In beiden Bereichen (Massenentlassungsanzeige & Betriebsratsanhörung) sind Formfehler brandgefährlich – eine „Heilung“ ist nur sehr begrenzt möglich und fast immer nur durch neue, erneute Kündigungen, nicht rückwirkend.
Ich trenne das mal:
1. Massenentlassungsanzeige (§ 17 KSchG) + Konsultation des Betriebsrats a) Was muss der Arbeitgeber tun?
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Betriebsrat konsultieren (§ 17 Abs. 2 KSchG)
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Vor der Anzeige bei der Agentur für Arbeit muss der Arbeitgeber den BR schriftlich informieren (Gründe, Zahl der Entlassungen, Zeitraum etc.) und beraten.
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Der BR kann eine Stellungnahme abgeben.
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Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit (§ 17 Abs. 1, 3 KSchG)
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Anzeige mit den gesetzlich verlangten Angaben.
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Stellungnahme des BR oder Nachweis, dass der Arbeitgeber dem BR die geplante Entlassung mitgeteilt hat, muss der Agentur für Arbeit vorgelegt werden (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG).
b) Was passiert, wenn das gar nicht oder formell falsch gemacht wird?
Die Rechtsprechung ist streng:
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Fehler bei der Anzeige oder Konsultation (z.B.
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keine oder unzureichende Unterrichtung des BR,
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keine ordnungsgemäße Anzeige bei der Agentur für Arbeit,
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fehlende oder nicht beigefügte BR-Stellungnahme / kein Nachweis der Unterrichtung):
→ Die Kündigungen sind regelmäßig unwirksam (oft als „rechtsunwirksam“ / „nichtig“ bezeichnet, jedenfalls nicht geeignet, das Arbeitsverhältnis zu beenden).
Der Fehler liegt nicht nur in der „Begründung“, sondern es fehlt eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung.
Viele Gerichte formulieren: „Die Kündigung ist wegen Verstoßes gegen § 17 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.“
c) Kann man das nachholen?
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Keine echte Heilung rückwirkend: Ist die Kündigung einmal erklärt und die Massenentlassungsanzeige/Konsultation war fehlerhaft, wird diese konkrete Kündigung dadurch nicht nachträglich wirksam.
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Aber: Der Arbeitgeber kann
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die Konsultation und Anzeige ordnungsgemäß nachholen und
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danach erneut kündigen.
Für den Arbeitnehmer bedeutet das:
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In einem Kündigungsschutzprozess kann man sich auf den Fehler berufen.
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Gewinnt man, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen, bis ggf. eine neue, diesmal formell korrekte Kündigung kommt.
2. Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG (individuelle Kündigung)
Das ist etwas anderes als die Konsultation nach § 17 KSchG, wird aber oft vermengt.
a) Pflicht des Arbeitgebers
Vor jeder Kündigung (ordentlich oder außerordentlich) in einem Betrieb mit Betriebsrat:
b) Was, wenn das nicht oder falsch gemacht wird?
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Wird der BR überhaupt nicht angehört → die Kündigung ist unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
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Wird der BR falsch, unvollständig oder irreführend unterrichtet (z.B. wesentliche Kündigungsgründe verschwiegen): → Die Anhörung ist fehlerhaft, also so zu behandeln, als hätte keine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden. → Folge: Kündigung unwirksam.
Auch hier: Es geht um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, nicht um eine bloße „Begründungsmängel“-Frage.
c) Kann man die Betriebsratsanhörung nachholen?
3. Antwort auf deine konkreten Fragen in Stichworten
„Ist die Kündigung unzulässig, unbegründet, oder was?“
Juristisch gesprochen:
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Bei Fehlern der Massenentlassungsanzeige / Konsultation (§ 17 KSchG) → Kündigung rechtsunwirksam (Verstoß gegen zwingendes Gesetz, § 134 BGB).
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Bei Fehlern der Anhörung nach § 102 BetrVG → Kündigung unwirksam (explizit im Gesetz so geregelt).
Alltagssprache:
„Kann man das nachholen?“
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Nein, nicht für die alte Kündigung. Weder Massenentlassungsanzeige noch BR-Anhörung können die Wirksamkeit einer bereits fehlerhaft erklärten Kündigung rückwirkend retten.
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Ja, aber nur für die Zukunft: Arbeitgeber kann die formellen Schritte korrekt nachholen und neu kündigen.
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