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10.03.2009 Prokura von A-Z
Information

I. Umfang der Prokura
Die gesetzliche Grundlage der Prokura findet sich in §§ 48-53 HGB.
Was darf der Prokurist?

· die Prokura berechtigt zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt, z.B. Kündigungen
· es besteht keine Beschränkung auf „branchenübliche Geschäfte"
· eine Beschränkung der Prokura ist Dritten gegenüber unwirksam - außer der Dritte kennt die Beschränkung

Der Prokurist darf nicht vornehmen:

· Privatgeschäfte des Kaufmanns
· die Veräußerung von Grundstücken
· die Erteilung einer Prokura
· die Anmeldung von Handelsregistereintragungen
· die Unterzeichnung von Bilanzen und Steuererklärungen ( Ausnahme: der Prokurist wird dazu ermächtigt und tritt im Rechtsverkehr auf, siehe unten)
· die Einleitung des Insolvenzverfahrens oder die Auflösung der Firma

Erteilung der Prokura nur von dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder dessen gesetzlichen Vertreter und nur mittels ausdrücklicher Erklärung. Dabei kann Einzelprokura (einzelne Person) oder Gesamtprokura an mehrere Personen erfolgen. Im letzteren Fall kann nur gemeinschaftlich gehandelt werden.

II. Geltung / Erlöschen
1. Geltung:
- Prokura muss vom Inhaber des Handelsgeschäftes wirksam erteilt sein (einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung)
- die Erteilung der Prokura ist im Handelsregister einzutragen
- mit Erteilung der Prokura darf der Prokurist für das Handelsgeschäft tätig werden. Mit Eintragung ins Handelsregister können Dritte sich auf die Rechtsfolgen der Prokura (Einschränkungen, Vertretungsumfang) berufen.
2. Erlöschen:
· Widerruf des Kaufmanns
· Beendigung durch Prokurist
aa. im Angestellenverhältnis
Durch Kündigung des zugrunde liegenden
Arbeitsverhältnisses erlischt auch die Prokura.
bb. ohne Angestelltenverhältnis
Die Möglichkeit des Widerrufes ist nicht eindeutig rechtlich geklärt. Die Möglichkeit nach § 168 I BGB wird teilweise bejaht, aber auch in der Fachliteratur verneint. Begründung für das Versagen des Widerrufens durch den Prokuristen ist, dass die Prokura als Vollmacht durch einfaches "Nicht-Benutzen" nicht widerrufen werden muss.
Die kann dadurch entkräftet werden, dass das Widerrufen der Prokura auch nicht schaden kann. Ob von der Prokura kein Gebrauch mehr gemacht wird, oder der Widerruf erfolgt macht in der Rechtsfolge für den Prokuristen keinen Unterschied.

· Beendigung des Grundverhältnisses (z. B. Anstellungsvertrag mit dem Prokuristen, § 168 BGB)
· Verlust der Kaufmannseigenschaft des Gewerbetreibenden
· Aufgabe des Handelsgewerbes
· Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kaufmanns (§ 115 Insolvenzordnung, InsO)

III. Haftung aus der Praxis

1. Überschreiten der Vertretungsmacht - Haftung nach §§166. BGB
Haftung gemäß den Prinzipien des Vertreters ohne Vertretungsmacht

2. Haftung als faktischer Geschäftsführer
- wenn der Prokurist im Geschäftsverkehr so auftritt, als sei er Geschäftsführer der GmbH
- Hintergrund ist, dass der Prokurist, der als Geschäftsführer auftritt sich nicht darauf stützen darf, er sein nur Prokurist
- auch möglich, wenn neben dem Prokuristen noch ein Geschäftsführer tätig wird, wenn das Handeln des Prokuristen ein „Übergewicht" hat

Merkmale, wann der Prokurist als „übergewichtiger" Geschäftsführer anzusehen ist:

1. Bestimmung der Unternehmenspolitik
2. Organisation des Unternehmens
3. Einstellen von Mitarbeitern
4. Bestimmung der Gehaltshöhe
5. Gestaltung von Geschäftsbeziehungen
6. Verhandlungen mit Kreditunternehmen
7. Entscheidung in Steuerangelegenheiten
8. Steuerung der Buchhaltung

3. §§ 34, 35, 69 AO
Gesetzeswortlaut: „Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs.1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann."

