insoinfo insoinfo
insoinfo
  |  Impressum  |  Kontakt  |  Fehlerinfo  |  zurück  |  
Home
Aktuelles/Beiträge
Angebote
Insolvenz- & Sanierungsrecht
Insolvenzrecht A-Z
Insolvenzplan als Chance
Immobilien
Formulare & Ausfüllhilfe
Standorte
Links
Webakte

Insolvenzrecht A bis Z
Bilanzierung unter Fortführungsgesichtspunkten
Die Fortführung der Unternehmenstätigkeit ist nach dem Gesetz der zunächst zu unterstellende Regelfall; es spricht so lange eine Vermutung dafür, wie nicht Umstände sichtbar werden, welche die Fortführung unwahrscheinlich erscheinen lassen (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, §252 HGB Rn.18; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007) oder zweifelsfreie Kenntnis von der Unmöglichkeit der Fortführung besteht (MünchKomm-HGB/Ballwieser, 3. Aufl. § 252 Rn.9; Schulze-Osterloh, aaO). Art.31 Abs. 1 lit. a Richtlinie 78/660/EWG vom 25. Juli 1978 (ABl. (EG) 1978 Nr. L 222/11; jetzt Art. 6 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2013/34/EU vom 26. Juni 2013, ABl. L 182 vom 29. Juni 2013, S. 19), dessen Umsetzung § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB dient, bestimmt als allgemeinen Grundsatz für die Bewertung, dass eine Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit unterstellt wird.

Daher ist selbst bei Zweifeln an der Überlebensfähigkeit des Unternehmens unter Fortführungsge-sichtspunkten zu bilanzieren (Schulze-Osterloh, aaO).  
Die Fortführungsvermutung entfällt erst, wenn es objektiv fehlerhaft wäre, von der Aufrechterhaltung der Unternehmenstätigkeit auszugehen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2482). 
Die Umstände müssen ergeben, dass die Einstellung der Unternehmenstätigkeit unvermeidbar oder beabsichtigt ist (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1867). Tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten müssen sich derart konkretisieren, dass die Unternehmenstätigkeit jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, DB 2015,933, 934f). Eine Bewertung zu Liquidationswerten hat zu erfolgen, wenn feststeht, dass das Unternehmen nicht mehr fortgeführt werden kann (KK-RLR/Claussen,§ 252 Rn. 16).

Besteht für eine Kapitalgesellschaft ein Insolvenzgrund, weil sie überschuldet oder zahlungsunfähig ist, liegen regelmäßig tatsächliche Gegebenheiten im Sinne des §252 Abs.1 Nr.2 HGB vor, die der Regelvermutung einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen (Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 37.Aufl., § 252 Rn. 7; Staub/Kleindiek, HGB, 5.Aufl. § 252 Rn.13; Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3.Aufl. § 252 Rn. 17; Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Groß, WPg 2010, 119, 122f; Kaiser, aaO S.2487; Baumert, ZIP 2013, 1851, 1852 Fn. 14; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825).  

Jedoch bedingt ein vorliegender Insolvenzgrund nicht zwingend für den handelsrechtlichen Jahresabschluss eine Aufgabe des von § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB bestimmten Fortführungsprinzips (Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., §252 Rn.46; Hater, Insolvenzrechtliche Fortbestehungsprognose und handelsrechtliche Fortführungsprognose, S.122 f; Kaiser, aaO S. 2486f; Eickes, aaO S.935).  
Hiervon geht auch § 155 InsO aus (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 172). § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB knüpft vielmehr an die Unternehmenstätigkeit als solche an; es geht darum, die im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände entsprechend ihrem tatsächlichen Verwendungszweck zutreffend zu bewerten (Kaiser, aaO S. 2480).
Liegt ein Insolvenzgrund vor, ist für die handelsrechtliche Bilanzierung entscheidend, ob eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erwarten oder damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, bereits im Eröffnungsverfahren (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird (§§ 157, 158 InsO). 
Abzustellen ist dabei darauf, ob die Unternehmenstätigkeit aufgrund der Insolvenzreife innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, aaO). 
Daher kann trotz eines Insolvenzgrundes handelsrechtlich eine Bilanzierung nach Fortführungswerten zulässig sein, wenn ein glaubhafter Fortführungsinsolvenzplan vorliegt, eine übertragende Sanierung innerhalb des Prognosezeitraums angestrebt wird und möglich ist (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Eickes, aaO S. 936; vgl. auch Hater, aaO S. 129ff) oder anzunehmen ist, dass die Unternehmenstätigkeit auch nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums fortgeführt werden wird (vgl. Kaiser, aaO S. 2481; Eickes, aaO; Füchsl/Weishäupl/Jaffé in Münch-Komm-InsO, 3. Aufl., § 155 Rn.6f; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 155 Rn. 53, 57, 59).
Dies erfordert eine komplexe Prognoseüber die Gesamtsituation des Unternehmens (vgl. Staub/Kleindiek, HGB, 5.Aufl., §252 Rn. 13; Kaiser, aaO S.2480 ff). 

