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Änderungsgesetz zur InsO / Änderungen im Insolvenzrecht |
Nach dem In-Kraft-Treten des InsO- Änderungsgesetzes zum 01.12.2001 bestand schnell wieder erheblicher Handlungsbedarf.
Im Wesentlichen war dies bedingt durch die Einführung des Stundungsmodells, mit dem auch für diejenigen Schuldner die Durchführung eines Insolvenzverfahrens möglich ist, die die Verfahrenskosten nicht decken können. Dadurch wird die Restschuldbefreiung auch für Mittellose ermöglicht.
Die Zahl der Insolvenzeröffnungen nahm durch die Kostenstundung drastisch zu. Die Insolvenzgerichte konnten die Flut der Anträge fast nicht mehr bewältigen.
Das Bundesjustizministerium hat im September 04 einen Diskussionsentwurf vorgelegt, mit dem zahlreiche Vereinfachungen und Verbesserungen erzielt werden sollen.
Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung, des Kreditwesengesetzes und anderer Gesetze vom März 2006 verfolgt/verfolgte in erster Linie zwei Anliegen:
- Zum einen soll insbesondere im Interesse Selbstständiger ein Pfändungsschutz für die der Altersvorsorge dienende Kapitallebensversicherung und die private Rentenversicherung geschaffen werden.
- Zum anderen sollen die zum Teil zu weit reichenden Auswirkungen der Insolvenzanfechtung vorsichtig zurückgeschnitten werden.
Der Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge ist derzeit noch sehr lückenhaft ausgestaltet. Während Rentner aus der gesetzlichen Rentenversicherung einen Pfändungsschutz genießen, besteht gegenüber den Einkünften selbstständig Tätiger ein solcher Pfändungsschutz nicht in gleichem Umfang. Vielmehr sind die Vermögenswerte, die Selbstständige ihrer Altersvorsorge gewidmet haben, unbeschränkt dem Gläubigerzugriff ausgesetzt. In Einzelfällen kann dies dazu führen, dass Personen, die an sich für ihr Alter vorgesorgt haben, durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ihrer Alterssicherung vollständig verlustig gehen. Im Alter sind diese Menschen dann auf staatliche Unterstützung angewiesen. Eine solche extensive Reichweite der Zwangsvollstreckung entspricht nicht dem Menschenbild des Grundgesetzes. Vielmehr sollten dem Schuldner zur Absicherung seines Existenzminimums soviel belassen werden, wie er zu einer selbst verantwortenden Gestaltung seiner Lebensverhältnisse benötigt. Deshalb sieht der Gesetzentwurf als einen ersten Schritt vor, die am weitesten verbreitete Form der Alterssicherung Selbstständiger, die Lebensversicherung und die private Rentenversicherung, einem Pfändungsschutz zu unterstellen. Die Rentenzahlungen, die auf solche Versicherungen erbracht werden, sollen in gleicher Weise geschützt werden wie die aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Um den Menschen den Aufbau einer solchen Alterssicherung überhaupt erst zu ermöglichen, ist es geboten, auch das anzusparende Vorsorgekapital einem Pfändungsschutz zu unterstellen. |
17.10.2004 |
Referentenentwurf vom 16.9.2004 zur Änderung der Insolvenzordnung |
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Das Bundesjustizministerium hat am 16.September 2004 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung, des Kreditwesensgesetzes und anderer Gesetze vorgelegt. Ein Regierungsentwurf wird nach den Stellungnahmen aus den Länderjustizverwaltungen und der Verbände Ende 2004 angestrebt.
Zielsetzung und Lösungsansätze der Änderungen der Insolvenzordnung:
1. Verfahrenserleichterung für Insolvenzverfahren natürlicher Person
Da inzwischen die Insolvenzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen weiterhin sprunghaft angestiegen sind. Nach Schätzungen gibt es in der Bundesrepublik 3 Millionen überschuldete Haushalte. Es muss nach zusätzlichen Verfahrenserleichterungen gesucht werden.
a) Abgrenzung: Verbraucher- vom Regelinsolvenzverfahren
Die mit dem Gesetz vom 26.Oktober 2001 eingeführte Stundung der Verfahrenskosten hat zu erheblichen Mehrbelastungen für die Justizhaushalte der Länder geführt. Die bisherige Aufteilung der Verfahren über das Vermögen der natürlichen Personen in Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren soll aufgegeben werden.