- Haftung tritt regelmäßig dadurch ein, dass der Prokurist durch Verhandlungen mit/bei dem Finanzamt als „faktischer Geschäftsführer" auftritt (Grundsätze siehe oben)
- folglich wird somit der Rechtsschein gesetzt der Prokurist sei bzgl. Steuererklärungen Verfügungsberechtigter
Fazit: Haftung für Steuern regelmäßig zu bejahen, auch wenn der Prokurist zu Steueranmeldungen selbst nicht ermächtigt ist.

- Haftung gegenüber Gläubigern in der Insolvenz
Die Haftung von Prokuristen oder leitenden Angestellten gegenüber externen Gläubigern in der Insolvenz des Arbeitgebers ist nicht stark ausgeprägt. Ein Prokurist kann jedoch positiver Vertragsverletzung seines Anstellungsvertrages haftbar sein, wenn er eine unter § 30 GmbH fallende Auszahlung an einen Gesellschafter (entgegen der Weisung des Geschäftsführers vornimmt); ebenso, wenn er ohne dessen Weisung an ihm vorbei handelt, obwohl er weiß (oder sich ihm nach den Umständen aufdrängt), dass er von dem Leistungsempfänger für unlautere Machenschaften unter Umgehung des Geschäftsführers zum erheblichen Nachteil der Gesellschaft in Anspruch genommen wird.
Er haftet entsprechend § 43 Abs. 3 GmbHG beschränkt, wenn er ohne Weisung des Geschäftsführers aber in Befolgung eines Gesellschafterbeschlusses gehandelt hat.
Auch kann eine Haftung aus einer sittenwidrigen Schädigung begründet sein (§ 826 BGB, vgl. BGH NJW 2001, Seite 3123): Ebenso wie Gesellschafter, die ihre Gesellschaft vorsätzlich in eine gegen die guten Sitten verstoßenden Weise schädigen gemäß § 826 BGB haften können, haften auch Prokuristen und ähnliche Bevollmächtigte unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift, die unabhängig davon sind, ob das betreffende Verhalten auch bei bloßer Fahrlässigkeit pflichtwidrig wäre.

Weiter kann auch ein Prokurist der GmbH unter anderem ebenso wie ein Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB haftbar sein, wenn er unter vorsätzlichen Missbrauch seiner Verfügungsbefugnis gem. § 49, 50 HGB, bewusst an Vermögensverschiebungen zu Lasten der Gesellschaft mitwirkt, welche deren wirtschaftliche Existenz gefährden).

Da in Bezug auf das Arbeitsrecht bzw. Dienstrecht von leitenden Angestellten § 282 BGB nicht entsprechend gilt hat ein Kläger bei einer Inanspruchnahme eines Schuldners im Wege der Durchgriffshaftung sämtliche Voraussetzungen für einen deliktischen oder etwaigen vertraglichen Haftungsanspruch des Beklagten darzulegen und zu beweisen. Dies umfasst auch den Einfluss des jeweiligen Verschuldens und des erforderlichen Schuldgrades (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2001, II ZR 38/99). Die Haftung könnte bei Kenntnis der Folgen der Tat und der Krisensituation weitgehende Folgen auf Mitarbeiter (zB Prokurist) haben, die beispielsweise in leitenden Funktionen von etwaigen Überweisungen Kenntnis erhalten oder diese selbst vornehmen bzw. an ihnen mitwirken. Auch die Beihilfe zu einer rechtswidrigen Tat kann zur persönlichen Ausgleichspflicht führen.

Kulzer Hermann
Rechtsanwalt, Fachanwalt
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
 
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