BGH aufgehoben. Die Rechtsprechung muss daher immer im Lichte der europäischer Vorgaben für den Verbraucherschutz gesehen werden.
    Die Beratung durch qualifizierte Rechtsanwälte ist meines Erachtens sinnvoll und notwendig.

    Früher war es möglich, einen durch einen Treuhänder (oft Steuerberater) abgeschlossenen Darlehnsvertrag anzufechten, weil ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorlag.  Dies ist nach der Entscheidung des BGH von 2006 nicht mehr möglich. Der BGH entschied, dass diese Treuhänder gleichwohl zum Abschluss eines Darlehnsvertrags befugt sein können, wenn ihnen im Zeichnungsschein eine gesonderte Vollmacht erteilt worden ist und diese Vollmacht der Bank vorgelegt wurde. Nachteilig für Anleger ist ferner die Feststellung des BGH, dass es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handelt, wenn der Kunde einen Realkredit ( Darlehn wird durch Grundpfandrecht besichert )  aufgenommen hat.
    Negativ für Anleger: Wenn die Gesamtbelastung aus Tilgung, Zins und Kosten im Kreditvertrag nicht angegeben wurde, kam dieser bislang nur zu Stande, wenn der Anleger persönlich das Darlehn annahm. Nun sind nach Auffassung des BGH auch Verträge gültig, wenn das Darlehn an Treuhänder oder Fondsgesellschafte4n überwiesen wurde.  
    Posiviv für Anleger
    ist, dass Banken nun laut BGH im Fall eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz( HWiG) verpflichtet sind, dem Anleger bereits gezahlte Beträge zurückzuerstatten, sofern es sich um ein verbundenes Geschäft handelt.

    Wenn die Widerrufsbelehrung nicht den Formvorschriften des HWiG entsprach, besteht  auch heute noch die Möglichkeit, viele Jahre zurückliegende Verträge anzufechten.

    Einer der Tätigkeitsschwerpunkte von pkl ist das Bank- und Kapitalmarktrecht.
    Wir stehen Ihnen gern für Auskünfte und Hilfestellung zur Verfügung. 

    Hermann Kulzer

    Rechtsanwalt
    Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht (Tätigkeitsschwerpunkt: Wertpapierhandel ua.)
    Fachanwalt für Insolvenzrecht

    Kontakt:

    Kulzer Hermann
    (pkl Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer)

    Glashütterstraße 101a
    01277 Dresden/Striesen
    Tel. 0351 8110233

    www.pkl.com


    PAP/HB/26/0/2006/81/1/21 
    Papp/Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5.12.2008 S.41

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    Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Interessenschwerpunkt Wertpapierhandel- und und Kapitalmarktrecht
     
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