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Wirtschaftsstrafrecht
1. Geschichte  (einige Streiflichter)
  • Die Grundlegung des deutschen Wirtschaftsstrafrechts erfolgte in den Notzeiten des 1. Weltkriegs, in der zahlreiche Kriegs- und Notverordnungen in Kraft traten.
  • Die Zeit des Nationalsozialismus war gekennzeichnet durch eine ausufernde Ordnungsstrafgewalt.
  • Gesetz zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts 1949
  • Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität 1976
  • Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität 1992
  • Gesetz zur Bekämfpung der Korruption 1997

2. Grundbegriffe
Ein bestimmtes  Verhalten ist dann eine Wirtschaftsstraftat, wenn es sich als tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung qualifizieren lässt und darüber hinaus etwaige sonstige Strafbarkeitsbedingungen erfüllt.

Bei den allermeisten Delikten "indiziert" die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit , so
dass eine tatbestandsmäßige  Handlung nur dann nicht rechtswidrig ist, wenn ein Rechtferti-gungsgrund vorliegt.

Eine Pflichtverletzung ist nur dann nicht gegeben, solänge
die Grenzen, in denen ein von

  • Veranwortungsbewußtsein getragenes
  • ausschlíeßlich am Unternehmenswohl orientiertes, 
  • auf sorgfältiger 'Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes
  • unternehmerisches Handeln

nicht überschritten ist.

nicht überschritten sind, vgl.

BGHSt 50, 331, 337 Mannesmann und BGHSt 46, 30, 34 ff.; Wittig Wirtschaftsstrafrecht 3. Auflage 2014 S.271 Rdnr. 45.

Der Täter muss für eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung auch verantwortlich gemacht werden können. Er handelt schuldhaft (vorwerfbar), wenn ihm die Handlung persönlich vorzuwerfen ist (Schuldprinzip: Keine Strafe ohne Schuld).

Auf der Schuldebene kann der Verbotsirrtum von besonderer Bedeutung sein.
Ein solcher liegt vor,wenn der Täter sein Vorgehen für erlaubt hält und wenn dieser Verbotsirrtum für ihn vermeidbar war, § 17 Satz 1 StGB.
Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum jedoch nur dann, wenn der Täter alle seine Erkenntniskräfte eingesetzt hat und etwaige Zweifel durch Nachdenken oder Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (BGHSt 58,15, 29; 21,18,20).

Bei schwierigen Fragen des Writschaftsstrafrechts dürfte der Täter regelmäßig eine Erkundi-gungspflicht haben.

3. Täter
Täter kann nur sein, wer eine soche Täterqualifikation aufweist.
Die mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs.1 Alt.2 StGB ist dadurch gekennzeichnet, dass der Täter (Hintermann) die Tat durch einen anderen ("Tatmittler", "Vordermann") begeht, den er als "Werkzeug" instrumentalisiert. Der Hindermann nutzt dabei die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterlegene Stellung des Tatmittlers ("Defekt") aus, um so das Geschehen kraft seiner Willenskraft zu beherrschen, vgl Wessels Rn. 535 m.w.N.; Roxin AT II § 25 Rn. 45 ff.; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht § 6 Rdnr. 103.
Eine besondere Form der mittelbaren Täterschaft liegt vor, wenn "der Hintermann durch Organisationsstrukturen bestimmte Rahmenbedingungen ausnutzt, innerhalb derer sein Tatbeitrag regelhafte Abläufe auslöst (BGHSt 40, 218, 236)

Dadurch führt der Beitrag des Hintermannes ( "Schreibtischtäter") trotz eines uneingeschränkt verantwortlich handelnden Tatmittlers nahezu automatisch zu der vom Hintermann erstrebten Tatbestandsverwirklichung (BGHSt 40, 218, 236).

4. Grundsatz der Allzuständigkeit und Generalverantwortung des Geschäftsführers

Wenn es mehrere Geschäftsführer in einem Unternehmen gibt, dürfen grundsätzlich die anderen Mitglieder der Geschäftsleitung auf das ordnungsgemäße Verhalten der zuständigen Mitglieder der Geschäftsleitung vertrauen.
Diese Verantwortung wird jedoch durch die aus dem Gesellschaftsrecht hergeleiteten Grundsätze der Allzuständigkeit und dem entsprechend der Generalverantwortung aller Mitglieder der Geschäftsleitung für die Belange der Gesellschaft ergänzt,  so dass auch bei einer Ressortverteilung dem nicht zuständigen Mitglied der Geschäftsleitung kraft seiner Generalverantwortung gewisse Überwachungspflichten verbleiben.

Aufgrund dieser Überwachungspflichten muss das Mitglied der Geschäftsleitung eingreifen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den zuständigen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet ist (BGH NJW 1997, 130, 132).