Es soll künftig die Abgrenzung danach erfolgen, ob jemand noch unternehmerisch tätig ist- dann Regelinsolvenz - und denen, die nicht oder nicht mehr unternehmerisch tätig sind. Für diese soll künftig das Verbraucherinsolvenzverfahren gelten.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, daß alle natürlichen Personen, die nicht unternehmerisch tätig sind, ein Verbraucherinsolvenzverfahren zu durchlaufen haben. Bei Personen, die im Zeitpunkt der Antragsstellung noch unternehmerisch tätig sind, wird auf den Versuch einer gütlichen Einigung verzichtet, damit das Gericht zügig Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann.
Merke:
- Alle natürlichen Personen, die kein Gewerbe mehr betreiben, sind Verbraucher und unterfallen dem IK-Verfahren, dh. dem Verbraucherinsolvenzverfahren.
- Alle unter 1. fallenden Personen müssen also auch die amtlichen Formulare für den Insolvenzantrag verwenden.
Die mangelnde Mitwirkung des Schuldners, die in der Vergangenheit zu einer erheblichen Belastung der Insolvenzgerichte und der Insolvenzverwalter geführt hat, soll künftig verstärkt zu einer Versagung der Restschuldbefreiung führen.
b) Zusammenführung von außergerichtlichen und gerichtlichen Einigungsversuch
Bisher mußte in Verbraucherinsolvenzverfahren ein außergerichtliches Schulden-bereinigungsverfahren durchgeführt werden. Wenn ein Gläubiger dem Schulden-bereinigungsplan widersprochen hat, war das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren gescheitert. Eine Chance für eine vorzeitige Verfahrensbeendigung bestand durch das nachgeschaltete ( nochmalige ) gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren, in dem bei Vorliegen der Mehrheit ( mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger und Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger beträgt mehr als die Summe der Ansprüche der benannten Gläubiger ) das Gericht die Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan ersetzen konnte.
Da das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren sehr zeit- und arbeitsintensiv ist und die Erfolgsaussichten bisher gering waren, soll nun das außergerichtliche und das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren zusammengeführt werden, um die Einigungschancen zu verbessern.
Merke:
Eine Bescheinigung über einen gescheiterten außergerichtlichen Einigungsversuch ( § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO-E) ist nicht erforderlich bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit, nämlich bei
- mehr als 20 Gläubigern - einer Befriedigungsquote der Gläubiger bis zu 5 %.
Der außergerichtliche Einigungsversuch wird daher künftig eher die Ausnahme sein.
Den Gerichten soll die schriftliche Verfahrensdurchführung ermöglicht werden. Das Gericht soll für dieses zusammengeführte Schuldenbereinigungsverfahren das Recht der Zustimmungsersetzung haben. Der vom Gericht bestätigte Schuldenbereinigungsplan hat wie bisher die Wirkung eines Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Ein besonderes Rechtsmittel gegen die Zustimmungsersetzung sieht der Ge-setzesentwurf nicht vor, vgl. auch InsbürO 8/2004 S. 284 ff..
c) Einführung einer Forderungsanmeldungsausschlussfrist bei IK-Verfahren
In IK-Verfahren wird eine Ausschlussfrist von drei Monaten für die Forderungsanmeldung eingeführt. Es handelt sich hierbei um eine Notfrist. Wiedereinsetzung kann beantragt werden ( § 4 InsO, §§ 233 ff. ZPO ff. ) .
2. Chancengleichheit bei der Auswahl des Insolvenzverwalters
Der Referentenentwurf trägt bereits den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 3. August 2004 über die Auswahl des Insolvenzverwalters Rechnung. Jeder Bewerber müsse eine faire Chance erhalten, entsprechend seiner Eignung berücksichtigt zu werden.
Die gesetzlichen Vorgaben für die Auswahl des Insolvenzverwalters beschränken sich bisher in § 56 InsO darauf, daß das Gericht eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und sowohl von den Gläubigern als auch dem Schuldner unabhängige Person zu bestellen haben.
Bei der Auswahl des Insolvenzverwalters wird klargestellt, daß eine Verwendung von geschlossenen Listen durch die Insolvenzgerichte nicht zulässig ist.
Insofern soll in § 56 InsO festgelegt werden, daß die Auswahl des Insolvenzverwalters aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen zu erfolgen hat. Demgegenüber soll das Auswahlverfahren an sich keine weiteren Einschränkungen unterworfen werden.
