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Insolvenzrecht A bis Z
Future Business KGaA
Mit Urteil des Oberlandesgerichts Dresden, 8. Zivilsenat vom 14.2.2019, hat das Gericht die Hauptanträge der Klagen des Insolvenzverwalters Dr. Kübler als Insolvenzverwalter gegen die Future Business KGaA auf Feststellung der Nichtigkeit der Jahresabschlüsse 2009 und 2010 abgewiesen. 

1. Klagebefugnis 
Der Kläger war klagebefugt.
Das Gericht begründete diesen streitigen Punkt ausführlich.

2. Mängel des Anwaltsdienstleistungsvertrages 
Etwaige Interessenkonflikte des Verwalters, weil er Verwalter der KGaA und gleichzeitig des ehemaligen Komplementärs ist, machen die Prozessvollmacht nicht unwirksam. 

3. Passivlegitimation
Die Beklagte ist passivlegitimiert.
Mit der Insolvenz des Komplementärs ist dieser aus der KGaA ausgeschieden.
Die Gesellschaft wurde führungslos.
Das Gericht hat aber für die Nichtigkeitsfeststellungsklagen einen Prozeßpfleger bestellt, der die Gesellschaft im Nichtigkeitsfeststellungsprozess vertritt.

4. Faires Verfahren
Das Gericht erkannte keinen Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens, da die Beklagte mittellos ist (Die Insolvenzmasse verwaltet allein der Insolvenzverwalter- die Gemeinschuldnerin hat nichts mehr) . 

5. Unzulässigkeit der Klagen
Die Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit der Jahresabschlüsse 2009 und 2010 sind seit der Neuaufstellung der Jahresabschlüsse für die Insolvenzschuldnerin unzulässig, weil dem Kläger seither wegen Wegfalls des Angriffsgegenstandes das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt. 

6. Neuerstellung der Jahresabschlüsse
Die vom Insolvenzverwalter neu erstellten Jahresabschlüsse haben nach ausdrücklicher mehrfacher Darstellung des Klägers die streitgegenständlichen, vom Kläger für nichtig erachteten Jahresabschlüsse, ersetzt.
Andere Verwalter in Parallelprozessen haben sich (in den Nichtigkeitsfeststellungsprozessen) bei den Nichtigkeitsklagen darauf berufen, die neuen Bilanzen seien lediglich Alternativberechnungen.

7. Gültigkeit der neuen Jahresabschlüsse?
Das OLG prüfte nicht, ob die neuen Jahresabschlüsse wirksam oder nichtig sind. 
Die Ersetzung der Jahresabschlüsse erschien aus Sicht des OLG vorliegend nicht willkürlich.
Das Gericht führte aus, dass die neuen Jahresabschlüsse dem erstem Anschein nach nicht nichtig seien („Nichtigkeit sei nicht auf die Stirn geschrieben“). Bei der Future Business KG aA waren die Jahresabschlüsse nicht prüfungspflichtig, weil die Gesellschaft nicht die Größenmerkmale einer prüfungspflichtigen Gesellschaft erfüllte.
 
8. Nichtigkeitsfeststellung vor der Ersetzung?
Die insoweit vom Insolvenzverwalter hilfsweise erhobene Feststelllungsklage bleibt ohne Erfolg.

9. Gewinnverwendungsbeschlüsse
In der Sache ohne Erfolg blieben die von der Beklagten eingelegten Berufungen, soweit die Gewinnfeststellungsbeschlüsse betroffen sind.
Den (alten) Gewinnverwendungsbeschlüssen sei durch die Ersetzung der (neuen) Jahresabschlüsse, auf denen sie basieren, die Grundlage entzogen.

Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

15.02.2022 Täuschung über die Änderung eines Geschäftsmodells / (neue) strafrechtliche Fallstricke für Manager
Information

Kann man über eine Änderung der bisherigen Geschäftstätigkeit (oder des Geschäftsmodells) einer Gesellschaft täuschen und erfüllt damit den objektiven Tatbestand des Betrugs?

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs: ja.

Die maßgebliche Stelle aus der Urteilsbegründung des BGH 5 StR 443/19 im Strafverfahren gegen die  Manager im Infinus- Fall wird unten dargestellt. 

Die Geschäftstätigkeit der Infinus bestand früher im Wesentlichen darin, gebrauchte Lebensversicherung von Kunden aufzukaufen und diese fortzuführen. Anlegern der Infinus-Gruppe wurde einen Rendite von ca. 6 Prozent versprochen.
Jahrelang erhielten alle Anleger bei Fälligkeit die Auszahlung bzw Rückzahlung bis nach einer anonymen Strafanzeige das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen in den Geschäftsräumen durchführte, Geschäftskonten beschlagnahmten und die Mananger vorläufig festnahmen.
Die Infinus-Gruppe geriet danach in die Insolenz.

Strafrechtlich war der Vorwurf gegenüber dem Management, dass sich das anfängliche Geschäftsmodell geändert habe, als es keine nennenswerte Verzinsung der Lebensversicherungseinlagen mehr gab. Fortan wurden von der Infinus auch umsatzhohe Eigenabschlüsse von Versicherungen getätigt und Goldsparpläne abgeschlossen. 

Das hätte den Kunden (klarer) mitgeteilt werden müssen, so der BGH.
Weil das nicht erfolgte, hätten die Manager getäuscht - die langjährig verhängten Haftstrafen der Manager seien daher nach Auffassung des BGH gerechtfertigt.