Der Grundsatz der Allzuständigkeit und Generalverantwortung gilt in folgenden Bereichen:

  • Produkthaftung
  • Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
  • Steuern
  • Insolvenzantragspflicht
  • Umweltstrafrecht

vgl. Wittig, Wirtschaftsstrafrecht 3. Auflage 2014 Rdnr. 124.

5. Der subjektive Tatbestand: Vorsatz
Der Vorsatz ist Bestandteil des subjektiven Tatbestandes und ist gegeben, wenn der Täter mit Wissen und Wollen an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes handelt.

Erscheinungsformen des Vorsatzes sind:

  • Absicht
  • direkter Vorsatz
  • bedingter Vorsatz (Eventualvorsatz, dolus eventualis: der Täter hält den Erfolg nur für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf BGHSt 36, 1; 44, 99)

6. Sanktionierung - crime does not pay / Verfall

Nach deutschem Recht sind Kriminalstrafen gegen Unternehmen nicht möglich, da diesen die Handlungs- und Schuldfähigkeit fehlt.
Der Verfall dient der Abschöpfung deliktisch erzielten Vermögensvorteile und damit dem Ausgleich einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung ( BGHSt 57, 79, 83).

Der Verfall nach § 73 StGB setzt eine rechtswidrige Tat voraus (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 STGB) und tritt als öffentlich-rechtliche Maßnahme eigener Art, die weder Strafe noch strafähnlicher Maßnahme ist mit kondiktionsähnlichem Charakter.
Es soll das Prinzip gelten: "Crime does not pay".
Nach dem Bruttoprinzip ist der Zugriff auf den Gesamterlös (ohne Berücksichtigung Gewinn mindernder Aufwendungen) zulässig
Die Literatur spricht beim Verfall dann von Strafe von über die Erstattung des Nettoprinzips hinaus Zugriff auf den Gesamterlös geübt wird.

Der Verfall gemäß § 73 Abs.1 S.1 StGB und 73 a StGB ist unzulässig, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder dem Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten wieder entziehen würde (§ 73 I 2 StGB)

Nach herrschender Meinung steht § 73 Abs.1 S.2 StGB einer Verfallsanordnung nach § § 73 I 1 StGB bereits bei rechtlicher Existenz des Anspruchs eines Geschädigten entgegen, ob dieser auch geltend gemacht wird oder damit noch gerechnet werden kann, ist unerheblich, BGH NStZ 2001, 257; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 118 Rdnr. 19.

Das für die Tat Erlangte unterliegt dagegeben dem Verfall ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (BGH NStZ 2011, 229 Kunstfälschersystem).

7. Wirtschaftsstraftaten
7.1.Betrug, § 263 StGB

Der Betrug ist das häufigste Delikt im Wirtschaftsstrafrecht; es ist ein Kommunikationsdelikt.
Tathandlung ist die Täuschung über Tatsachen.
Die Täuschung kann ausdrücklich, konkludent oder durch Unterlassen erfolgen.
Eine Täuschung durch Unterlassen kann z.B. vorliegen, wenn entweder die Entstehung oder Verfestigung eines Irrtums nicht aufgeklärt wird, BGH ST 39, 392; Wittig Wirtschaftsstrafrecht s. 154 Rdnr. 36.
Auf eine Täuschung durch Unterlassen finden die allgemeinen Regeln Anwendung, die für die Strafbarkeit des unechten Unterlassungsdelikts gelten, § 13 StGB.

Erforderlich ist somit vor allem eine aus einer Garantenstellung des Täters fließende betrugsspezifische Garantenpflicht, d.h. eine vermögensbezogene Aufklärungspflicht, die gerade dem Schutz des Opfers vor vermögensbezogenen Selbstschädigungen im konkreten Fall dient.

Die Garantenpflicht kann sich - in Anlehnung an die Rechtspflichtstheorie (BGHSt 19, 176) aus Gesetz, Vertrag, Treu und Glauben oder Ingerenz ergeben.
Ingerenz ist ein gefährdendes, pflichtwidriges Vorverhalten, OLG Stuttgart NJW 1969, 1975; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht S. 155 Rdnr. 41.
Das ist der Fall, wenn der Täter (unerlaubt)eine Irrtumsgefahr geschaffen hat.

Beim Vertrag muss ein durch das Vertragsverhältnis vermitteltges besonderes Vertrauensverhältnis mit besonderen Umständen im zwischenmenschlichen Bereich hinzutreten, vgl. Wittig, Wirtschaftsstrafrecht S. 156 Rdnr. 42.

Ein Beispiel für Konstellationen mit einer betrugsspezifischen Garantenstellung sind Verträge mit besonderen Informations- und Beratungscharakter, z.B. Verträge mit Anlage- und Vermögensberatern, Steuerberatern und Rechtsanwälten. Auch Gebrauchtwagenverkäufer sind wegen ihrer besonderen Fachkunde aufklärungspflichtig hinsichtlich eines Unfallschadens, vgl. BayObLG NJW 1994, 1078; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 157.