Wird in einem solchen Fall noch mit Fortführungswerten bilanziert, bedarf dies mithin der konkreten Begründung im Einzelfall. 
Allein die Tatsache, dass das Unternehmen trotz eines bereits vorliegenden Insolvenzgrundes weiter tätig ist, rechtfertigt es nicht, bei der Bewertung von der Fortführung der Un-ternehmenstätigkeit auszugehen. 
Die aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben allein genügt auch bei rückblickender Betrachtung nicht zum Nachweis einer künftigen Unternehmensfortführung (vgl. Hater, aaO S. 93). Für die Prognose, ob die aufgrund eines bestehenden Insolvenzgrundes und einer etwa beste-henden Antragspflicht (§15a InsO) zu erwartende Insolvenzeröffnung zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit führen wird, kommt es vielmehr darauf an, wie das Unternehmen zum Zeitpunkt des Eintritts des Insolvenzgrundes steht. 
Wenn das Unternehmen in der Vergangenheit keine Gewinne erwirtschaftet hat, nicht leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und eine bilanzielle Überschuldung droht oder sogar schon eingetreten ist, besteht angesichts der daraus folgenden Insolvenzgefährdung zunächst keine ausreichende Wahr-scheinlichkeit, dass sich das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens fortführen lässt (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866). Dann erfordert das Insolvenzrecht die Erstellung einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose, deren Ergebnis in die bilanzielle Fortführungsprognose einzubeziehen ist (Groß/Amen aaO; Groß, WPg 2010, 119, 123)

2) Die Haftung des Steuerberaters setzt weiter voraus, dass der Steuerberater die falsche Bilanzierung nach Fortführungswerten nach Umfang und Inhalt des erteilten Auftrags auch zu verantworten hat. 
Ein Steuerberater haftet nicht für jeden objektiv zu Unrecht auf der Grundlage von Fortführungswerten erstellten Jahresabschluss. Er darf jedoch dem von ihm erstellten Jahresabschluss keine Fortführungswerte zugrundelegen, wenn auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen die Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr.2 HGB entweder widerlegt erscheint oder ernsthafte Zweifel bestehen, die nicht ausgeräumt werden. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter zu entscheiden.(a) Ergeben sich aus den dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen keine Anhaltspunkte für Zweifel an einer Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit, handelt der Steuerberater pflichtgemäß, der entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 252 Abs.1 Nr.2 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgeht. Dies trifft insbesondere dann ohne weiteres zu, wenn die Gesellschaft in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erzielt hat, leicht auf finanzielle Mit-tel zurückgreifen kann und keine bilanzielle Überschuldung droht (implizite Fortbestehensprognose, Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10.Aufl., §252 HGB Rn. 10; Hater, aaO S. 79ff; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 263; Groß, WPg 2010, 119, 129; Ehlers, NZI 2011, 161, 164; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825).