Was genau, wann vom Geschäftsmodell geändert wurde, ist im BGH Urteil nicht aufgeführt. Müssen nicht alle Manager immer sehen, was auf dem Markt geht und was nicht und die Geschäftstätigkeiten immer anpassen? Müssen Sie das jetzt permanent auf dem Schirm haben und die Änderungen gegenüber dem Handelsregister und den Geschäftspartnern kommunizieren ( Beispiel:
Wir kaufen jetzt kein Silber mehr, wir kaufen jetzt Gold oder: Bisher kauften wir überwiegend Gas, jetzt kaufen wir Öl usw.) 

Der Vorwurf war also: Es erfolgte eine Änderung des Geschäftsmodells ohne transparente Kommunikation.

Die Änderung des Geschäftsmodells per se ist natürlich nicht strafbar.
Aber wenn ein Anleger oder stiller Gesellschafter darauf seine Investitionsentscheidung stützt, dann kann der sich täuschen.

Was sich der Anleger genau vorstellt, das wurde vom BGH verallgemeinert.
Man müsse das nicht so im Detail sehen.

Durch diese "Verallgemeinerung" wird durch das Urteil in ähnlichen Fällen (Anleger geben Geld; Unternehmen gerät in die Insolvenz) Beachtung finden, wenn sich irgendetwas an der Geschäftstätigkeit geändert hat.  Ich prognostiziere, dass es in Insolvenzverfahren künftig viel mehr Anklagen mit dem Vorwurf  des Betrugs kommen  werden, weil eine Geschäftstätigkeit als "verändert" dargestellt wird.

Ist zum Beispiel die Umstellung der Autoproduktion auf E- Fahrzeuge eine solche Änderung? Müssten daher nicht alle Anleger vor dem Kauf von Aktien informiert werden? Und wenn nicht: droht Risiko für alle Manager (auch Aufsichtsberater und Rechtsberater des Unternehmens)?
Aus meiner Sicht ja: Das Urteil wird ein Einschnitt.

Die Entscheidung ist in der Begründung (Änderung der Geschäftstätigkeit)  leider nicht scharf und für alle Manager schwer kalkulierbar.

Zur Begründung des BGH:

Eine Täuschungshandlung wird durch die Urteilsgründe belegt.

a) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat sich das Landgericht bei der Bestimmung des Inhalts der Täuschungshandlung nicht lediglich auf die allein wertenden und damit keinen Tatsachenkern enthaltenden Aussagen von Vermittlern in Beratungsgesprächen gestützt, die F. betreibe ein tragfähiges Geschäftsmodell und sei ein prosperierendes Unternehmen. Denn ausweislich der Urteilsgründe haben die Vermittler den Anlegern durchweg die Geschäftstätigkeit der F. „mehr oder weniger ausführlich“ erklärt, was einen Tatsacheninhalt aufweist. Damit haben sie gegenüber den Geschädigten insbesondere zum Ausdruck gebracht, die F. erwirtschafte Einnahmen über den Zweitmarkt für Versicherungen. Vor allem war aber hierin begriffsnotwendig die Aussage enthalten, dem Unternehmen würde im Ergebnis per Saldo Geldwert zugeführt. Dagegen wurde der für die Anleger wichtige Umstand verschleiert, dass die F. die Umsätze letztlich größtenteils durch gruppeninterne Verträge selbst steuerte und finanzierte und hierdurch nur bilanziell Gewinne ausweisen konnte, tatsächlich aber Verluste erzielte.

b) Für die Bestimmung des Täuschungsgehalts konnte das Landgericht auch ergänzend auf die in den Basisprospekten enthaltenen wesentlichen Behauptungen zurückgreifen. Diesbezüglich hat es zwar festgestellt, dass eine Vielzahl der Anleger die Prospekte nicht gelesen, bisweilen sogar nicht erhalten hatte. Die Vermittler waren aber durch Schulungen dazu angehalten worden, sich bei den Beratungen am Inhalt der Prospekte zu orientieren, was sie nach den Feststellungen des Landgerichts auch befolgten.

c) Entgegen der Ansicht der Revisionen entfiele die Täuschung auch nicht, falls die Geschäftsvorfälle in den Jahresabschlüssen korrekt behandelt worden wären. Ob dies überhaupt der Fall war – jedenfalls die Voraussetzungen für die Aktivierung von Anschaffungsnebenkosten bei den Goldsparverträgen erscheinen aus den vom Landgericht genannten Gründen zweifelhaft –, kann im Ergebnis offenbleiben. Denn für die Bestimmung des Täuschungsgehalts einer Erklärung kommt es auf den Gesamteindruck des Adressaten nach der objektiven Verkehrsanschauung an (BGH, Urteil vom 24. April 2001 –  4 StR 439/00, BGHSt 47,  1 , 3 f.; Matt/Renzikowski/Saliger, StGB, 2. Aufl., §  263 Rn. 23). Will man angesichts des festgestellten Inhalts der Beratungsgespräche überhaupt auf die Bedeutsamkeit schriftlicher Darstellungen der Geschäftstätigkeit der F. abstellen, ergab sich der Gesamteindruck für die Anleger vorliegend nicht lediglich aus den erstellten Jahresabschlüssen, sondern in erster Linie aus den ausgegebenen Basisprospekten (vgl. dazu auch Art. 3 Abs. 2 iVm Anhang IV Nr. 13.1. der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004, in der Fassung vom 27. Februar 2007 [ABl. L 61 S. 24]). In diesen wurde der Leser aber nicht darüber in Kenntnis gesetzt, dass die F. tatsächlich die Geschäftstätigkeit am Zweitmarkt für Lebensversicherungen eingestellt hatte, sie ihre Einnahmen hauptsächlich über die Gewinnabführung durch von ihr selbst zu tragende Provisionen erzielte und kein tragfähiges Geschäftsmodell verfolgte. Die Änderung der Geschäftstätigkeit und das daraus resultierende Risiko eines Forderungsausfalls der Gläubiger wären zwingend im Haupttext der Basisprospekte mitzuteilen gewesen (vgl. Anhang IV Nr. 4 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 809/2004; vgl. hierzu Seitz/Maier in: Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, WpPG/VermAnlG, 3. Aufl., Anhänge zur Verordnung (EG) Nr. 809/2004, Anhang IV Rn. 18 und 36).

