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Kommunale Selbstverwaltung/ Befassungs- und Beschlusskompetenz der Stadt- und Gemeinderäte

1. Einleitung

Bezüglich des zwischen der USA und der Europäischen Union verhandelten Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) wurden die Rechtsfrage aufgeworfen, welche Kompetenzen die Kommunalvertretungen im Hinblick auf geplante internationale Freihandelsabkommen haben. Insbesondere war von Bedeutung ob und, wenn ja, in welchem Umfang sich die Kommunalvertretungen mit den Freihandelsabkommen befassen und dazu Beschlüsse erlassen dürfen.

Die Befassungs- und Beschlusskompetenz der Stadt- bzw. Gemeinderäte soll daher nachfolgend untersucht werden.

2. Befassungs- und Beschlusskompetenz der Gemeinden auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft

Den Gemeinden haben nach Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.

Art. 28 GG garantiert die kommunale Selbstverwaltung im eigenen Wirkungskreis.

Die Gemeinden sind in diesem Rahmen allzuständig.

Die Garantie der Selbstverwaltung begründet und begrenzt die Kompetenzen der Gemeinden. 

Sie haben folgende Aufgaben:

  • ausdrücklich durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben und
  • „unbesetzte Aufgabe“ das heißt Aufgaben, die bisher nicht einem anderen Träger öffentlicher Verwaltung (z.B. Bund oder Land) durch Gesetz zugewiesen ist.
  • Aufgaben, sich aus ihrer ortsbezogenen Sicht mit bestimmten Fragen zu befassen, die zwar anderen Hoheitsträgern zugewiesen sind, aber spezifisch ortsbezogene Auswirkungen auf die Erledigung gemeindlicher Aufgaben haben. 

Alle Aufgaben und Fragen müssen müssen sich auf den kommunalen Wirkungskreis der Gemeinde beziehen- insoweit findet sich eine Kompetenzbegrenzung.

Das kommunale Selbstverwaltungsrecht gestattet danach die Befassung der Gemeinden mit einem bestimmten Fragestellungen und Maßnahmen nur, wenn diese zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört (Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG)- also einen spezifischen örtlichen Bezug haben.

Nach der Definition der Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sind dies „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen“, vgl. Rastede Entscheidung von 1988.

Gemeinden könne sich daher nicht mit allgemeinpolitischen Themen befassen und Maßnahmen, die keinen spezifischen örtlichen Bzug haben, sind rechtswidrig, da es an der gemeindlichen Zuständigkeit fehlt.

Der Stadtrat ist Verwaltungsorgan- er handelt hoheitlich auf Basis einer Rechtsgrundlage. Die Kompetenzregelung - und begrenzung muss der Gemeinderat als kommunales Hauptverwaltungsorgan beachten.

Rechtsgrundlage des Handelns ist die Gemeindeordnungen der Länder.

Wird diese überschritten, ist das Handeln des Stadtrates kompetenz- und damit rechtswidrig.

Auch das bloße Befassen mit einer Sache erfordert eine  Rechtsgrundlage -also auch für symbolische Entschließungen; Beispiel: Erklärung des Gemeindegebiets zur „atomwaffenfreien Zone.


Etwaige Apelle des Stadtrats müssen daher „in spezifischer Weise ortsbezogen“ sein.

Für die spezifische Ortsbezogenheit genügt es nicht, dass der Stadtrat nur für die eigene Stadt spricht, sonst könnte sich jede Stadt mit jedem landes- und bundespolitischem Thema befassen, das in irgendeiner Weise, gegebenenfalls nur mittelbar die Stadt betrifft oder in Zukunft betreffen könnte.

Die Begrenzung würde ansonsten völlig leer laufen.

Der Ortsbezug muss daher spezifisch sein.

Ein spezifischer Ortsbezug ist dann gegeben, wenn diese sich gerade und in besonderer, also sich von anderen Städten unterscheidender Weise auf die fragliche Stadt auswirken.