(b) Steht umgekehrt bereits auf der Grundlage der dem Steuerberater für die Erstellung des Jahresabschlusses zur Verfügung gestellten Unterlagen und der ihm bekannten Umstände fest, dass die Fortführungsvermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zutrifft, ist eine Bilanzierung nach Fortführungs-werten mangelhaft. Der Steuerberater muss bei pflichtgemäßem Verhalten aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen die sichere Überzeugung ge-winnen können, dass die Unternehmenstätigkeit -etwa aufgrund einer erkann-ten Insolvenzreife-nicht fortgeführt werden wird.(c) Weiter ist die -zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde legende-Leistung des Steuerberaters aber auch dann mangelhaft, wenn aus den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und den ihm bekannten Umständen tatsächli-che oder rechtliche Gegebenheiten folgen, die einer Bilanzierung nach Fortfüh-rungswerten entgegenstehen können, und der Steuerberater es unterlassen hat, vom Mandanten abklären zu lassen, ob gleichwohl noch Fortführungswerte zugrunde gelegt werden können. Entscheidend ist, ob der Steuerberater bereits aufgrund der im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses erlangten oder sonst bei ihm vorhandenen Kenntnisse von Umständen weiß oder wissen müsste, die ihrer Art und ihrer Bedeutung nach geeignet sind, als tatsächliche
oder rechtliche Gegebenheiten der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit entgegen zu stehen.

(aa) Die tatsächlichen Gegebenheiten, welche die Unternehmensfortführung verhindern können, sind hauptsächlich wirtschaftliche Schwierigkeiten (Böcking/Grosin Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3.Aufl. §252 Rn.17; Staub/Kleindiek, aaO, HGB, 5.Aufl., § 252, Rn. 13; MünchKomm-HGB/Ballwieser, 3.Aufl., §252 Rn. 11; Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., §252 Rn. 41; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262). Sobald Hinweise auf entsprechende Umstände vorliegen, ist die Fortführungsfähigkeit näher zu überprüfen (Staub/Kleindiek, aaO Rn.11; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., §252 Rn. 10). Insbesondere ist auf Anzeichen zu achten, die einen Insolvenzgrund darstellen können, vor allem solche, die die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährden können. Dies kommt etwa in Betracht, wenn das Unternehmen erhebliche Verluste erwirtschaftet, eine zu geringe Eigenkapitalausstattung aufweist oder in Liquiditätsschwierigkeiten gerät (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, §252 HGB Rn.24; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). 
Ein weiteres Indiz ist die bilanzielle Überschuldung. Zwar ist diese allein kein Insolvenzgrund (BGH, Beschluss vom 8.März 2012 -IXZR 102/11, WM 2012, 665 Rn.5 mwN); jedoch kann eine bilanzielle Überschuldung ein Indiz für von §252 Abs.1 Nr.2 HGB verlangte tatsächlichen Gege-benheiten darstellen und Anlass geben, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7.März 2005 -IIZR 138/03, WM 2005, 848, 849 unter II.1.; vom 27.April 2009 -IIZR 253/07, WM 2009, 1145 Rn.9; vom 7.März 2013 -IXZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 16; vom 19. November 2013 -IIZR 229/11, WM 2014, 167 Rn. 17). 

Im entschiedenen Fall ag unstreitig eine bilanzielle Überschuldung vor. Außerdem wies die Schuldnerin wiederholt Verluste auf, die zu einem Verlust des Eigenkapitals und zu einem ständig steigenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs.3 HGB) führte.

