Ist in Zeiten von Corona oder anderen Umständen eine Scheidung auch kontaktfrei, also und ohne persönliche Anhörung möglich - also Scheidung per Videokonferenz oder im schriftlichen Verfahren?
1. Andere Länder In anderen Ländern gibt es bereits die Scheidung per Videokonferenz.
2. Technik erforderlich In Deutschland fehlt dafür noch an vielen Gerichten die erforderliche Technik: Es gibt aber schon zahlreiche Gerichte (Stand 2021), die auch Verhandlungen per Videokonferenz durchführen (Beispiel: bestimmte Senate des OLG Dresden).
3. Nur Soll-Vorschrift Eine persönliche Anhörung ist in § 128 Abs.1 FamFG nicht zwingend vorgeschrieben, sondern es handelt sich bei der Vorschrift um eine Soll-Vorschrift.
4. Ermessen des Gerichts Es steht im Ermessen des Gerichts um es davon Gebrauch macht.
5. Schriftliches Verfahren In Zeiten von „Corona“ kann eine Scheidung unter Umständen auch im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 Satz 1 BGB durchgeführt werden.
Einige Familiengerichte nutzen diese Möglichkeit bereits.
Die Parteien müssen dann schriftlich Stellung nehmen zu den Scheidungsvoraussetzungen (Trennungszeitpunkt ua. ) und dies unterschreiben (korrekterweise auch mit Versicherung der Richtigkeit der Angaben).
Das Gericht verzichtet dann auf eine persönliche Anhörung.
Die Scheidung erfolgt in diesem Fall im schriftlichen Verfahren.
Dies setzt voraus, dass beide Parteien mit dem schriftlichen Verfahren zustimmen. Dies kann praktisch nur erfolgen im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung.
Eine einvernehmliche Scheidung könnte daher mit etwas gutem Willen des Gerichts oder etwas Technik ohne persönlichen Kontakt der Ehegatten und ohne Ansteckungsrisiko abgewickelt werden.
Für die Gerichte könnte diese Verfahrensweise zu einer erheblichen Effektivitätssteigerung führen.
Ein gute/r Anwalt/in jedenfalls sollte diese Möglichkeiten in Betacht ziehen und bei Gericht anregen.
Stand Beitrag vom März 2021 Hermann Kulzer RA
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