Äußerungen, die den Charakter allgemeinpolitischer Stellungnahmen haben oder den Anschein solcher Stellungnahmen erwecken, sind in jedem Fall unzulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zu entscheiden, ob sich Beschlüsse von Kommunalvertretungen, die vor dem politischen Hintergrund der Nachrüstungsdebatte Anfang der 1980er Jahre gefasst worden waren, im Rahmen der gemeindlichen Zuständigkeit hielten.

Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich der durch das Bundesverfassungsgericht im Rastede-Beschluss getroffenen Definition der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft an und präzisierte hiervon ausgehend den Handlungsspielraum der Kommunalvertretungen.

Im konkreten Fall entschied es, dass die Erklärung eines Gemeindegebiets zur „atomwaffenfreien Zone“ durch die Gemeindevertretung die Grenzen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde überschreite.

Der Beschluss sei zwar äußerlich auf das Stadtgebiet bezogen, bringe aber in der Sache eine politische Ablehnung der durch den Bund beschlossenen Bewaffnung zum Ausdruck.

Als vom kommunalen Selbstverwaltungsrecht umfasst erachtete das Bundesverwaltungsgericht dagegen einen Beschluss einer Gemeindevertretung, der sich lediglich zu einer etwaigen Atomwaffenstationierung im örtlichen Umfeld der Gemeinde äußerte und keine allgemeinpolitische Aussage enthielt.

Ein spezifischer Ortsbezug lag insoweit vor.

3. Aktuelle Entscheidungen zur Befassung mit den Freihandelsabkommen

Nach den oben dargestellten Grundsätzen liegt auch bei der Befassung mit Freihandelsabkommen keine Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne des Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG vor.

Zwar könnten solche Abkommen – unter Umständen auch erhebliche – Auswirkungen auf die Wahrnehmung kommunaler Aufgaben haben.

Dies macht aber mögliche Freihandelsabkommen nicht zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.

Die kommunale Zuständigkeit ist erst dann eröffnet , wenn ein spezifischer Bezug zur örtlichen Gemeinschaft besteht.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Freihandelsabkommen bestimmte Gemeinden im Vergleich zu anderen Gemeinden in herausgehobener Weise und damit spezifisch ortsbezogen beträfen.

Die Regelungen möglicher Freihandelsabkommen würden im ganzen Bundesgebiet gelten und haben damit Bezug zu allen Städten.

Die Verbandskompetenz der Städte erstreckt sich daher nicht auf eine politische Befassung mit den Freihandelsabkommen.

Dies hat zur Folge, dass auch der Stadtrat als Verwaltungsorgan der Gemeinde insoweit weder Beschlüsse fassen, noch sich überhaupt in politischer Hinsicht mit den Abkommen befassen darf.

Schon die Befassung als solche, d.h. schon die Erörterung des Themas, auch wenn danach kein Beschluss dazu gefasst wird, wäre unzulässig.

Zulässig wäre eine Befassung hingegen, wenn diese nicht der politischen Erörterung der Abkommen, sondern etwaigen Entscheidungen gilt, die als Folge von Freihandelsabkommen auf dem Gebiet der kommunalen Aufgabenwahrnehmung zu treffen sind.

Letztlich geht es hierbei allein darum, die Art und Weise der Wahrnehmung kommunaler Selbstverwaltungsaufgaben an die entsprechenden Rechtsänderungen anzupassen.

Dies ist von der gemeindlichen Zuständigkeit selbstverständlich umfasst.

Die Kommunalvertretung hat bei einer derartigen Befassung aber nicht die Kompetenz, ihre politische Auffassung zu einer bevorstehenden oder erfolgten Rechtsänderung kundzutun.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind bereits Äußerungen, die den Anschein allgemeinpolitischer Stellungnahmen erwecken, unzulässig.

Daher erscheint es nur schwer vorstellbar, dass sich die Kommunalvertretungen im Rahmen ihrer Kompetenzen schon vor der Verabschiedung der Freihandelsabkommen mit kommunalen Anpassungen befassen dürfen, die erst nach der Verabschiedung der Abkommen möglicherweise notwendig werden.