Eine Garantenpflicht kann sich auch aus Treu und Glauben  (§ 242 BGB)ergeben, BGHSt 6, 198, 199; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 157.

7.2.. Untreue
Neben Betrug ist Untreue (§ 266 STGB) der zweitwichtigste Tatbestand für den Vermögensschutz. Rechtsgut des § 266 ist das individuelle Vermögen des Treugebers- als fremdes Vermögen.
Fremd ist Vermögen, wenn es zumindest auch im Eigentum einer anderen natürlichen oder juristischen Person steht. Fremd ist damit das Vermögen der GmbH für den Geschäftsführer aber auch für den oder die Gesellschafter.

Der Untreuetäter hat gegenüber dem geschädigten Vermögen eine besondere Pflichtenstellung.

Täter kann nur der Vermögensbetreuungspflichtige sein - Außenstehende kommen lediglich als Teilnehmer gemäß §§ 26, 27 StGB in Betracht.

Der Untreuetatbestand enthält zwei Tatbestandsalternativen, den Missbrauchstatbestand ( § 266 I Alt.1 StGB) und den Treuebruchstatbestand ( § 266 I Alt.2 StGB)

Der Missbrauchstatbestand setzt voraus, dass der vermögensbetreuungspflichtige Täter die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft (wirksam) eingeräumt Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, eine Nachteil zufügt.
"Der Täter handelt intern pflichtwidrig, aber extern wirksam."

Risikogeschäfte
Besonders bei Risikogeschäften stellt sich die Frage, ob dies dem Täter im Innenverhältnis gestattet ist, soweit nicht ein Einverständnis des Geschäftsherrn vorliegt.

Sind nach dem Inhalt der Befugnis riskante Geschäfte nicht gestattet, ist ein Risikogeschäft im Innenverhältnis pflichtwidrig, vgl. Fischer § 266 Rdnr.65; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 270 Rdnr. 43.

Nach BGHSt 50, 331 (Mannesmann) ist für die Annahme einer Untreue nicht erforderlich, dass die Pflichtverletzung gravierend ist, vgl. auch Wittig Wirtschaftsstrafrecht 3. Auflage 2014 S. 273.

In Zweifelsfällen ist anhand einer Einzelbetrachtung festzustellen, ob sich der Täter im Rahmen des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis hält. Hierbei ist bei einer objektiven ex-ante- Sicht auf den Zeitpunkt der Handlung abzustellen, Fischer, § 266 Rdnr. 68; OLG Karlsruhe NJW 2006, 1682, 1683; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 272.

Einverständnis mk der Vermögensschädigung
Ein Untreuetatbestand ist in der Regel nicht erfüllt, wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis erklärt hat, BGH NJW 2000, 154, 155; BGHSt 55, 266,278; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 279 ff.
Das Einverständnis muss jedoch vor der Tat vom Geschäftsherren erklärt werden, BGHSt 50, 331, 342.
Ein Einverständnis ist pflichtwidrig und unwirksam, fwnn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen, das der Verfügungsmacht der Gesellschafter im Interessse der Gläubiger entzogen ist, unter Verletzung der Kapitalerhlatungsvorschriften an die Gesellschafter ausgezahlt wird, BGH NJW 2002, 154.
Gleichermaßen ist das Einverständnis unwirksam, wnn durch den Eingriff die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft in anderer Weise konkret und unmittelbar gefährdet wird, BGHSt 35, 333, 335 f.: 49, 147, 157 f.; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 283  Rdnr. 74.
Beispiele:
  • Herbeiführung Überschuldung
  • Gefährdung Liquidität
  • Gefährdung Stammkapital
  • Entzug der Produktionsgrundlagen
7.3. Insolvenzstraftaten (§ 283 ff. StGB)
7.4. Bestechlichkeit
7.5. Amtsträgerbestechung ( §§ 331 f. StGB)
7.6. Falschangabedelikte (§§ 82 GmbHG)
7.7. Straftaten des WpHG


 

14.11.2025 Werbefallen per Telefon
Information

MeineMandantinGmbH ./. Medienfalle Muster AG
hier: Ihre Rechnung vom 15.10.2025, Zahlungserinnerung vom 03.11.2025

Medienfalle Muster AG
z. Hd. der Geschäftsführung
[Adresse]

per Einschreiben/Rückschein

Ort, Datum

In der Angelegenheit MeineMandantinGmbH ./. Medienfalle Muster AG

Sehr geehrte Damen und Herren,

unter anwaltlicher Vollmacht vertrete ich die

MeineMandantinGmbH,
vertreten durch die Geschäftsführer:innen.

