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20.05.2011 Heros Insolvenz: Versicherungsrechtliche Folgen des Zusammenbruchs
Information Heros Insolvenz: Sechs Jahre Strafe für Geschäftsführer

1. Aufdeckung des Skandals

Der Prokurist der HEROS, Herr Bernd Köller, der Geschäftsführer der Nordcash, Herr Reimer Weingertner, der Prokurist der Nordcash, Herr Manfred Diel, sowie der geschäftsführende Gesellschafter, Herrr Karl-Heinz Wies, wurden am 17.Februar 2006 von Ermittlern verhaftet und kamen in Untersuchungshaft.
Einer der größten Betrugsskandale der letzten 10 Jahre wurde aufgedeckt, jedoch nicht durch misstrauische Kunden, gründliche Wirtschaftsprüfer oder Detektive, sondern durch den Vater eines sechsjährigen Mädchens. Dessen Frau war Geldzählerin (kurz. GZ  genannt) in einer Heros Niederlassung in Viersen. Sie war gut befreundet mit der langjährigen Führungskraft, N.N., die Unregelmäßigkeiten der Geschäftsleitung entdeckte. Sie ließ sich über Jahre ihr Schweigen gut versilbern und erhielt beim Ausscheiden eine Abfindung von 500.000 Euro; sonst hätte Sie ihr Wissen preisgegeben. Auch die Freundin, GZ, wollte dann mit ihrem Wissen Kasse machen und vereinbarte eine Abfindung/Schweigegeld von 150.000 Euro, zahlbar in 10 Monatsraten. Alles klappte. Ihr Mann begleitete Sie immer zu den Geldübergaben. Dann gab es innerfamiliäre Schwierigkeiten. GZ trennt sich im Herbst 2004 von ihrem Mann. Man einigte sich darauf, dass der Mann das sechsjährige Kind regelmäßig sehen kann. Der Mann hatte aber bald das Gefühl, dass seine Besuche von der Frau blockiert werden und war daher sehr verärgert. Am 19.05. 2005 erstattete er Strafanzeige gegen seine Frau wegen Erpressung und deckte dadurch das Heros Betrugssystem auf.

2. Insolvenz
Am 20. Februar 2006 meldete die Heros für 27 Tochtergesellschaften Insolvenz an. Führungskräfte des Unternehmens sollen ca. 350 Millionen Euro unterschlagen oder veruntreut haben. Das Insolvenzverfahren wurde eröffnet und Manuel Sack, Kanzlei Brinkmann und Partner zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Gläubiger mussten ihre Forderungen und Sonderrechte geltend machen.

3. Spekulation, Betrug ua.
In einer Art Karussellbetrug wurden anvertraute Kundengelder, die gezählt, sortiert und transportiert werden sollten, abgezweigt für kurzfristige, hochspekulative Geldanlagen, Privatentnahmen, den Kauf von Mitbewerbern und die Finanzierung des Geschäftsbetriebs. Heros hat gegenüber Mitbewerbern die Geldtransport- und Geldbearbeitungsdienstleistungen um bis zu 50 % günstiger angeboten. Wirtschaftliche Schwierigkeiten wuchsen, als großen Kunden wie LIDL und Schlecker die Verträge wegen Unregelmäßigkeiten kündigten. Durch die Übernahme des zweitgrößten Geldtransporteurs in Deutschland, der SECURITAS, sollte die Krise überwunden werden und neue Großkunden, wie die Deutsche Bank, als Kunde bedient werden.

4. Übernahme
Es gab viele Geschädigte, unter anderem Großkunden wie Aldi, Rewe, Citybank und Mc Donald`s. Der Insolvenzverwalter suchte einen Käufer für den angeschlagenen Geldtransportriesen. Als Käufer präsentierte der Insolvenzverwalter, Manuel Sack, 2006 den Finanzinvestor Matlin Patterson Global Advisers LLC mit Hauptsitz in New York, der die Heros für 13,45 Millionen Euro übernimmt und unter dem Namen SecurLog weiterführt. Dieser wollte 3000 von 4600 Arbeitsplätzen erhalten.Ca. 1600 Mitarbeitern wurde gekündigt und diese in eine "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" übernommen. 62 Standorte gab es früher, 40  blieben erhalten.

5. Verurteilungen im Heros-Verfahren

Das Landgericht Hildesheim hat zwei Geschäftsführer und zwei Angestellte von Unternehmen der Heros-Gruppe wegen mehrfacher Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue und teilweise auch anderer Straftaten zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen sechseinhalb und zehn Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die Angeklagten über Jahre hinweg ein Schneeballsystem, indem sie das Geld, das die zur Heros-Gruppe gehörenden Geldtransport- und Geldbearbeitungsunternehmen von Kunden erhielten, dazu verwendeten, Verbindlichkeiten der zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaften zu begleichen. Die hierdurch entstandenen Fehlbeträge glichen sie jeweils dadurch aus, dass sie auf das bei anderen Kunden an Folgetagen abgeholte Geld zugriffen und damit die Forderungen auf Auskehrung der früher übernommenen Geldsummen verspätet befriedigten. In einer Vielzahl von Fällen entnahmen zwei der Angeklagten auch Kundengelder für private Zwecke. Bis zum Zusammenbruch der Unternehmensgruppe entstand ein Fehlbetrag in dreistelliger Millionenhöhe. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf Verfahrensbeanstandungen und auf die Sachrüge gestützten Revisionen der beiden angeklagten Geschäftsführer als unbegründet verworfen. Deren Verurteilung zu zehn bzw. acht Jahren Gesamtfreiheitsstrafe ist rechtskräftig. Die Revisionen der beiden Angestellten führten in einigen Fällen zu einer Änderung des Schuldspruchs. Dies hat zur Folge, dass deren Strafen neu festgesetzt werden müssen. Insoweit ist die Sache an das Landgericht zurückverwiesen worden.