Handelt es sich nach den Umständen des Falles um ernsthafte Indizien, die eine Unternehmensfortführung zweifelhaft erscheinen lassen, darf ein Jahresabschluss nur dann unbesehen auf der Grundlage der Fortführungswerte erstellt werden, wenn anhand konkreter Umstände feststeht, dass diese belastenden Indizien einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit jedenfalls nicht entgegenstehen. Andernfalls haben die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft eingehende Untersuchungen durchzuführen und dabei anhand aktueller, hinreichend detaillierter und konkretisierter interner Planungsunterlagen zu analysieren, ob weiterhin von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist (explizite Fortführungsprognose, Winkeljohann/Büssow in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 10.Aufl., § 252 HGB Rn. 10; vgl. Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 264; Groß, WPg 2010, 119, 130). (bb) Erkennt der Steuerberater Umstände, die geeignet sind, die implizite Fortbestehensprognose des § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB in Frage zu stellen, oder hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses solche Umstände erkennen müssen, muss er entweder klären,ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich nicht geeignet sind, die Fort-führungsprognose in Frage zu stellen, oder er muss dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft eine explizite Fortführungsprognose erstellt. 
Übergibt die Gesellschaft dem Steuerberater eine explizite Fortführungsprognose, darf der Steuerberater diese -wenn sie nicht evident untauglich ist-bei der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde legen. Legt der Mandant nicht von sich aus ein Ergebnis einer Prüfung der Fortführungsaussichten vor, muss dies der Steuerberater anmahnen, wenn er das Risiko einer mangelhaften -weil zu Unrecht mit Fortführungswerten aufgestellten-Bilanz ausschließen möchte. Hingegen darf er sich nicht auf bloße Aussagen der Geschäftsführer oder der Gesellschaft ohne sachlichen Gehalt verlassen.  
Er ist zwar nicht verpflichtet, die notwendigen Überprüfungen ohne gesonderten Auftrag selbst zu veranlassen oder durchzuführen. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass der Mandant die gegen einen Ansatz von Fortführungswerten bestehenden Bedenken ausräumt, und daher die vom Mandanten abgegebenen Erklärungen daraufhin überprüfen, ob sie stichhaltig sind und Substanz aufweisen.

Trotz dem Steuerberater erkennbarer Zweifel an der Fortführungsvermutung ist der von ihm erstellte Jahresabschluss jedoch mangelfrei, wenn der Steuerberater die Gesellschaft auf die konkreten Umstände hingewiesen hat, deretwegen keine ausreichende Grundlage vorhanden war, um ungeprüft Fortführungswerte nach § 252 Abs.1 Nr.2 HGB zugrunde legen zu können, die Gesellschaft ihn aber ausdrücklich angewiesen hat, gleichwohl die handelsrechtliche Bilanz mit Fortführungswerten zu erstellen.

Beruht der Mangel eines Werks auf Anweisungen oder verbindlichen Vorgaben des Bestellers, entfällt die Haftung für Mängel, sofern der Unternehmer die erforderlichen Prüfungen durchgeführt und die notwendigen Hinweise gegeben hat (Palandt/Sprau, BGB, 76.Aufl., §633 Rn.4; BGH, Urteil vom 29.September 2011 -VIIZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn. 14 mwN; vgl. auch §645 Abs.1 Satz1 BGB). Die -vom Steuerberater zu beweisenden- Hinweise müssen sowohl die bestehenden Zweifel an der Fortführungsprognose als auch die notwendige Überprüfung genau und im Einzelfall aufzeigen. Die vom Mandanten erteilte Anweisung hat der Steuerberater sodann in dem von ihm erstellten Entwurf eines Jahresabschlusses zu dokumentieren.

Der vom Beklagten nach seiner Behauptung erteilte allgemeine Hinweis, dass eine bilanzielle Überschuldung vorliegt, entlastet den Steuerberater jedoch nicht. Gleiches gilt für die Hinweise auf eine generelle Prüfungspflicht in den Schreiben vom 20. April und 28. August 2007. 
Der Steuerberatermuss den Mandanten vielmehr klar und deutlich darauf hinweisen, dass er die handelsrechtliche Bilanz nur dann nach Fortführungswerten erstellen kann, wenn hier-für die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Sofern die im Streitfall bestehenden Indizien ernsthafte Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit begründeten, hätte der Beklagte dem Mandanten zu erläutern gehabt, welche Anforderungen § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB an die Bilanzierung nach Fortführungswerten stellt und dass im Streitfall aufgrund einer bilanziellen Überschuldung und den wiederholten Verlusten konkrete Zweifel an einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestanden und deshalb eine explizite Fortführungsprognose erforderlich sei.