Bezugnehmend auf Ihre Rechnung vom 15.10.2025 über 5.950,00 € sowie die hierzu ergangene Zahlungserinnerung vom 03.11.2025 teile ich Folgendes mit:


1. Kein wirksamer Vertragsschluss über 5.950,00 €

Nach dem Vortrag meiner Mandantin kam es zu einem telefonischen Werbeanruf eines Mitarbeiters Ihres Hauses, in dem Leistungen im Bereich Online-Werbung und Suchmaschinenoptimierung (SEO) angeboten wurden. Im Gespräch war von einem Entgelt im Bereich von 83,00 € für zwei Monate die Rede.

Ein Vertrag über ein Vergütungspaket in Höhe von 5.950,00 € ist so nicht erläutert oder vereinbart worden. Die von Ihnen in Rechnung gestellten Positionen („telefonische Annahme zur konzeptionellen Gestaltung“, „Nacharbeitung Definition Ihrer Wünsche und Ziele“, „erweiterte Programmierung des Firmeneintrages“, „OnSite-/Onpage-Optimierung“ usw.) wurden in dieser Form und zu diesem Preis nicht klar und transparent zum Gegenstand des Telefonats gemacht.

Meine Mandantin hat einem Vertrag zu den von Ihnen abgerechneten Konditionen nicht zugestimmt. Es fehlt an übereinstimmenden Willenserklärungen zu einem Vertrag über 5.950,00 €.

Soweit Sie sich auf einen Telefonmitschnitt berufen, gilt:

  • Die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen eines Vertrages mit dem behaupteten Inhalt und zu dem geltend gemachten Preis liegt bei Ihnen.

  • Ein etwaiger Mitschnitt müsste das gesamte Gespräch vollständig und ungeschnitten wiedergeben, einschließlich einer klaren und unmissverständlichen Preisnennung in Höhe von 5.950,00 € und der ausdrücklichen Zustimmung meiner Mandantin.

  • Ein bloßes „Bestätigungsgespräch“ mit schematischen Ja/Nein-Abfragen ohne eindeutige Preis- und Leistungsdarstellung wäre dafür nicht ausreichend.

Ich halte daher ausdrücklich fest, dass meine Mandantin keinen Vertrag über die von Ihnen abgerechneten Leistungen und den Rechnungsbetrag von 5.950,00 € geschlossen hat.


2. Hilfsweise: Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung

Für den – rein hilfsweise unterstellten – Fall, dass ein Vertragsschluss angenommen werden sollte, wird dieser hiermit vorsorglich angefochten:

  1. Anfechtung wegen Inhalts-/Erklärungsirrtums (§ 119 BGB)
    Meine Mandantin unterlag einem Irrtum über Vertragsinhalt und Vergütung. Sie ging – entsprechend der telefonischen Darstellung – von einem überschaubaren Entgelt im Bereich von ca. 83,00 € für zwei Monate aus, nicht von einem umfangreichen Paket zu 5.950,00 €.

  2. Hilfsweise Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB)
    Sollte man Ihrer Darstellung folgen, wäre ein etwaiger Vertragsschluss nur durch eine Überrumpelungssituation und unzureichende bzw. irreführende Information über den tatsächlichen Vertragsumfang und den Gesamtpreis zustande gekommen. Die erhebliche Diskrepanz zwischen der telefonischen Darstellung und der späteren Rechnung spricht für eine gezielte Verschleierung des wahren Vertragsinhalts.

Die Anfechtung erfolgt hiermit fristgerecht nach Kenntnis des tatsächlichen, von Ihnen behaupteten Vertragsinhalts, spätestens nach Erhalt Ihrer Rechnung.


3. Äußerst hilfsweise: außerordentliche Kündigung

Äußerst hilfsweise – für den Fall, dass gleichwohl von einem wirksamen Vertrag ausgegangen würde – kündigt meine Mandantin etwaige vertragliche Beziehungen mit Ihnen außerordentlich und fristlos.

Angesichts der Art und Weise des Zustandekommens sowie des eklatanten Ungleichgewichts von Preis und (behaupteter) Leistung ist meiner Mandantin die Fortsetzung eines solchen Vertragsverhältnisses unzumutbar.


4. Bestreiten der von Ihnen behaupteten Leistungen

Unabhängig von der Frage des Vertragsschlusses wird die von Ihnen behauptete Leistungserbringung ausdrücklich bestritten.

Meiner Mandantin liegt lediglich eine abstrakte Leistungsaufstellung vor. Konkrete, nachvollziehbare Arbeitsergebnisse (z.B. benannte und dokumentierte Programmierleistungen, nachweisbare Maßnahmen an einer konkret bezeichneten Internetpräsenz, messbare Verbesserungen in Suchmaschinenrankings o.Ä.) sind nicht erkennbar.