6. Versicherungsrechtliche Folgen des Zusammenbruchs
Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute erste Entscheidungen zu den versicherungsrechtlichen Folgen des Zusammenbruchs der HEROS-Gruppe getroffen. Führende Mitarbeiter dieser ehemals größten deutschen Firmengruppe von Geld- und Werttransportunternehmen waren im Februar 2006 verhaftet und in der Folgezeit zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. April 2008 – 3 StR 493/07; Pressemitteilung 123/08). Dabei wurde festgestellt, dass die HEROS-Gruppe spätestens seit Mitte der 1990er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, waren laufend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offener Forderungen verwendet worden. Der Ausgleich war zeitverzögert durch einen entsprechenden Zugriff auf Gelder aus späteren Transporten erfolgt, so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar verzögert hatte, die Fehlbeträge aber lange Zeit nicht aufgefallen waren.

Zahlreichen Auftraggebern war Mitte Februar 2006 der HEROS-Gruppe zum Transport überlassenes Bargeld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben worden. Die Unternehmen der HEROS-Gruppe wurden nachfolgend insolvent.

Die Klägerin des mit BGH- Urteil entschiedenen Rechtsstreits, ein großes Einzelhandelsunternehmen, zählte zu den früheren Auftraggebern der HEROS-Gruppe. Nach ihrer Behauptung hat auch sie einen Schaden erlitten. Sie hat von der Beklagten als führendem Versicherer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von den Unternehmen der HEROS-Gruppe abgeschlossenen Transportversicherung gefordert. Deren Versicherungsschutz erstreckt sich auf "jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung" und beginnt "mit Übergabe der versicherten Güter" an das Transportunternehmen und "endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden".

Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, ob die Beklagte den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte und schon deshalb leistungsfrei ist, ferner darüber, ob Mitarbeiter des Transportunternehmens im Umgang mit anvertrautem Bargeld gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst haben.

Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Dagegen richtete sich die Revision der Klägerin.

Mit dem Urteil hat der Bundesgerichtshof die Revision zurückgewiesen.

Bei der Auslegung der maßgeblichen Vertragsbedingungen hat die Zusammenschau der Bedingungen der Geld- und Werttransportversicherung ergeben, dass eine Allgefahrendeckung (lediglich) für den Verlust oder die Beschädigung von Sachen (insbesondere Hartgeld, Banknoten, Schecks und Wertpapieren) in der Obhut der Versicherungsnehmerin bis zur Übergabe an die von der Transport-Auftraggeberin bezeichnete Stelle (hier: Filialen der Deutschen Bundesbank) besteht. Weiter haben die Bedingungen des zwischen der Klägerin und HEROS geschlossenen Transportvertrages es nicht ausgeschlossen, dass transportiertes Bargeld von HEROS-Unternehmen bei Ablieferung zunächst einem auf ihren Namen lautenden Konto gutgebracht wurde. Danach war das Transportunternehmen hier nicht verpflichtet, das Geld unmittelbar und in bar auf ein Konto der Klägerin einzuzahlen.

Bei dieser Bedingungslage liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs selbst dann kein Versicherungsfall vor, wenn die Einzahlung auf das Eigenkonto der Versicherungsnehmerin mit dem Vorsatz erfolgt war, das entsprechende Guthaben zunächst für eigene Zwecke zu verwenden und der Auftraggeberin abredewidrig erst mittels einer zeitlich verzögerten Überweisung zu erstatten. Es fehlt in einem solchen Fall an einem - allein vom Versicherungsschutz umfassten - stofflichen Zugriff auf das Transportgut. Der von der Klägerin geltend gemachte Verlust ist vielmehr erst dadurch eingetreten, dass die Weiterüberweisung des Geldwertes auf ihr Konto pflichtwidrig unterblieben ist. Darin liegt aber kein stofflicher Zugriff auf das Transportgut, die versicherten - körperlichen - Sachen, sondern lediglich ein treuwidriger Umgang mit nicht mehr versichertem Buchgeld.

In zwei weiteren Verfahren (IV ZR 156/09, IV ZR 247/09) hat der Bundesgerichtshof aus im Wesentlichen gleichen Erwägungen Nichtzulassungsbeschwerden gegen Urteile des Oberlandesgerichts Celle mit Beschlüssen vom heutigen Tage zurückgewiesen.

BGH, Urteil vom 25. Mai 2011, IV ZR 117/09; Vorinstanzen:Landgericht Hannover - Urteil vom 4. September 2008 - 8 O 67/07; Oberlandesgericht Celle - Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 U 192/08

und

Beschlüsse vom 25. Mai 2011, IV ZR 156/09; Landgericht Hannover – Urteil vom 5. November 2008 – 6 O 306/0; Oberlandesgericht Celle - Urteil vom 19. Juni 2009 - 8 U 213/08

und

IV ZR 247/09, Landgericht Hannover – Urteil vom 21. Januar 2009 – 6 O 198/07, Oberlandesgericht Celle - Urteil vom 19. November 2009 - 8 U 24/09

 

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Verfasser: Kulzer Hermann, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Insolvenzrecht
 
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