Das für eine Schadensersatzhaftung bei Mängeln der Werkleistung erforderliche Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs.1 Satz 2 BGB). Der Steuerberater muss sich mithin entlasten.

d) Die  Kausalität der fehlerhaften Bilanz für den geltend gemachten Insolvenzverschleppungs-schaden, insbesondere also den unterlassenen Insolvenzantrag muss der Insolvenzverwalter beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6.Juni 2013 -IXZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 19 ff).2. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt zudem eine Haftung des Beklagten aus § 280 Abs.1, § 675 Abs. 1BGB wegen Verletzung einer Hinweis-und Warnpflicht in Betracht.
Auch wenn der vom Steuerberater erstellte Jahresabschluss mangelfrei war, können den mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragten Steuerberater Hinweis-und Warnpflichten treffen.

a) Eine Hinweispflicht des Steuerberaters besteht auch außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstandes,  soweit die Gefahren dem Steuerberater bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Aufraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 -IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn. 14 mwN; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 20). 
Dies gilt insbesondere,wenn die Gefahr Interessendes Auftraggebers betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 -IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2248;

aa) Diese Voraussetzungen können bei einem Steuerberater erfüllt sein, der beauftragt ist, einen Jahresabschluss zu erstellen. Trotz inhaltlich richtiger Bilanz können zugunsten des Mandanten Hinweis-und Warnpflichten bestehen, wenn der Steuerberater einen Insolvenzgrund erkennt oder für ihn ernsthafte Anhaltpunkte für einen möglichen Insolvenzgrund offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.

Solche Anhaltspunkte können für den Steuerberater etwa dann offenkundig sein, wenn die Jahresabschlüsse der Gesellschaft in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufweisen. Dies kommt weiter in Betracht, wenn für den Steuerberater offenkundig ist, dass die bilanziell überschuldete Gesellschaft über keine stillen Reserven verfügt. Maßgeblich für die Frage, ob eine Hinweis-und Warnpflicht des Steuerberaters besteht, sind dabei nur die von ihm für den zu erstellenden Jahresabschluss zu prüfenden Umstände. Der Steuerberater muss im Hinblick auf § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ohnehin anhand der ihm zur Verfügung gestellten Informationen und der ihm sonst -etwa auch aus einem Dauermandat-bekannten Umstände prüfen, ob sich daraus  ernsthafte Hinweise auf einen möglichen Insolvenzgrund ergeben, die als tatsächliche Gegebenheiten Zweifel an der Fortführungsprognose wecke.

Insbesondere ist der Steuerberater verpflichtet, die Mandantin über rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten zu unterrichten, die er im Zuge der Erstellung der Jahresbilanz erkennen muss und die der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Sinne des § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB entgegenstehen können. 
Da § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auf die Tätigkeit des Unternehmens abstellt und im Unterschied dazu §§ 17 ff InsO Handlungspflichten für den Unternehmensträger bestimmen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2480 f; Eickes, Zum Grundsatz der Unternehmensfortführung in der Insolvenz, S. 116), liegt es für den Steuerberater und den Mandanten nahe, dass der Steuerberater auf solche sich beider Prüfung des § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB ergebende offenkundige Umstände hinweist, die für den Mandanten Handlungspflichten nach den §§ 17ff InsO begründen können.

Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, für eine Organisation zu sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht; verfügt er selbst nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 -II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; vom 20. Februar 1995 -II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; vom 14. Mai 2007 -II ZR 48/06, ZInsO 2007, 660 Rn. 16; vom 27.März 2012 -II ZR 171/10, ZInsO 2012, 1177, Rn. 15; vom 19. Juni 2012 -II ZR 243/11, ZInsO 2012, 1536 Rn. 11
Auf dieser Grundlage hat der Beklagte Steuerberater einer etwaigen Hinweis-und Warnpflicht nicht mit seinen im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben genügt. Das Schreiben vom 20. April 2007 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf einen möglichen Insolvenzgrund, weil der Beklagte darin nur abstrakt die Prüfungspflichten eines Geschäftsführers wiedergibt.

cc) Die Hinweis-und Warnpflicht des Steuerberaters hinsichtlich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, setzt weiter voraus, dass der Steuerberater Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist. Daran fehlt es, wenn der Steuerberater davon ausgehen darf, dass sein Mandant sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, bewusst ist und in der Lage ist, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer der Gesellschaft über das konkrete tatsächliche und rechtliche Wissen verfügt, um sich veranlasst zu fühlen zu überprüfen, ob er das Unternehmen in seiner bisherigen Form fortführen kann.H


zurück

 © Copyright Rechtsanwalt Hermann Kulzer Glashütter Straße 101a, 01277 Dresden, Telefon: 0351 - 8 11 02 11