Im Hinblick auf die Behandlung von Anträgen zur Tagesordnung, die außerhalb der gemeindlichen Zuständigkeit liegen, gilt folgende Verfahrensweise:

Das Kommunalrecht einiger Bundesländer regelt ausdrücklich, dass nur solche Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden dürfen, die zum Aufgabengebiet des Gemeinderates bzw. der Gemeinde gehören (so etwa § 34 Absatz 1 Satz 5 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg; § 56 Absatz 1 Hessische Gemeindeordnung). Der Bürgermeister (oder sonstige Vorsitzende des Gemeindesrates) hat in diesen Fällen ein materielles Vorprüfungsrecht im Hinblick auf die Verbands- und Organkompetenz und eine korrespondierende Vorprüfungspflicht.

In Ländern, in denen eine solche Regelung nicht besteht, verneint die Rechtsprechung ein solches materielles Vorprüfungsrecht des Bürgermeisters.

Er muss Beratungsgegenstände, wenn sie in Erfüllung der kommunalrechtlichen Quoren von den Ratsmitgliedern beantragt werden, daher auf die Tagesordnung setzen.

Mangels Befassungskompetenz ist der Gemeinderat zur Vermeidung rechtswidrigen Handelns aber verpflichtet, einen von der Verbandskompetenz nicht gedeckten Tagesordnungspunkt nach Eröffnung der Gemeinderatssitzung von der Tagesordnung abzusetzen.


4. Fazit

Den Stadträten stehen Befassungs- oder Beschlusskompetenzen im Hinblick auf eine politische Erörterung oder Bewertung der militärischen Nutzung eines Flugplatzes nicht zu.

 

Rundschreiben des Deutschen Städtetages vom 17. März 2015

„Sehr geehrte Damen und Herren,
der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat auf Grundlage eines Kurzgutachtens die Frage aufgeworfen, welche Befassungs-und Beschlusskompetenzen die Kommunalvertretungen im Hinblick auf geplante Internationale Freihandelsabkommen haben und diese verneint. Die Ergebnisse dieses Kurzgutachtens sind in dem Infobrief „Befassung- und Beschlusskompetenz der Kommunalvertretung im Hinblick auf internationale Freihandelsabkommen“ vom 11. Februar 2015 dargelegt, der als Anlage beigefügt ist.

Nach unserer Auffassung ist die dort vertretene Rechtsauffassung unzutreffend.

Hintergrund für die in dem beigefügten Infobrief der Wissenschaftlichen Dienste behandelten Rechtsfragen sind die zahlreichen Resolutionen aus den Stadt- und Gemeinderäten sowie den Kreistagen der Kommunen, die auch dem Deutschen Städtetag sowie den anderen kommunalen Spitzenverbänden zugegangen sind. Die Wissenschaftlichen Dienste gelangen in dem Ergebnis zu der Auffassung, dass weder den Gemeinderäten noch den Kreistagen Befassungs- oder Beschlusskompetenzen im Hinblick auf eine politische Erörterung oder Bewertung der Freihandelsabkommen zustehen.

Der Infobrief der Wissenschaftlichen Dienste behandelt nicht nur das europäisch-kanadische Abkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) und das Dienstleistungsabkommen TiSA (Trade in Services Agreement), sondern auch das derzeit zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten verhandelte Abkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership).

Die Gründe für die zahlreichen Resolutionen sind die Befürchtungen, dass der Abschluss dieser Freihandelsabkommen u.a. in die kommunale Organisationsfreiheit bei der Daseinsvorsorge wie Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Öffentlicher Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen, Krankenhäuser, Kultur usw. eingreift und die Durchführung dieser Dienstleistungen in erheblichem Maße beeinträchtigt. Deshalb wurde zu diesen Themen sowie den Themen öffentliches Beschaffungswesen und Wettbewerbsrecht, Investorenschutz, Erhaltung der Schutzstandards im Umwelt- und Verbraucherschutz im Oktober 2014 ein gemeinsames Positionspapier der kommunalen Spitzenverbände und dem Verband kommunaler Unternehmen veröffentlicht.
 
Dieses kann unter folgender Adresse heruntergeladen werden:
http://www.staedtetag.de/fachinformationen/wirtschaft/index.html
 
Die Verfasser dieses Papiers fordern darin die Verhandlungsführer auf, den ausreichenden Schutz dieser Punkte zu gewährleisten.

