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Mobbing, Korruption, allgemeine Gleichbehandlung, Kündigung, Betriebsübergang, Sanierung sind Themen von aktueller Bedeutung.

06.12.2019 Karenzentschädigung und nachvertragliches Wettbewerbsverbot von Geschäftsführern und leitenden Angestellten
Information Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot (NW) mit Karenzentschädigung ist ein gängiges Instrument, um Geschäftsführer, Vorstände oder leitenden Mitarbeiter daran zu hindern, direkt zur Konkurrenz zu gehen und Kunden oder Know How "abzuziehen".Wie ein Wettbewerbsverbot ausgestaltet werden muss, damit es wirksam ist, war schon Gegenstand vieler Gerichtsentscheidungen. Eine interessante Entscheidung hat das BAG  am 27.2.2019 unter AZ 10 AZR 340/18 getroffen.
1. Örtliche und zeiltiche Begrenzung

Das Wettbewerbsverbot muss - damit es wirksam ist- begrenzt werden: 

zeitlich und örtlich.

Bei der Ausprägung kommt es darauf an, was die Gesellschaft macht, z.B. wäre eine örtliche Begrenzung von 12 Kilometer  bei einem Wettbewerbsverbot für einen Anwalt nicht gerechtfertigt.

12 Kilometer Reichweiten-Beschränkung bei einem Ingenieur in Wolfsburg wären wohl gerechtfertigt.

Bei einem Bauingenieur beschränkte das BAG das Wettbewerbsverbot, damit es nicht einem Berufsverbot gleichkommt.

Das BAG fällte auch eine Entscheidung für einen leitenden Arbeitnehmer, der bei einem Prozessfinanzierer beschäftigt war. Er war Spezialist für Entschädigungen bei Sportverletzungen.

2. Vertragsstrafe und Ausschlussfristen

In der Praxis wird meist eine Vertragsstrafe festgelegt, da dies leichter realisierbar ist.

Ferner sind Ausschlussfristen zu beachten: 

3. Anrechenbare Einkünfte

Wenn sich jemand nach dem Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis mit Wettbewerbsverbot selbständig macht, muss der Arbeitgeber für die Anrechnung der Einkünfte eine 1- Jahresfrist für die Klage beachten.

Bei unverbindlicher Wettbewerbsklausel besteht für das Unternehmen ein Wahlrecht, ob es das Wettbewerbsverbot gelten lassen möchte oder nicht. Wenn man sie anwendet, dann muss aber auch die Karenzentschädigung bezahlt werden.

Was passiert, wenn sich dann jemand selbständig macht? Was wird dann angerechnet?

Man muss sich das anrechnen  lassen, was man verdient hat oder hätte verdienen können - der anrechenbare Verdienst  ist in § 74 c HGB geregelt.

4. Auskünfte und Unterlagen

Wenn ein ehemaliger Mitarbeiter eine neue Anstellung findet, wie kann der alte Arbeitgeber herausbekommen, was sein alter Mitarbeiter jetzt verdient, damit man dieses Einkommen dann auf die zu zahlende Karenzentschädigung anrechnen kann?

Und reicht es, wenn man nur die Monatsabrechnung erhält?

Nein, eine Abrechnung ist nicht aussagekräftig.

So kann man nicht ermitteln, ob es auch z.B. Weihnachtsgeld gibt.

Man muss sich also nicht mit unvollständigen Auskünften zufrieden geben.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der ehemalige Arbeitnehmer umfassende Auskünfte erteilen muss; also auch Auskünfte über Prämien, Gewinnausschüttungen etc.

5. Sonstige Rechte des Arbeitgebers

Was kann der Arbeitgeber manchen, wenn die Auskünfte nicht vollständig sind?

Der ehemalige Arbeitgeber kann die Karenzentschädigung zurückbehalten.

Wenn der Arbeitgeber auf Zahlung des Karenzentschödigung verklagt wird, dann könnte er Widerklage erheben mit Anträgen,  welche Auskünfte er genau haben will (auch in dem Fall, dass sich der frühere Arbeitnehmer nach Ende der Beschäftigung selbständig gemacht hat).

6. Besonderheit bei Selbständigen

BAG entschied für die anrechenbaren Einkünfte eines Selbständigen: 

es zählen nicht die erzielten Umsatzerlöse, sondern die Gewinne. Also müssen Kosten berücksichtigt werden.

Wie kann man vermeiden, dass ein Selbständiger keine Rechnungen schreibt, in der Hoffnung, dass ihm keine anrechenbare Einkünfte angerechnet werden?

Das BAG hat dazu entschieden und spricht vom Realisierungsprinzip: 

wenn Leistungen so gut wie sicher sind, müssen sie berücksichtigt -also angesetzt werden.

