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Insolvenzrecht A bis Z
Prozesskostenhilfe bei der Eigenverwaltung: Voraussetzungen für die Bewilligung
I. Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO erhält eine Partei kraft Amtes auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.
Das gilt sowohl für Aktiv- (vgl. BGH 16. Juli 2009 - IX ZB 221/08 -) als auch für Passivprozesse (vgl. OLG Stuttgart 15. Februar 2012 - 7 U 197/11 -

1. Wie Partei kraft Amtes
Die eigenverwaltende Insolvenzschuldnerin ist zwar keine „Partei kraft Amtes“. Nach Sinn und Zweck des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist sie aber wie eine solche zu behandeln.

Parteien kraft Amtes sind Personen, die als Partei auftreten, aber fremde Interessen vertreten und nicht mit ihrem eigenen Vermögen für die Kosten aufzukommen haben. Ihr Amt wird ihnen durch besonderen Bestellungsakt übertragen (Zöller/Geimer ZPO 31. Aufl. § 116 Rn. 2).

Typische Beispiele hierfür sind Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Insolvenzverwalter und Zwangsverwalter. 

Abzugrenzen ist die Partei kraft Amtes vom Vertreter eines anderen, dessen Aufgabe ausschließlich in der Wahrung der Interessen einer bestimmten oder doch bedingt bestimmten Person oder Personenmehrheit besteht (BGH 14. Juli 2016 - IX ZA 9/16 - Rn. 11 mwN).

Ein eigenverwaltender Insolvenzschuldner steht den anerkannten Fallgruppen einer Partei kraft Amtes gleich.

2. Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
Zwar behält der Schuldner seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Rahmen der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO und wird so zum Amtswalter in eigenen Angelegenheiten. Diese Stellung ist ihm aber - ebenso wie bei einem Insolvenzverwalter - kraft besonderen gerichtlichen Bestellungsaktes übertragen. Er leitet seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das dem Insolvenzbeschlag unterlegene Vermögen aus der Entscheidung des Insolvenzgerichts ab, die Eigenverwaltung durchzuführen. Es handelt sich um eine vom Insolvenzgericht zugewiesene insolvenzspezifische Verfügungsbefugnis (Weber ZInsO 2014, 2151, 2153).

Dem eigenverwaltenden Insolvenzschuldner obliegt die Verwaltung und Verwertung der Masse nach Maßgabe des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung (Uhlenbruck/Zipperer 14. Aufl. § 270 InsO Rn. 12).

Für ein Insolvenzverfahren, in dem kein Insolvenzverwalter bestellt wird und stattdessen der Schuldner berechtigt ist, unter Sachwalteraufsicht die Insolvenzmasse zu verwalten, gelten die gleichen Vorschriften wie für das Regelinsolvenzverfahren (§ 270 Abs. 1 Satz 2 InsO; vgl. hierzu zB HK-InsO/Landfermann 8. Aufl. Vor §§ 270 ff. Rn. 7).

3. Unterbrechung des Prozesses
Dementsprechend wird - ohne Wechsel in der Prozessführungsbefugnis - durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ein anhängiger, die Insolvenzmasse betreffender Rechtsstreit nach § 240 ZPO unterbrochen (BGH 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11 -).
Die durch die Unterbrechung bewirkte Überlegungsfrist benötigt auch ein Insolvenzschuldner, der sein Vermögen selbst verwaltet.
Denn er darf sein bisheriges Prozessverhalten nicht ohne Weiteres beibehalten; vielmehr hat er nach der Insolvenzeröffnung ausschließlich die Interessen seiner Gläubiger zu wahren und eigene Interessen zurückzustellen.

Zudem kann eine Abstimmung mit dem Sachwalter erforderlich werden (BGH 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11 - Rn. 42 mwN).

Auch § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist - wie im Regelinsolvenzverfahren - anzuwenden (Eckardt EWiR 2014, 571; Weber ZInsO 2014, 2151; Wolff jurisPR-InsR 7/2015 Anm. 3).

4. Zweck des § 116 ZPO
Im Hinblick auf den Insolvenzverwalter bezweckt § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO, die Prozessführung zwecks Anreicherung der Insolvenzmasse zu erleichtern (vgl. unter Hinweis auf die Gesetzeshistorie BAG 3. August 2011 - 3 AZB 8/11 - Rn. 29).
Es soll vermieden werden, dass Masseprozesse nur aus dem Grunde nicht geführt werden können, weil zahlungsfähige Gläubiger angesichts der geringen Quote, die sie zu erwarten haben, das Prozessrisiko nicht übernehmen wollen, oder dass Geschäftspartner des Insolvenzschuldners sich rechtswidrige Vorteile in der Erwartung verschaffen, dem Insolvenzverwalter werde es nicht gelingen, die Mittel zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands aufzubringen (BGH 27. September 1990 - IX ZR 250/89 - zu II 2 der Gründe).
Das gilt unabhängig davon, ob die Insolvenzeröffnung mit der Anordnung einer Eigen- oder Fremdverwaltung verbunden ist.

II. Weitere Voraussetzungen für die Bewilligung 

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO müssen sind erfüllt sein. 

1. Masseunzulänglichkeit
Die Insolvenzmasse muss unzulänglich sein. +
Das muss hinreichend dargelegt werden.

Bei angezeigter Masseunzulänglichkeit ist im Übrigen regelmäßig davon auszugehen, dass die Kosten des Rechtsstreits nicht aus der Masse aufgebracht werden können (Martini AnwZert InsR 20/2010 Anm. 3).

2. Unzumutbarkeit für andere Beteiligte
Die Antragstellerin muss ferner ausreichend aufgezeigen, dass es den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten für die Verteidigung gegen die Revision aufzubringen.

 BAG 22.8.2017, 1 AZR 546/15 (A)


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