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Verfasser: mitgeteilt von RA Hermann Kulzer MBA Fachanwalt
13.01.2022 Schenkungsanfechtungen des Insolvenzverwalters gegenüber Anlegern der Infinus Gruppe
Information

Die  Insolvenzverwalter der Infinus Gruppe (PROSAVUS AG, Future Business KGaA, Infinus AG Ihr Kompetenzpartner ua) haben viele Anfechtungsklagen gegen ehemalige Anleger erhoben mit dem Ziel der Rückzahlung der ausbezahlten Zinsausschüttungen, Basisdividenden und Übergewinnbeteiligungen. Die Jahresabschlüsse der Gesellschaften wiesen Jahresüberschüsse aus. Die Insolvenzverwalter behaupten, dass die  Jahresabschlüsse und darauf sich stützenden Gewinnauschüttungsbeschlüsse falsch und nichtig waren.  Der Bundesgerichtshof entschied in 2020 und 2021 zu  erklärten Schenkungsanfechtungen. 

1. Insolvenzanfechtung gemäß §§ 134, 143 InsO
Die Insolvenzverwalter stützen Ihre Anfechtungen auf § 134, 143 InsO.
Die Ausschüttungen seien der Insolvenzmasse zurückzugewähren, da sie unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO darstellen würden.

2. Voraussetzungen
§ 134 (1) InsO setzt voraus, dass die Zahlungen ohne Rechtsgrund  erfolgten und kein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin besteht. 
Wann aber hatten die Gesellschaften Infinus, Future Business KGaA ua. Kenntnis eines fehlenden Rechtsgrundes, wenn sie im Vertrauen auf die festgestellten und geprüften Jahresabschlüsse die Auszahlungen an die Anleger vorgenommen haben?

3. Ausschüttungen = unentgeltliche Leistung?
Die Insolvenzverwalter behaupten, die geleisteten Ausschüttungen wären ohne Rechtsgrund erfolgt, da die Gesellschaft keine ausschüttungsfähigen Gewinne gemäß §§ 3 und 4 ihrer Genussrechtsbedingungen erzielt habe.

4. Grundlage der Anfechtung
Grundlage der Anfechtung waren neue berichtigte Jahresabschlüsse.
Es bestand Korrekturbedarf aufgrund der Umqualifizierung bestimmter Bilanzpositionen vom Anlage- ins Umlaufvermögen, was im Ergebnis dazu geführt hat, dass im anfechtungsrelevanten Zeitraum keine ausschüttungsfähige Gewinne entstanden sind. 

5. Nichtigkeit der Jahresabschlüsse
Die Insolvenzverwalter haben mehrere Jahresabschlüsse angefochten.
Die Nichtigkeit einiger Jahresabschlüsse wurde rechtskräftig festgestellt. Andere Nichtigkeitsfeststellungsklagen wurden zurückgewiesen.

6. Neue Bilanzen des Verwalters
Die Verwalter haben nach seinen Vorgaben und Anweisungen neue Bilanzen erstellen lassen.
Diese wurden allerdings nicht geprüft oder von einem Wirtschaftsprüfer testiert.
Der Insolvenzverwalter behauptet, dass die von der Insolvenzschuldnerin im Anlagevermögen aktivierten Lebensversicherungen in das Umlaufvermögen umgegliedert werden hätten müssen und gemäß dem nach § 253 Abs.4 HGB geltenden strengen Niederstwertprinzip auf den tatsächlichen Wert abgewertet werden mussten.
Im Anlagevermögen könnten gemäß § 247 Abs.2 HGB Vermögenswerte nur ausgewiesen werden, wenn sie dauernd dem Geschäftsbetrieb dienen sollen. Das sei aber bei den Lebensversicherungen tatsächlich nicht der Fall gewesen; vielmehr seien sie kurzfristig zur Liquiditätsgewinnung verwertet worden. Die Abwertungen führten in den einzelnen Geschäftsjahren zu hohen Verlusten.

Die Steuerberatungsgesellschaft hat Wahlrechte nach den neuen Vorgaben des Insolvenzverwalters ausgeübt. Was der damalige Vorstand im Rahmen seiner Wahlrechte festgelegt hat, hat der Insolvenzverwalter Jahre später rückwirkend ändern lassen.

Geht das? Und geprüfte Bilanzen können eigentlich nur durch  geprüfte Bilanzen ersetzt und geändert werden. Das lag hier nicht vor.

7. Beweislast für die Unrichtigkeit der alten Bilanzen
Eine unentgeltliche Leistung muss der Insolvenzverwalter beweisen.
Allein durch die neu erstellte Bilanz ist kein Beweis geführt.