Ich fordere Sie daher auf, substantiiert darzulegen und nachzuweisen,

  • an welcher konkreten Internetpräsenz,

  • zu welchen Zeitpunkten und

  • mit welchen konkreten Maßnahmen

Sie für meine Mandantin Leistungen erbracht haben wollen.

Bis zu einer solchen Darlegung bleibt es beim ausdrücklichen Bestreiten der Leistungserbringung. Unabhängig davon wäre die von Ihnen geltend gemachte Vergütungshöhe in Anbetracht der ersichtlichen Leistungen als grob unangemessen zu werten.


5. AGB-Klauseln zu Rücktritt/Widerruf/Widerspruch

Soweit Sie sich auf Allgemeine Geschäftsbedingungen berufen, in denen ein Rücktritts-, Widerspruchs- oder Widerrufsrecht ausgeschlossen wird, gilt:

  1. Die wirksame Einbeziehung Ihrer AGB in einen Vertrag mit meiner Mandantin wird bestritten. Meine Mandantin hat weder vor noch während des Telefonats Ihre AGB erhalten noch ihnen ausdrücklich zugestimmt.

  2. Selbst bei unterstellter Einbeziehung können AGB-Klauseln schon logisch keinen Bestand haben, wenn bereits kein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist oder dieser wirksam angefochten wurde.

  3. Klauseln, die nach telefonischer Überrumpelung sämtliche Rücktritts-, Widerrufs- und Kündigungsmöglichkeiten ausschließen sollen, begegnen zudem erheblichen Kontrollbedenken nach AGB-Recht.


6. Unzulässige Telefonwerbung

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es sich nach dem Vortrag meiner Mandantin um einen unangekündigten Werbeanruf handelt. Eine vorherige ausdrückliche Einwilligung lag nicht vor.

Es spricht daher vieles für einen Verstoß gegen § 7 UWG (unzulässige Telefonwerbung). Diese unlautere Akquise unterstreicht den Überrumpelungscharakter des angeblichen Vertragsschlusses und stützt sowohl die oben erklärte Anfechtung als auch die Bewertung als sittenwidrig.


7. Hilfsweise: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit / wucherähnliches Geschäft (§ 138 Abs. 1 BGB)

Selbst wenn man – entgegen der Auffassung meiner Mandantin – zugunsten Ihres Hauses von einem Vertragsschluss ausgehen wollte, wäre der von Ihnen behauptete Vertrag jedenfalls gemäß § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidriges, wucherähnliches Geschäft nichtig.

a) Krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung

Die geltend gemachte Vergütung von 5.950,00 € steht in einem auffälligen Missverhältnis zu der von Ihnen behaupteten Leistung:

  • Es handelt sich um schematische, standardisierte Dienste im Bereich Online-Werbung und Suchmaschinenoptimierung,

  • ohne erkennbaren individuellen Zuschnitt und ohne nachweisbaren wirtschaftlichen Mehrwert für meine Mandantin,

  • konkrete, dokumentierte Ergebnisse legen Sie nicht vor; die Leistungserbringung wird bestritten.

Bereits dies erfüllt das objektive Merkmal eines evidenten Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung.

b) Ausnutzung von Überrumpelung und Informationsasymmetrie

Hinzu kommt, dass Sie eine Überrumpelungssituation und eine deutliche Informationsasymmetrie gezielt ausnutzen:

  • Kontaktaufnahme über Cold Call ohne Vorankündigung,

  • Verwendung von Fachterminologie, die der durchschnittliche Handwerks-/KMU-Betrieb nicht einordnen kann,

  • Hervorhebung eines geringen Betrags (z.B. 83,00 €) im Gespräch, während tatsächlich ein hochpreisiges „Paket“ abgerechnet werden soll,

  • fehlende transparente Gesamtpreisnennung im Telefonat.

Damit nutzen Sie die fachliche Unterlegenheit und Unerfahrenheit meiner Mandantin in diesem speziellen Bereich aus, um eine unangemessen hohe Vergütung durchzusetzen.

c) Gesamtwürdigung

Unter Berücksichtigung

  • des extremen Missverhältnisses von Preis und Leistung,

  • der unzulässigen telefonischen Kaltakquise,

  • der bewussten Intransparenz des Vertragsinhalts und

  • der Ausnutzung einer Überrumpelungs- und Unterlegenheitssituation

stellt sich das behauptete Vertragsverhältnis selbst bei unterstelltem Vertragsschluss als sittenwidriges, wucherähnliches Geschäft im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB dar und ist damit nichtig.


8. Fazit und Aufforderung

Zusammenfassend gilt:

  1. Ein wirksamer Vertrag über die von Ihnen abgerechneten Leistungen zu 5.950,00 € ist nicht zustande gekommen.

  2. Hilfsweise wurde ein etwaiger Vertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten.

  3. Äußerst hilfsweise wurde der Vertrag außerordentlich gekündigt.