Die Befassungs- und Beschlusskompetenz der Kommunen lässt sich nach unserer Auffassung wie folgt begründen:

Gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG wird das Recht der Kommunen gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Hinsichtlich dieser Angelegenheiten besteht eine Allzuständigkeit der Kommunen. Zu den durch die Gemeinden wahrgenommenen Aufgaben gehören neben den Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, die freiwilligen und pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten. Diese werden den Gemeinden unmittelbar durch das Grundgesetz zugesichert. Allerdings ist dabei zu beachten, dass sich diese nur auf örtliche Angelegenheiten erstreckt und damit räumlich begrenzt sind.

Insofern kommt es bei der Beantwortung der Frage nach der bestehenden Beschluss- und Befassungskompetenz für die Resolution zu dem Freihandelsabkommen darauf an, ob diese Angelegenheiten räumlich begrenzt sind.

Das Bundesverfassungsgesetz hat sich in seinem Rastede-Beschluss (BVerfGe 79, 127, 151) mit dieser Frage befasst und eine Definition der Bedürfnisse und Interessen vorgenommen, die „in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben“ und den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und –wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen. Damit zählt zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nicht die Befassung der Gemeinde mit allgemeinen politischen Fragen, auch wenn es sich hierbei lediglich um „appellative“ oder „symbolische“ Entschließungen handelt.

Als eine derartige symbolische Entschließung stufte das Bundesverwaltungsgericht kommunale Erklärungen zur „atomwaffenfreien Zone“ ein. In derartigen Fällen kann der spezifische örtliche Bezug auch nicht durch die Klarstellung der Gemeindevertretung, nur für die eigene Gemeinde sprechen zu wollen, hergestellt werden. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts könnte sich auf diese Art und Weise jede Kommune unter dem Schutzmantel der kommunalen Selbstverwaltung zu politischen Fragen äußern, die nicht in ihren Kompetenzbereich fallen.

Mit dieser Argumentation verneint auch der Wissenschaftliche Dienst den spezifischen Ortsbezug auf die Freihandelsabkommen mit der Begründung, dass die Abkommen im ganzen Bundesgebiet gelten und damit jede Gemeinde im gleichen Maße betroffen sei.

Diese Auffassung ist allerdings nach unserer Auffassung nicht zutreffend.

Vielmehr haben die geplanten Freihandelsabkommen Auswirkungen auf das jeweilige Gemeindegebiet der beschlussfassenden Gemeinde.


Dieses ist mit Blick auf die befürchteten Einschränkungen hinsichtlich der kommunalen Organisationshoheit bei der Daseinsvorsorge regelmäßig zu bejahen.

Die sich möglicherweise ergebenden Marktzugangsverpflichtungen im Rahmen von Freihandelsabkommen wirken sich, wie bereits erwähnt, auf die Erbringung typisch kommunaler Dienstleistungen, wie die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, den regelmäßig kommunal organisierten und durchgeführten Öffentlichen Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen oder Krankenhäuser aus.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist zwar nicht absehbar, wie sich die Ausgestaltung des Freihandelsabkommen letztendlich vollziehen wird.

Gleichwohl steht aufgrund des am 26.09.2014 veröffentlichten Entwurfs des konsolidierten Textes zu CETA zu befürchten, dass sich aus einer zumindest nicht auszuschließenden Liberalisierung konkrete Auswirkungen auf das jeweilige Gemeindegebiet oder kommunalgetragene Unternehmen ergeben können.

Eine ähnliche Einschätzung lässt sich - ebenfalls unabhängig davon, dass der derzeitige Verhandlungsstand eine kommunalverträgliche Regelung erwarten lässt - auch im Hinblick auf die Anwendung von Stillstands- und Ratchetklauseln festhalten, mit den bestehende Liberalisierungsniveaus nicht verändert werden können und das jeweils höchste Liberalisierungsniveau zum Standard erklärt wird.