8. Vertraglicher Anspruch auf Ausschüttungen?
Für den Zins gab es eine feste Zusage- unabhängig vom tatsächlichen wirtschaftlichen Ergebnis der PROSAVUS. Die damals im Bundesanzeiger veröffentlichten, geprüften Bilanzen der Gesellschaft wiesen Gewinne aus.

9. Positives Jahresergebnis
Das Geschäftsjahr 2011/2012 schloss - ausweislich der geprüften Bilanz - mit einem positiven  Jahresergebnis ab.

Der Bilanzgewinn belief sich auf 342,44 TEUR.
Für das Jahresergebnis maßgebliche Geschäfte konnte die Gesellschaft mit Großkunden unter Einsatz von ehemals verbundenen Unternehmen generieren.

Ausgebaut wurden der Bestand an Lebens- und Rentenversicherungspolicen von 46,93 Mio. EUR auf 64,62 Mio. EUR. 
Der Bestand an Immobilien war mit 16,25 Mio. EUR bilanziert.

In dem im Bundesanzeiger veröffentlichen Jahresabschluss (Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.04.2011 bis zum 31.03.2012) wird über die Vermögenslage folgendes ausgeführt:

"Vermögenslage

Das Gesamtvermögen  der Gesellschaft zum 31.03.2012 betrug 142,07 Mio EUR. Die Finanzanlagen haben sich von 50,50 Mio. EUR auf 68,10 Mio. EUR erhöht.

Größte Positionen waren hier die Versicherungspolicen mit 64,62 Mio EUR Buchwert.

Das Umlaufvermögen erhöhte sich von 50,65 Mio. EUR auf 52,50 Mio EUR.

Die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Zukunftsprognose wurden im  Jahresabschluss wie folgt dargestellt:

"Allgemeine Einschätzung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Zum Zeitpunkt der Berichtserstattung ist die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage als stabil zu bezeichnen. Die Ertragslage ist durch einen Anstieg des operativen Ergebnisses gegenüber dem Vorjahr gekennzeichnet. Über die allgemeinen unternehmerischen Risiken hinaus waren keine Einflüsse erkennbar, welche die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage stark negativ beeinflussen sollten."

Prognose in der geprüften Bilanz:

"Der Geschäftsbereich Policenhandel zeichnet sich einerseits durch die Besonderheit aus, dass Erträge erst mittel- bis langfristig realisiert werden können. Die parallel zu den Anschaffungskosten anwachsenden stillen Reserven (Überschussbeteiligungen und versicherungsmathematische Gewinne) werden dagegen erst bei Ablauf oder Rückkauf der Policen erfolgswirksam. Andererseits sind die Versicherungspolicen bei Liquiditätsengpässen zumindest teilweise durch Beleihung, Weiterverkauf oder Rückkauf kurzfristig in flüssige Mittel umwandelbar. In den Geschäftsjahren 2012/2013 und 2013/2014 wird es zu keinen größeren Rückzahlungen durch Regelablauf kommen. Hingegen sind Teile des Policenbestandes (insbesondere in den Anfangsjahren der PROSAVUS AG erworbene Verträge) bereits gewinnbringend an andere Policenhändler oder Zweitmarkfonds veräußerbar oder kündbar.
Die Gesellschaft sieht hier innerhalb der folgenden beiden Geschäftsjahre gute Chancen, um mittelfristiges Gewinnerzielungspotenzial im Sektor Policenhandel zu schaffen. Der Großteil der Mitbewerber in diesem Sektor hat mangels eines eigenen Vertriebes teilweise Engpässe in der Beschaffung geeigneter Sekundärmarktpolicen".

Die Gesellschaft wies in den geprüften Bilanzen der maßgeblichen Jahre keinen Jahresfehlbetrag aus.

10. Leistung auf eine vertragliche Verpflichtung oder hatte die Schuldnerin Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes 

11. Subjektiv eine Schenkung gewollt? 
Der Bundesgerichtshof hat mit Entscheidung vom 20.04.2017 zu § 134 InsO (Az. IX ZR 252/16) entschieden: die subjektive Vorstellung des Schuldners ist entscheidend.
Wenn der Leistende gar nichts schenken will, kann der Insolvenzverwalter dies im Nachhinein nicht als Schenkung darstellen. 
Meint der spätere Schuldner irrtümlich, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein, ist eine spätere Insolvenzanfechtung ausgeschlossen. Das Gericht begründet dies mit dem Sinn und Zweck des § 134 InsO, der verhindern soll, dass sich ein in Vermögensverfall geratener Schuldner auf Kosten seiner Gläubiger freigiebig zeigt. Meint der Schuldner aber, auf eine Schuld zu zahlen, ist er nicht freigiebig, sondern erfüllt er eine – auch nur vermeintliche – Verpflichtung.

12. Kenntnis des fehlenden Rechtsgrunds, § 814 BGB?
Die Schuldnerin hat Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund, wenn der Vorstand/Gfü weiß, dass die Gesellschaft keine Gewinne, sondern im Gegenteil Verluste erwirtschafteten und ein betrügerisches Schneeballsystem betrieben wird, er also weiß, dass er an die Genussrechtsinhaber lediglich Scheingewinne aus Scheindividenden aus den Einzahlungen von ihm getäuschten Geldgebern auszahlt, BGH vom 1.1.2020 IV ZR 247/19 und BGH vom 22.7.2021 IX ZR 26/20 ZIP 2021, 1768. 