  4. Die Leistungserbringung wird bestritten; die Vergütung ist jedenfalls unangemessen überhöht.

  5. Hilfsweise ist der behauptete Vertrag wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig.

Meine Mandantin wird daher keine Zahlungen auf Ihre Rechnung vom 15.10.2025 leisten.

Ich fordere Sie auf,

  • die Forderung aus Ihrer Buchhaltung ersatzlos auszubuchen und

  • mir dies schriftlich innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieses Schreibens zu bestätigen.

Weitere Zahlungsaufforderungen, Inkassomahnungen oder Drohungen mit SCHUFA-Einträgen o.Ä. weist meine Mandantin zurück und behält sich ausdrücklich alle zivilrechtlichen, wettbewerbsrechtlichen und strafrechtlichen Schritte vor.

Bitte richten Sie zukünftige Korrespondenz ausschließlich an meine Kanzlei.

Mit freundlichen Grüßen

 

Rechtsanwalt  Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt 



Telefon 0351 8110233
kulzer@pkl.com

insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer Fachanwalt
01.10.2017 Wirtschaftsstrafrecht: Risikogeschäfte, Grundbegriffe, Täter, Vorsatz, Generalverantworung, Verfall, Betrug, Untreue
Information

Grundbegriffe
Ein bestimmtes  Verhalten ist dann eine Wirtschaftsstraftat, wenn es sich als tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung qualifizieren lässt und darüber hinaus etwaige sonstige Strafbarkeitsbedingungen erfüllt.

Bei den allermeisten Delikten "indiziert" die Tatbestandsmäßigkeit die Rechtswidrigkeit , so
dass eine tatbestandsmäßige  Handlung nur dann nicht rechtswidrig ist, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Eine Pflichtverletzung ist nur dann nicht gegeben, solange
die Grenzen, in denen ein von

  • Veranwortungsbewußtsein getragenes
  • ausschlíeßlich am Unternehmenswohl orientiertes, 
  • auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes
  • unternehmerisches Handeln

nicht überschritten ist, vgl.

BGHSt 50, 331, 337 Mannesmann und BGHSt 46, 30, 34 ff.; Wittig Wirtschaftsstrafrecht 3. Auflage S.271 Rdnr. 45.

Der Täter muss für eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung auch verantwortlich gemacht werden können. Er handelt schuldhaft (vorwerfbar), wenn ihm die Handlung persönlich vorzuwerfen ist (Schuldprinzip: Keine Strafe ohne Schuld).

Auf der Schuldebene kann der Verbotsirrtum von besonderer Bedeutung sein.
Ein solcher liegt vor,w enn der Täter sein Vorgehen für erlaubt hält und wenn dieser Verbotsirrtum für ihn vermeidbar war, § 17 Satz 1 StGB.
Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum jedoch nur dann, wenn der Täter alle seine Erkenntniskräfte eingesetzt hat und etwaige Zweifel durch Nachdenken oder Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (BGHSt 58,15, 29; 21,18,20).

Bei schwierigen Fragen des Wirtschaftsstrafrechts dürfte der Täter regelmäßig eine Erkundigungspflicht haben.

3. Täter
Täter kann nur sein, wer eine soche Täterqualifikation aufweist.
Die mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs.1 Alt.2 StGB ist dadurch gekennzeichnet, dass der Täter (Hintermann) die Tat durch einen anderen ("Tatmittler", "Vordermann") begeht, den er als "Werkzeug" instrumentalisiert. Der Hindermann nutzt dabei die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterlegene Stellung des Tatmittlers ("Defekt") aus, um so das Geschehen kraft seiner Willenskraft zu beherrschen, vgl Wessels Rn. 535 m.w.N.; Roxin AT II § 25 Rn. 45 ff.; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht § 6 Rdnr. 103.
Eine besondere Form der mittelbaren Täterschaft liegt vor, wenn "der Hintermann durch Organisationsstrukturen bestimmte Rahmenbedingungen ausnutzt, innerhalb derer sein Tatbeitrag regelhafte Abläufe auslöst (BGHSt 40, 218, 236)

Dadurch führt der Beitrag des Hintermannes ("Schreibtischtäter") trotz eines uneingeschränkt verantwortlich handelnden Tatmittlers nahezu automatisch zu der vom Hintermann erstrebten Tatbestandsverwirklichung (BGHSt 40, 218, 236).

4. Grundsatz der Allzuständigkeit und Generalverantwortung des Geschäftsführers

Wenn es mehrere Geschäftsführer in einem Unternehmen gibt, dürfen grundsätzlich die anderen Mitglieder der Geschäftsleitung auf das ordnungsgemäße Verhalten der zuständigen Mitglieder der Geschäftsleitung vertrauen.
Diese Verantwortung wird jedoch durch die aus dem Gesellschaftsrecht hergeleiteten Grundsätze der Allzuständigkeit und dem entsprechend der Generalverantwortung aller Mitglieder der Geschäftsleitung für die Belange der Gesellschaft ergänzt,  so dass auch bei einer Ressortverteilung dem nicht zuständigen Mitglied der Geschäftsleitung kraft seiner Generalverantwortung gewisse Überwachungspflichten verbleiben.