In diesem Bereich bestand, ob zu Recht oder zu Unrecht bleibt noch abzuwarten, die Befürchtung, dass die mögliche Rekommunalisierung von Daseinsvorsorgeeinrichtungen, wie sie aktuell im Bereich der Energieversorgung bzw. in der Vergangenheit auch im Bereich der Abfallwirtschaft vollzogen wurden, künftig ausgeschlossen sein könnten und damit kommunale Handlungsspielräume auch konkret vor Ort beschränkt werden.

Daraus ergibt sich nach unserer Auffassung, dass zumindest mit Blick auf die kommunale Daseinsvorsorge durchaus ein örtlicher Bezug herstellbar ist.

Das Gleiche hat auch für die europäischen Vergabe- und Konzessionsregeln zu gelten, die mit Blick sowohl auf die Wasserversorgung wie auch das Rettungswesen im europäischen Rahmen Ausnahmen vom Vergaberecht vorsehen. Würden die angesprochenen Bereiche ebenfalls den Regeln des Vergaberechts unterworfen. So bedeutete das eine erhebliche Betroffenheit der betroffenen Kommunen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln.

Dieses Ergebnis stimmt auch mit der Auffassung des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2014 überein, in dem klargestellt wird, dass eine Befassungskompetenz der Räte und Kreistage im Einzelfall gegeben ist.

Darüber hinaus spricht das Gutachten den Kommunen das Recht ab, sich im Vorfeld mit möglichen Auswirkungen von Freihandelsabkommen zu befassen. Es kommt zu dem Ergebnis, dass eine Befassungskompetenz erst dann gegeben sei, wenn durch die Kommunen Entscheidungen als Folge des Abkommens auf dem Gebiet der kommunalen Aufgabenwahrnehmung getroffen werden.

Es sei nur „schwer vorstellbar, dass sich die Kommunalvertretung im Rahmen ihrer Kompetenzen schon vor der Verabschiedung der Freihandelsabkommen mit kommunaler Anpassung befassen dürfen, die erst nach der Verabschiedung der Abkommen möglicherweise notwendig werden“.

Da das Bundesverwaltungsgericht in der angesprochenen Entscheidung aus dem Jahr 1990 zur Lagerung von Atomwaffen entschieden hat, dass ein spezifischer Ortsbezug, wie ihn das Bundesverfassungsgericht fordert, bereits dann gegeben sei, wenn sich eine Kommune lediglich vorsorglich und ohne unmittelbaren Anlass mit der entsprechenden Frage befasst, ist den Kommunen auch eine antizipatorische Äußerung im Sinne einer vorausschauenden Vorsorge möglich.

Aus dieser Auffassung ergibt sich, dass insbesondere bei einer vorsorglichen Entscheidung eine Befassung durch die Kommunen rechtmäßig ist.

In der Anhörung des Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags zu Freihandelsabkommen am 16.03.2015 hat der Unterzeichner darauf hingewiesen, dass wir die Rechtsauffassung des wissenschaftlichen Dienstes nicht teilen.“

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat uns im Schreiben vom 19. März 2015 mitgeteilt, dass er sowohl in der Sache ein generelles formelles Befassungsverbot von Kommunalvertretungen im Hinblick auf internationale Freihandelsabkommen für rechtlich nicht haltbar und zudem auch für politisch nicht zielführend erachtet.

Wir teilen die Auffassungen des Deutschen Städtetages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in dieser Angelegenheit vollumfänglich.

Damit hält auch der Städte- und Gemeindebund Brandenburg e.V. eine Befassungs- und Beschlusskompetenz der Kommunalvertretungen im Hinblick auf internationale Freihandelsabkommen für gegeben, wenn ein spezifischer Ortsbezug, wie ihn das Bundesverfassungsgericht fordert, hergestellt werden kann.

Bei den in Diskussion befindlichen Freihandelsabkommen mit befürchteten Auswirkungen auf die Erbringung typisch kommunaler Dienstleistungen, wie die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, den regelmäßig kommunal organisierten und durchgeführten Öffentlichen Personennahverkehr, Sozialdienstleistungen oder Krankenhäuser halten wir daher eine Befassungskompetenz der Kommunalvertretungen zweifelsfrei für gegeben.

Sebastian Kunze, Referatsleiter



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