13. Entreicherungseinrede (hilfsweiser Einwand)
Die Entreicherungseinrede gemäß § 818 Abs.3 BGB kann geltend gemacht werden, wenn die vorbenannten Probleme im Sinne des Insolvenzverwalters geklärt oder entschieden werden können. Dann gibt es für den in Anspruch genommenen Anleger als Verteidigung unter Umständen noch den Einwand der Entreicherung.

Der Empfänger darf nicht mehr bereichert sein. 
Das Erlangte dürfte nicht mehr vorhanden sein und für besondere Dinge ausgegeben worden sein, die man sich ansonsten nicht oder nur selten leistet. Alternativ müssten die Einnahmen der Verbesserung des Lebensstandards gedient haben, nicht dem normalen Begleichen laufender Kosten.

Die Beweislast dafür läge beim Anfechtungsgegner- also dem Anleger. Die Beweisführung erfolgt normalerweise durch die Vorlage von Kontoauszügen und Belegen.

 

Für Rückfragen und Hilfe stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung


Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaft
Wirtschaftsmediator(uni DIU)
kulzer@pkl.com
www.pkl.com
www.insoinfo.de

Dresden, Berlin, Augsburg

Tel 0351 8110233
Fax 0351 8110244

insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt
02.11.2021 Future Business KG aA/ Infinus/ BGH bestätigt Strafurteile gegen Manager. Aber: Wann ist ein Geschäftsmodell tragfähig? Künftig kann bei jedem Scheitern einer Geldanlage eine Täuschung über das Geschäftsmodell behauptet werden.
Information

 

I. Das Wesentliche vorab

  1. Mit Urteil des Bundesgerichtshofs (5 StR 443/19) vom 29. Oktober 2021 wurden die Revisionen der Manager der Infinus-Unternehmensgruppe weitgehend verworfen.

  2. Nach mehr als zweieinhalb Jahren und 167 Verhandlungstagen hatte das Landgericht Dresden  mit Urteil vom 9. Juli 2018 – 5 KLs 100 Js 7387/12- fünf der Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug und einen Angeklagten wegen Beihilfe hierzu zu Freiheitsstrafen zwischen vier Jahren sechs Monaten und acht Jahren verurteilt. 

  3. Zudem hatte es die Einziehung von Taterträgen in Höhe von insgesamt mehr als 51 Millionen Euro angeordnet.

  4. Ob die Angeklagten jetzt noch Verfassungsbeschwerde erheben, ist unklar.
    Das Bundesverfassungsgericht ist für Verfassungsbeschwerden gemäß Art 93 Abs.1 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff BVerfGG zuständig. 

    Zur Prüfung einer Verfassungsbeschwerde muss erst die schriftliche Begründung des Urteils des BGH vorliegen.
    Denkbar ist eine Verfassungsbeschwerde z.B. wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und Verstoß gegen die Gesetzlichkeit der Bestrafung nach Art. 103 Abs. 2 GG ("eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde").

  5. Eine Täuschung über ein "Geschäftsmodell" .-wie jetzt entschieden- kann meines Erachtens künftig bei zwei von fünf Insolvenzverfahren mit Investoren, die Geld gegeben haben, zum Vorwurf führen, über ein/das "Geschäftsmodell" getäuscht zu haben. Jede Insolvenz kann dann für Manager zum erhöhten Strafrechtsrisiko für Manager werden.
    Wer berurteilt, wann ein Geschäftsmodell rentabel ist und wann nicht?
    Bezogen auf die gesamte Unternehmengruppe vertrat die Finanzbehörde die Meinung, dass das Geschäftsmodell der FuBus und der gesamten Infinus Gruppe kein sogenanntes Schneeballsysem sei, sondern aus fiskalischer Hinsicht ein tragfähiges Geschäftsmodell. 
    Der Konzern hatte viele Immobilien, viele Versicherungskunden, Lebensversicherungs-bestände in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro und viele Vermögenswerte mehr. 
    Es gab nicht wie bei Wirecard fingierte Konten.

    Tatsächlich hatte der Konzern über Jahre große Gewinne ausgewiesen und erhebliche Steuern bezahlt. Bis zur Beschlagnahme aller Vermögenswerte im Rahmen einer Beschlagnahme durch die Staatsanwaltsschaft wurden alle Forderungen von Anlegern bedient- über Jahre immer bei Fälligkeit.
     
    Was war denn hier die Vorstellung vieler Anleger?
    Sie wollten eine bessere Rendite haben, als auf einer Bank. Was in dem Anlegerprospekt stand und wie sie die Rendite erwirtschaftet, war für die Anleger meist nicht von Interesse. 10 Jahre hatte dies im Fall Infinus gut funktioniert und alle Anleger hatte bei Fälligkeit Ihr Geld erhalten. Dies endet erst mit der anonymen Strafanzeige gegen das Unternehmen und den Beschlagnahmen durch die Staatsanwaltschaft.

    Wenn sich  ein Geschäftsmodell ändert, weil sich der Markt ändert, kann dies "eigentlich"
    keine Täuschung über ein Geschäftsmodell sein.

    Auch "Eigengeschäfte" innerhalb eines Konzern waren bisher nicht verboten.
    Die Bafin hatte im maßgeblichen Zeitfenster gar keine (richtige) Aufsicht geübt- was sie beispielsweise im Jahr 2021 jetzt wesentlich intensiver durchführt-  auf Grund neuer gesetzlicher Bestimmungen.
    Manager müssten vorher wissen, innerhalb welcher Handlungsspielräume sie sich bewegen können und müssen. Was strafbar ist und was nicht, muss vorher feststehen.