Das heißt, die Leistung muss noch gar nicht bezahlt sein- sie muss noch nicht entstanden oder fällig sein. Es kommt nicht auf Zuflussprinzip nach § 11 EST an. Bei Bausachen kommt es z.B. auf die Schlussrechnungsreife an.

Daher ist es nicht möglich, dass der betroffene Selbständige, keine Rechnungen gelegt hat.

Wie kann man die Auskünfte und Unterlagen des ehemaligen Mitarbeiters erlangen- notfalls mit Zwangsmitteln?

Wenn die Auskünfte nicht vollständig erteilt werden, hat man einen Anspruch auf Erteilung einer eidesstattlichen Versicherung.

BAG unterscheidet zwischen:  „unglaubhaft und unwahr“- unglaubhaft ist noch weniger als unwahr

7. Zwangsweise durchsetzung der Auskünfte

Auskunftserteilung ist in § 888 ZPO geregelt- bei Nichterteilung kann man Zwangsgeld festsetzen.

§ 888 ZPO Nicht vertretbare Handlungen

(1)Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

Was gehört alles zur Auskunftserteilung bei (neuer) Selbständigkeit?

-Vorlage von Verträgen und Kontoauszüge

Das BAG ist sehr weitgehend in den Pflichten, was ehemalige Mitarbeiter an Auskünften erteilen müssen.


8. Beratung erforderlichWettbewerbsverbote mit  Karenzentschädigung sind keine Angelegenheiten, die man in Minutenschnelle mit Mustern aus dem Internet klären kann.
Es bedarf einer gründlichen Ausarbeitung/ Vertretung und der Betreuung durch Fachanwälte.

Wettbewerbsverbote gehören rechtlich zum Handelsrecht.
Daher ist ein Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht ein geeigneter Ansprechpartner.


Ich helfe Ihnen gerne!



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Verfasser: Hermann Kulzer, MBA, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
20.04.2011 Befristung eines Arbeitsvertrags nach dem Bundesarbeitsgericht bei Zuvor- Beschäftigung zulässig
Information Wann und wielange sind Befristungen zulässig und stellen eine Brücke der Arbeitnehmer zur Dauerbeschäftigung dar?

Sind Befristungsketten zulässig? Wann sind Befristungen mißbräuchlich?

A. Gesetzestext zur Befristung (Auszug)
§ 14 Zulässigkeit der Befristung

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5 .die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.(Achtung!)

B. Sachgrundlose Befristung und „Zuvor-Beschäftigung“

Der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund bis zu zwei Jahre zu befristen, steht eine frühere Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht entgegen, wenn diese mehr als drei Jahre zurückliegt.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Das gilt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Eine „Zuvor-Beschäftigung“ im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt.

Das ergibt die an ihrem Sinn und Zweck orientierte, verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Regelung. Diese soll zum einen Arbeitgebern ermöglichen, auf schwankende Auftragslagen und wechselnde Marktbedingungen durch befristete Einstellungen zu reagieren, und für Arbeitnehmer eine Brücke zur Dauerbeschäftigung schaffen. Zum andern sollen durch das Verbot der „Zuvor-Beschäftigung“ Befristungsketten und der Missbrauch befristeter Arbeitsverträge verhindert werden. Das Verbot kann allerdings auch zu einem Einstellungshindernis werden. Seine Anwendung ist daher nur insoweit gerechtfertigt, als dies zur Verhinderung von Befristungsketten erforderlich ist. Das ist bei lange Zeit zurückliegenden früheren Beschäftigungen typischerweise nicht mehr der Fall. Hier rechtfertigt der Gesetzeszweck die Beschränkung der Vertragsfreiheit der Arbeitsvertragsparteien und die damit verbundene Einschränkung der Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers nicht. Die Gefahr missbräuchlicher Befristungsketten besteht regelmäßig nicht mehr, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen. Dieser Zeitraum entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung, die in der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungsfrist zum Ausdruck kommt.

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 15. September 2009 - 7 Sa 13/09 -

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. April 2011 - 7 AZR 716/09 -

Merke:
Befristungen von Arbeitsverhältnissen sind Möglichkeiten der Arbeitgeber auf schwankende Auftragslagen und wechselnde Marktbedingungen zu reagieren.