Aufgrund dieser Überwachungspflichten muss das Mitglied der Geschäftsleitung eingreifen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den zuständigen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet ist (BGH NJW 1997, 130, 132).

Der Grundsatz der Allzuständigkeit und Generalverantwortung gilt in folgenden Bereichen:

  • Produkthaftung
  • Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
  • Steuern
  • Insolvenzantragspflicht
  • Umweltstrafrecht

vgl. Wittig, Wirtschaftsstrafrecht 3. Auflage Rdnr. 124.

5. Der subjektive Tatbestand: Vorsatz
Der Vorsatz ist Bestandteil des subjektiven Tatbestandes und ist gegeben, wenn der Täter mit Wissen und Wollen an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes handelt.

Erscheinungsformen des Vorsatzes sind:

  • Absicht
  • direkter Vorsatz
  • bedingter Vorsatz (Eventualvorsatz, dolus eventualis: der Täter hält den Erfolg nur für möglich und nimmt ihn billigend in Kauf BGHSt 36, 1; 44, 99)

6. Sanktionierung - crime does not pay / Verfall

Nach deutschem Recht sind Kriminalstrafen gegen Unternehmen nicht möglich, da diesen die Handlungs- und Schuldfähigkeit fehlt.
Der Verfall dient der Abschöpfung deliktisch erzielten Vermögensvorteile und damit dem Ausgleich einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung ( BGHSt 57, 79, 83).

Der Verfall nach § 73 StGB setzt eine rechtswidrige Tat voraus (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 STGB) und tritt als öffentlich-rechtliche Maßnahme eigener Art, die weder Strafe noch strafähnlicher Maßnahme ist mit kondiktionsähnlichem Charakter.
Es soll das Prinzip gelten: "Crime does not pay".
Nach dem Bruttoprinzip ist der Zugriff auf den Gesamterlös (ohne Berücksichtigung Gewinn mindernder Aufwendungen) zulässig
Die Literatur spricht beim Verfall dann von Strafe von über die Erstattung des Nettoprinzips hinaus Zugriff auf den Gesamterlös geübt wird.

Der Verfall gemäß § 73 Abs.1 S.1 StGB und 73 a StGB ist unzulässig, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder dem Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten wieder entziehen würde (§ 73 I 2 StGB)

Nach herrschender Meinung steht § 73 Abs.1 S.2 StGB einer Verfallsanordnung nach § § 73 I 1 StGB bereits bei rechtlicher Existenz des Anspruchs eines Geschädigten entgegen, ob dieser auch geltend gemacht wird oder damit noch gerechnet werden kann, ist unerheblich, BGH NStZ 2001, 257; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 118 Rdnr. 19.

Das für die Tat Erlangte unterliegt dagegeben dem Verfall ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (BGH NStZ 2011, 229 Kunstfälschersystem).

7. Wirtschaftsstraftaten (Auszug)
7.1. Betrug, § 263 StGB

Der Betrug ist das häufigste Delikt im Wirtschaftsstrafrecht; es ist ein Kommunikationsdelikt.
Tathandlung ist die Täuschung über Tatsachen.
Die Täuschung kann ausdrücklich, konkludent oder durch Unterlassen erfolgen.
Eine Täuschung durch Unterlassen kann z.B. vorliegen, wenn entweder die Entstehung oder Verfestigung eines Irrtums nicht aufgeklärt wird, BGH ST 39, 392; Wittig Wirtschaftsstrafrecht s. 154 Rdnr. 36.
Auf eine Täuschung durch Unterlassen finden die allgemeinen Regeln Anwendung, die für die Strafbarkeit des unechten Unterlassungsdelikts gelten, § 13 StGB.

Erforderlich ist somit vor allem eine aus einer Garantenstellung des Täters fließende betrugsspezifische Garantenpflicht, d.h. eine vermögensbezogene Aufklärungspflicht, die gerade dem Schutz des Opfers vor vermögensbezogenen Selbstschädigungen im konkreten Fall dient.

Die Garantenpflicht kann sich - in Anlehnung an die Rechtspflichtstheorie (BGHSt 19, 176) aus Gesetz, Vertrag, Treu und Glauben oder Ingerenz ergeben.
Ingerenz ist ein gefährdendes, pflichtwidriges Vorverhalten, OLG Stuttgart NJW 1969, 1975; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht S. 155 Rdnr. 41.
Das ist der Fall, wenn der Täter (unerlaubt)eine Irrtumsgefahr geschaffen hat.