    Ob daher die Auslegung des Betrugstatbestandes in diesem und ähnlichen Fällen nicht zu weit (führt) geht, müsste gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht prüfen, vgl. Stichpunkt "Gesetzlichkeitprinzip" unter Insolvenzrecht A-Z.

    II. Was hatte das Landgericht erstinstanzlich entschieden?

    1. Erfolgreiches Geschäftsmodell?
    Nach den Urteilsfeststellungen spiegelten die Angeklagten über ein Netz von Vermittlern mehreren tausend gutgläubigen Anlegern eine lukrative Geldanlage auf der Grundlage einer prosperierenden Unternehmung vor. Nach außen erzeugten sie den Anschein eines erfolgreichen Dresdener Wirtschaftsunternehmens, das sich mit dem Ankauf von Lebensversicherungen befasste. 

    2. Gewinn durch bilanzielle Effekte?
    Die vorgeblichen Gewinne seien aber lediglich das Ergebnis bilanzieller Effekte, die durch Innen-geschäfte der verbundenen Unternehmen erzeugt wurden und letztlich nur auf dem Papier standen; tatsächlich machte die Unternehmung Verluste. 

    3. Betreiben eines Schneeballsystems?
    Um gleichwohl den Eindruck eines gewinnträchtigen Anlagemodells zu erwecken und aufrechtzuerhalten, seien die Angeklagten auf einen stetig wachsenden Anlegerkreis angewiesen. Sie sollen daher ein "Schneeballsystem", betrieben haben, bei dem die Gelder neu angeworbener Anleger verwendet werden, um die Zins- und Rückzahlungs-ansprüche anderer Anleger zu befriedigen. 

    4. Irrtum der Anleger?
    Irrtumsbedingt sollen die geschädigten Anleger im Tatzeitraum ab dem Jahr 2011 rund 540 Millionen Euro investiert haben.

    5. Schaden der Anleger?
    Abzüglich der bis zur Einstellung des Geschäftsbetriebs im November 2013 geleisteten Rückzahlungen verloren die Anleger gut 290 Millionen Euro.

    III. Revisionen und Entscheidung

    1. Rügen der Angeklagten
    Mit ihren gegen das Urteil des Landgerichts Dresden gerichteten Revisionen hatten die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und umfangreiche Verfahrensbeanstan-dungen erhoben. 

    2. Kein wesentlicher Erfolg der Revisionen
    Über die Rechtsmittel hat der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 11. Oktober 2021 verhandelt und mit Urteil vom 29.10.2021 entschieden.  Danach blieben die Revisionen der Angeklagten weitgehend erfolglos.

    3. Kein Kapitalanlagebetrug aber Betrug
    Der Bundesgerichtshof hat lediglich die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Kapital-anlagebetruges und Beihilfe hierzu sowie in geringem Umfang die Einziehungsent-scheidungen aufgehoben. Zudem hat er betreffend einen Angeklagten den Strafausspruch aufgehoben, weil das Landgericht eine Strafmilderung nach der sogenannten Kronzeugenregelung (§ 46b StGB) nicht erörtert hatte.

    4. Rechtskraft
    Die Verurteilung der Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges und Beihilfe hierzu ist damit rechtskräftig. 

    5. Freiheitsstrafen bestätigt
    Das Gleiche gilt für die gegen fünf der Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen. 

    6. Einziehungen
    In Höhe von insgesamt mehr als 50 Millionen Euro ist auch die Anordnung der Einziehung von Taterträgen rechtskräftig. 

    7. Zurückweisung im geringen Umfang
    Im geringen Umfang der Aufhebung hat der Bundesgerichtshof die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dresden zurückverwiesen.

IV. Maßgebliche Vorschriften

1. Betrug 
§ 263 StGB (Gesetzestext- auszugsweise): 
 

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(…)

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten....

2. Kapitalanlagebetrug, 
§ 264a StGB:

(1) Wer im Zusammenhang mit

1. dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder

2. dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen,

in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.....

3. Beihilfe, § 27 StGB :

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

4. Einziehung von Taterträgen, § 73 StGB :

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an....

V. Aus den damaligen Urteilsgründen des LG DD 

In der Begründung des Urteils führte der Vorsitzender Richter Hans Schlüter Staats aus:

"Infinus war eine nach außen brillierende, nach innen aber brüchige und wohl nicht dauerhafte Erfolgsgeschichte. Tatsächlich gab es überhaupt kein echtes Geschäft zum Zweck der Renditegewinnung. Bei Infinus hat es sich um ein wirtschaftlich eng verwobenes, von außen kaum durchschaubares Geflecht von Firmen gehandelt, die untereinander Geschäfte machten. Jeder, der ein Schneeballsystem betreibt, wird zum Betrüger, wenn er weiß, dass der Schaden umso größer ist, je länger es läuft. Die zuletzt 22 Gesellschaften schlossen untereinander Luftgeschäfte ab. Die Gewinne existierten aber nur auf dem Papier. Gegenüber den Vermittlern und Anlegern ist ein funktionierendes Geschäftsmodell dargestellt worden, das es nicht gab.

 

In den Urteilsgründen des Landgerichts wurde ferner ausgeführt, es seien Orderschuldverschreibungen und Nachrangdarlehen mit zu hohen Renditeversprechen gehandelt worden, die nur mit dem Geld von zusätzlich eingeworbenen Anlegern hätten bedient werden können. Der Schneeballeffekt habe sich verstärkt, da immer neue, großvolumige Eigenverträge abgeschlossen werden mussten, um in der Gewinnzone zu bleiben. 
Durch das Verstetigen der Eigengeschäfte hätte der Firmenchef den ersten Sargnagel für Infinus geschlagen.
Das Unternehmen hätte auch ohne das Einschreiten der Staatsanwaltschaft nicht überlebt. 