3. Masseverwertung und übertragende Sanierung vor dem Berichtstermin
Bei einer übertragenden Sanierung bestehen manchmal außergewöhnlich günstige Verwertungschancen. Bisher war eine übertragende Sanierung vor der Gläubigerversammlung, die meist erst Wochen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattfindet, nicht zulässig. Im Insolvenzeröffnungsverfahren besteht zur Zeit ein Klärungsbedarf, in welchem Umfang die gesicherten Gläubiger bereits in diesem Verfahrensstadium Einschränkungen ihrer Sicherungsrechte hinnehmen müssen.
Der Gesetzesentwurf schlägt vor, im Wege gerichtlich angeordneter Sicherungsmaßnahmen ein Verwertungs- und Einziehungsverbot gegenüber Aussonderungs-berechtigten und Sicherungsgläubigern zu verhängen, um insbesondere die Nutzung von solchen sicherungsübereigneten Betriebsmitteln zu ermöglichen, die für eine Fortführung des Betriebs von wesentlicher Bedeutung sind.
4. Verbesserung des Pfändungsschutzes der Altersvorsorge für Selbstständige
Unbefriedigend ist bisher, dass Vermögenswerte, die Selbstständige für ihre Altersvorsorge vorgesehen haben, ohne ausreichenden Pfändungsschutz dem Gläubigerzugriff ausgesetzt sind. Im Vergleich zum Arbeitseinkommen genießen die Einkünfte Selbstständiger keinen ausreichenden Pfändungsschutz. Sie unterfallen, selbst wenn sie ausschließlich der Alterssicherung dienen, der Einzel- oder Gesamtvollstreckung. Diesem Risiko ist der Empfänger von Leistungen aus einer gesetzlichen oder betrieblichen Rentenversicherung nicht ausgesetzt. Ihm verbleiben die Rentenansprüche aus der Rentenversicherung, die nur wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Auch das der Alterssicherung dienenden Vermögen und die der Alterssicherung dienenden Einkünfte Selbstständiger sind vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger zu schützen, um
- das Existenzminimum des Selbstständigen im Alter zu sichern, - den Staat von Sozialleistungen zu entlasten, - bessere Rahmenbedingungen für Existenzgründungen zu schaffen und - eine Kultur der Selbstständigkeit zu fördern
Die Staffelbeträge, die jährlich unpfändbar angelegt werden können, sollen von 2000 Euro bei einem 18 jährigen bis 7000 Euro bei einem über 60 jährigen reichen. Grund für die Staffelung ist, daß lebensjüngeren Menschen mehr Zeit verbleibt, um ihre Altersvorsorge aufzubauen.
Der Pfändungsschutz für Selbstständige soll vergleichbar mit dem der Arbeitnehmer werden. Bisher muss ein selbstständiger Unternehmer im Falle einer Zwangsvollstreckung oder Insolvenz seine Gewinne in vollem Umfang an die Gläubiger abführen.
5. Schaffung moderner Finanzierung- und Refinanzierungsinstrumente
Im internationalen Vergleich sind deutschen Unternehmen gewisse Finanzierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten nicht eröffnet, die in anderen Ländern eine erhebliche Bedeutung erlangt haben. Dies gilt etwa für die Refinanzierung über eigens zu diesem Zweck gegründete Gesellschaften, die sich ihrerseits Gelder auf dem Kapitalmarkt durch die Ausgabe von Schuldscheinen und Schuldverschreibungen besorgen. Der Gesetzesentwurf sorgt hier für Abhilfe, indem er durch Einfügung eines neuen Abschnitts in das Kreditwesensgestz ( §§ 22 a ff. KWG-E) die Begründung einer insolvenz- und vollstreckungsfesten Rechtsposition der Zweckgesellschaft ohne Übertragung der Refinanzierungsgegenstände ermöglicht. Voraussetzung ist, dass die Gegenstände in ein nach den neuen Vorschriften des Kreditwesengesetzes geführtes Refinanzierungsregister eingetragen werden. Dieses Refinanzierungsregister wird durch einen neutralen, von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bestellten Verwalter überwacht, um die Interessen der anderen Gläubiger des Refinanzierungsunternehmens nicht zu gefährden.
Vgl. zu § 108 Abs. 2 i.d.F. des Referentenentwurfes eines Gesetzes zur Änderung der InsO " Der Darlehnsvertrag in der Insolvenz" - Freitag, in ZIP 50/2004 S. 2368 ff.
Literaturhinweise: -Zum Referentenentwurf :Prof. Dr. Vallender in InVo 12/2004 S. 478 ff.; -Stellungsnahme des Deutschen Anwaltsvereins / Insolvenzrechtsausschuss in ZInsO 1/2005 S. 32 ff. |
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht |
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