Beim Vertrag muss ein durch das Vertragsverhältnis vermitteltges besonderes Vertrauensverhältnis mit besonderen Umständen im zwischenmenschlichen Bereich hinzutreten, vgl. Wittig, Wirtschaftsstrafrecht S. 156 Rdnr. 42.

Ein Beispiel für Konstellationen mit einer betrugsspezifischen Garantenstellung sind Verträge mit besonderen Informations- und Beratungscharakter, z.B. Verträge mit Anlage- und Vermögensberatern, Steuerberatern und Rechtsanwälten. Auch Gebrauchtwagenverkäufer sind wegen ihrer besonderen Fachkunde aufklärungspflichtig hinsichtlich eines Unfallschadens, vgl. BayObLG NJW 1994, 1078; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 157.

Eine Garantenpflicht kann sich auch aus Treu und Glauben  (§ 242 BGB) ergeben, BGHSt 6, 198, 199; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 157.

7.2.. Untreue
Neben Betrug ist Untreue (§ 266 StGB) der zweitwichtigste Tatbestand für den Vermögensschutz. Rechtsgut des § 266 ist das individuelle Vermögen des Treugebers- als fremdes Vermögen.
Fremd ist Vermögen, wenn es zumindest auch im Eigentum einer anderen natürlichen oder juristischen Person steht. Fremd ist damit das Vermögen der GmbH für den Geschäftsführer aber auch für den oder die Gesellschafter.

Der Untreuetäter hat gegenüber dem geschädigten Vermögen eine besondere Pflichtenstellung.

Täter kann nur der Vermögensbetreuungspflichtige sein - Außenstehende kommen lediglich als Teilnehmer gemäß §§ 26, 27 StGB in Betracht.

Der Untreuetatbestand enthält zwei Tatbestandsalternativen, den Missbrauchstatbestand ( § 266 I Alt.1 StGB) und den Treuebruchstatbestand ( § 266 I Alt.2 StGB)

Der Missbrauchstatbestand setzt voraus, dass der vermögensbetreuungspflichtige Täter die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft (wirksam) eingeräumt Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, eine Nachteil zufügt.
"Der Täter handelt intern pflichtwidrig, aber extern wirksam."

Risikogeschäfte
Besonders bei Risikogeschäften stellt sich die Frage, ob dies dem Täter im Innenverhältnis gestattet ist, soweit nicht ein Einverständnis des Geschäftsherrn vorliegt.

Sind nach dem Inhalt der Befugnis riskante Geschäfte nicht gestattet, ist ein Risikogeschäft im Innenverhältnis pflichtwidrig, vgl. Fischer § 266 Rdnr.65; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 270 Rdnr. 43.

Nach BGHSt 50, 331 (Mannesmann) ist für die Annahme einer Untreue nicht erforderlich, dass die Pflichtverletzung gravierend ist, vgl. auch Wittig Wirtschaftsstrafrecht 3. Auflage 2014 S. 273.

In Zweifelsfällen ist anhand einer Einzelbetrachtung festzustellen, ob sich der Täter im Rahmen des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis hält. Hierbei ist bei einer objektiven ex-ante- Sicht auf den Zeitpunkt der Handlung abzustellen, Fischer, § 266 Rdnr. 68; OLG Karlsruhe NJW 2006, 1682, 1683; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 272.

Einverständnis mit der Vermögensschädigung
Ein Untreuetatbestand ist in der Regel nicht erfüllt, wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis erklärt hat, BGH NJW 2000, 154, 155; BGHSt 55, 266,278; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 279 ff.
Das Einverständnis muss jedoch vor der Tat vom Geschäftsherren erklärt werden, BGHSt 50, 331, 342.
Ein Einverständnis ist pflichtwidrig und unwirksam, wenn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen, das der Verfügungsmacht der Gesellschafter im Interessse der Gläubiger entzogen ist, unter Verletzung der Kapitalerhlatungsvorschriften an die Gesellschafter ausgezahlt wird, BGH NJW 2002, 154.
Gleichermaßen ist das Einverständnis unwirksam, wnn durch den Eingriff die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft in anderer Weise konkret und unmittelbar gefährdet wird, BGHSt 35, 333, 335 f.: 49, 147, 157 f.; Wittig Wirtschaftsstrafrecht S. 283  Rdnr. 74.
Beispiele:

  • Herbeiführung Überschuldung
  • Gefährdung Liquidität
  • Gefährdung Stammkapital
  • Entzug der Produktionsgrundlagen

7.3. Insolvenzstraftaten (§ 283 ff. StGB)
7.4. Bestechlichkeit
7.5. Amtsträgerbestechung ( §§ 331 f. StGB)
7.6. Falschangabedelikte (§§ 82 GmbHG)
7.7. Straftaten des WpHG


 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Rechtsanwal, Fachanwalt, Strafverteidiger in Insolvenzstraftaten

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