 

 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsstrafverteidiger
23.03.2020 < Dr. Kübler gegen Future Business KG a.A.: Keine Nichtigkeit des Jahresabschlusses 2010/ OLG Entscheidung rechtskräftig nach Rücknahme der Revision durch Dr. Kübler
Information Mit Urteil des Oberlandesgerichts Dresden, 8. Zivilsenat vom 14.2.2019, hat das Gericht die Hauptanträge der Klagen des Insolvenzverwalters Dr. Kübler als Insolvenzverwalter gegen die Future Business KGaA auf Feststellung der Nichtigkeit der Jahresabschlüsse 2009 und 2010 abgewiesen.  

Die vom Kläger, Dr. Kübler, eingelegte Revision beim BGH hat Dr. Kübler im März 2020 mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen. 
  • Das Urteil des OLG mit der Klageabweisung der Nichtigkeitsfeststellungsklage ist daher rechtskräftig.
  • Die Nichtigkeit des Jahresabschlusses 2010 wurde daher vom LG/OLG nicht gerichtlich festgestellt. 
  • Durch die Neuerstellung des Jahresabschlusses durch Dr. Kübler ist der bisherige Gewinnverwendungsbeschluss nichtig.
  • Meine Anmerkung: 
Ein großer Erfolg für die Beklagtenseite mit den Streitverkündeten
(Steuerberater und Wirtschaftsprüfer). Diese haben die Jahresabschlüsse bis zuletzt verteidigt.

Das Gericht hat keine Nichtigkeit des Jahresabschlusses festgestellt. Es müsste jetzt ein neuer Gewinnverwendungsbeschluss auf Grundlage des neuen Jahresabschlusses gefasst werden. Ein solcher liegt aber bis heute nicht vor. Inwieweit der von Dr. Kübler neu erstellte Jahresabschluss wirksam ist, ist eine andere Frage.  Es gibt mehrere Anhaltspunkte dafür, dass wesentliche Bilanzierungsgrundsätze bei dem neuen Jahresabschluss nicht beachtet wurden. Sollte der neue Gewinnfeststellungsbeschluss anfechtbar oder nichtig sein und insoweit eine gerichtliche Entscheidung ergehen, wäre diese für alle Aktionäre verbindlich, § 253 Abs. 2, 254 Abs. 2 AktG.
  • Zur Entscheidung des OLG, die jetzt rechtskräftig ist: 
1. Klagebefugnis 
Der Kläger war klagebefugt.
Das Gericht begründete diesen streitigen Punkt ausführlich.

2. Mängel des Anwaltsdienstleistungsvertrages? 
Etwaige Interessenkonflikte des Verwalters, weil er als Insolvenzverwalter der KGaA gegen die von ihm selbst verwaltete KGaA klagt und gleichzeitig Insolvenzverwalter des ehemaligen Komplementärs ist, machen nach Auffassung des Gerichts die von ihm an seine Sozietät erteilte Prozessvollmacht nicht unwirksam. 

3. Passivlegitimation
Die Beklagte ist passivlegitimiert.
Mit der Insolvenz des Komplementärs ist dieser aus der KGaA ausgeschieden.
Die Gesellschaft wurde führungslos.
Das Gericht hat aber für die Nichtigkeitsfeststellungsklagen einen Prozesspfleger bestellt, der die Gesellschaft im Nichtigkeitsfeststellungsprozess vertritt.

4. Faires Verfahren?
Das Gericht erkannte keinen Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens, da die Beklagte mittellos ist und dadurch die Verteidigung eingeschränkt war (Die Insolvenzmasse verwaltet allein der Insolvenzverwalter- die Gemeinschuldnerin hat nichts mehr). 

5. Unzulässigkeit der Klagen
Die Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit der Jahresabschlüsse 2009 und 2010 sind seit der Neuaufstellung der Jahresabschlüsse für die Insolvenzschuldnerin unzulässig, weil dem klagenden Insolvenzverwalter seither wegen Wegfalls des Angriffsgegenstandes das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt. 

6. Neuerstellung der Jahresabschlüsse
Die vom Insolvenzverwalter neu erstellten Jahresabschlüsse haben nach ausdrücklicher mehrfacher Darstellung des Klägers die streitgegenständlichen, vom Kläger für nichtig erachteten Jahresabschlüsse, ersetzt.
Andere Insolvenzverwalter in Parallelprozessen haben sich (in den Nichtigkeitsfeststellungspro-zessen) bei den Nichtigkeitsklagen darauf berufen, die neu erstellten Bilanzen seien lediglich Alternativberechnungen.

7. Gültigkeit der neuen Jahresabschlüsse?
Das OLG Dresden prüfte nicht, ob die neu erstellten Jahresabschlüsse wirksam oder nichtig sind. 
Die Ersetzung der Jahresabschlüsse erschien aus Sicht des OLG vorliegend nicht willkürlich.
Das Gericht führte aus, dass die neuen Jahresabschlüsse dem erstem Anschein nach nicht nichtig seien ("Nichtigkeit sei nicht auf die Stirn geschrieben"). Bei der Future Business KG aA waren die Jahresabschlüsse nicht prüfungspflichtig, weil die Gesellschaft nicht die Größenmerkmale einer prüfungspflichtigen Gesellschaft erfüllte.
 
8. Nichtigkeitsfeststellung vor der Ersetzung?
Die insoweit vom Insolvenzverwalter hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage bleibt ohne Erfolg.

9. Gewinnverwendungsbeschlüsse
In der Sache ohne Erfolg blieben die von der Beklagten eingelegten Berufungen, soweit die Gewinnfeststellungsbeschlüsse betroffen sind.
Den (alten) Gewinnverwendungsbeschlüssen ist durch die Ersetzung der (neuen) Jahresabschlüsse, auf denen sie basieren, die Grundlage entzogen.


Ergänzende Informationen zu den Nichtigkeitsklagen der anderen beiden Jahre: 
  • Jahresabschluss 2011:
    Die Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters gegen den Jahresabschluss 2011 wurde vom Landgericht Leipzig und vom OLG Dresden in der Berufungsinstanz zurückgewiesen, da die 3- Jahresfrist zur Erhebung der Nichtigkeitsklage nach Auffassung der Gerichte nicht gewahrt wurde. Der klagende Insolenzverwalter hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt und gewonnen. Der Rechtsstreit wurde zurückverwiesen an das OLG Dresden. Per Januar 2021 liegt noch keine Entscheidung vor. Eine mündiche Verhandlung hat bereits stattgefunden. Hauptstreitpunkt ist der Ansatz der Anschaffungsnebenkosten bei den Goldsparplänen. 
  • Jahresabschluss 2012
    Die Nichtigkeitsfeststellungklage bezüglich des Jahresabschlusses 2012 befindet sich beim OLG Dresden. Stand Januar 2021 liegt noch keine Entscheidung vor. 

Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (uni DIU)
Glashütterstraße 101 a
01097 Dresden
kulzer@pkl.com
insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
23.10.2019 Nachrangdarlehn von der Fubus Gruppe: Anfechtung nach BGB und Auswirkungen auf die Insolvenzanfechtung
Information Die Behandlung der Nachrangdarlehn innerhalb cer Fubus Gruppe war schon Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen.

Wesentliche Punkte sind aber bis heute nicht rechtskräftig entschieden.

Die Fubus-Gruppe bot zur Finanzierung Orderschuldverschreibungen, Genussrechte und später auch Nachrangdarlehen an Privatanleger.

Nach § 10 der Darlehensbedingungen trat das Nachrangdarlehn gegenüber allen anderen Ansprüchen von Glöubigern gegen die Darlehnsnehmerin im Rang zurück. 

Ein Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet, dass die Schuldnerin diese eingenommenen Gelder dazu nutzte, die Verbindlichkeiten gegenüber Anlegern zu decken - sie behaupten, dass dies ein Schneeballsystem darstellen würde.

In Zivilprozessen gegen Anleger forderten die Insolvenzverwalter zurückgezahlte Darlehn und erfolgte Zinszahlungen zurück im Wege der Insolvenzanfechtung.
Viele lehnten die Rückzahlung ab. Andere versuchten einen Vergleich zu treffen. Einige versuchten auch die ehemaligen Vereinbarungen anzugreifen mit dem Argument, sie seien von den Herausgebern getäuscht worden- sie haben daher die Vereinbarung wegen arglistiger Täuschungb angefochten. Das Problem: liegt in Folge der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung eine unentgeltliche Leistung vor, da der Rechtsgrund wegfallen ist?Der Insolvenzverwalter könnte sich dann bei seiner Anfechtung der Rück- und Zinszahlungen darauf berufen, dass die Auszahlungen rechtsgrundlos erfolgten.
Dann wäre die Anfechtung nach BGB ein Eigentor der betroffenen Anleger?
Der Bundesgerichtshof prüfte die Insolvenzanfechtung auf Grund unentgeltlicher Leistung und die Anfechtung nach § 131 Abs.1 Nr. 1 InsO- wegen inkongruenter Deckung.

Der BGH erläuterte zur Schenkungsanfechtung: Maßgeblicher Zeitpunkt der Berurteilung der Unentgeltlichkeit ist die Vornahme der Rechtshandlung.

War das die Rückzahlung des Darlehns? Bestand zu diesem Zeitpunkt eine entgeltiche Darlehnsverpflichtung?

Der BGH erläuterte zur Anfechtung wegen inkongruenter Deckung: War die Rückzahlung im Anfechtungszeitraum wegen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung inkongruent?
In seiner Begründung wies der BGH Richter darauf hin, dass sich der Anfechtende sicher keine Gedanken gemacht habe, welche Auswirkungen die Anfechtung nach BGB auf die Anfechtbarkeit nach InsO durch den Verwalter hat.

Die Insolvenzanfechtung ist ein Spezialgebiet im Insolvenzrecht. Es sind Erfahrungen und Spezialkenntnisse erforderlich, die Anfechtungsansprüche prüfen, durchsetzen oder abwehren zu können.

An dieser Stelle sollen die Leser nicht verwirrt werden.Der Beitrag soll nur andeuten, dass die Strategie genau abgewogen und eine ganzheiliche Betrachtung erfolgen muss.#
Ein schnelles (falsches) Handeln, kann später ein böses Ende nehmen.

Gerne stehe ich für vertiefende Erörterungen zur Verfügung.

Hermann Kulzer MBA, Fachanwalt für InsolvenzrechtWirtschaftsmediator (DIU)
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Verfasser: Hermann Kulzer Fachanwalt

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