C. Weitere Entscheidungen zur Befristung (kleiner Auszug ohne Gewähr für Aktualität)

I. Zur Schriftform der Befristung eines Arbeitsvertrages


Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien zunächst nur mündlich die Befristung eines Arbeitsvertrags, so ist die Befristungsabrede unwirksam und ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen, denn nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Halten die Vertragsparteien die Befristungsabrede nach Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer in einem schriftlichen Arbeitsvertrag fest, liegt darin regelmäßig keine eigenständige Befristungsabrede über die nachträgliche Befristung des unbefristet entstandenen Arbeitsverhältnisses, sondern nur die befristungsrechtlich bedeutungslose Wiedergabe des bereits mündlich Vereinbarten. Haben die Parteien hingegen vor der Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags mündlich keine Befristung vereinbart oder eine Befristungsabrede getroffen, die inhaltlich mit der in dem schriftlichen Vertrag enthaltenen Befristung nicht übereinstimmt, enthält der schriftliche Arbeitsvertrag eine eigenständige, dem Schriftformgebot genügende Befristung.

Ist die Befristung daneben sachlich gerechtfertigt, so ist die Befristung insgesamt rechtens. Das hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung des Arbeitsvertrags eines Arztes in der Weiterbildung nach dem ÄArbVertrG in Fortsetzung und Ergänzung seiner bisherigen Rechtsprechung zum Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG entschieden. Der Senat hat die Klage anders als die Vorinstanzen, die das Schriftformgebot verletzt sahen, abgewiesen.
Die Parteien haben nach der Arbeitsaufnahme in einem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26. Februar 2004 eine dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG genügende Befristung zum 19. Februar 2005 vereinbart. In dem Vertrag ist nicht lediglich eine bereits zuvor formunwirksam vereinbarte Befristung schriftlich niedergelegt worden. Die Parteien hatten vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags keine mündliche oder konkludente Befristungsabrede zum 19. Februar 2005 getroffen. Die Befristung ist durch einen der in § 1 Abs. 1 ÄArbVertrG genannten Sachgründe gerechtfertigt und verstößt auch nicht gegen die sonstigen befristungsrechtlichen Bestimmungen des ÄArbVertrG.

II. Aufhebungsvertrag oder nachträgliche Befristung - Überraschungsklausel

Wird nach Zugang einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung vor Ablauf der Klagefrist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Verzögerung von zwölf Monaten vereinbart, so handelt es sich dabei in der Regel nicht um eine nachträgliche Befristung des Arbeitsverhältnisses, sondern um einen Aufhebungsvertrag, wenn nach der Vereinbarung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung bestehen soll („Kurzarbeit Null“) und zugleich Abwicklungsmodalitäten wie Abfindung, Zeugniserteilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden. Ist die Beendigungsvereinbarung in einem vom Arbeitgeber für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Vertrag enthalten, der als „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“ zugleich den Übertritt des Arbeitnehmers in eine „betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (beE)“ regelt, kann es sich je nach den Umständen um eine ungewöhnliche Bestimmung handeln, die gem. § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsinhalt wird.

Die Klägerin war seit 1995 bei der Beklagten als Software-Entwicklerin beschäftigt. Unter dem 23. Oktober 2002 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (Interessenausgleich) über einen Personalabbau, der möglichst durch Aufhebungsvereinbarungen oder freiwillige Wechsel in eine beE vorgenommen werden sollte. In einer weiteren Betriebsvereinbarung vom selben Tag (Sozialplan) war neben Abfindungsregelungen auch die Möglichkeit des Wechsels der Mitarbeiter in die beE vorgesehen. Nach Ziff. 5.1 dieser Betriebsvereinbarung sollten die Arbeitsverhältnisse beim Wechsel in die beE als unbefristete bestehen bleiben und durch Eigenkündigung, Aufhebungsvertrag oder ggf. durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers enden. Mit Schreiben vom 11. November 2002 bot die Beklagte der Klägerin den Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder den Wechsel in die beE an und kündigte für den Fall, dass die Klägerin sich nicht bis 13. Dezember 2002 entscheide, eine betriebsbedingte Kündigung an. Als die Klägerin die Frist verstreichen ließ, erklärte die Beklagte unter dem 15. Januar 2003 die Kündigung zum 28. Februar 2003. Am 21./30. Januar 2003 vereinbarten die Parteien in einer „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“, dass die Klägerin auf Grundlage der Betriebsvereinbarungen vom 23. Oktober 2002 mit Wirkung vom 1. Februar 2003 in die beE eintrete. Gemäß Ziff. 6.3 der Vereinbarung sollte das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 29. Februar 2004 enden. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2004 unbefristet fortbesteht, und verlangt Weiterbeschäftigung. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Beendigungsvereinbarung als Aufhebungsvertrag gewertet, gleichzeitig jedoch angenommen, die entsprechende Vertragsklausel sei als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen und nach den konkreten Umständen für die Klägerin überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, falls die Klägerin von der Beklagten nicht zuvor auf die Vertragsbestimmung hingewiesen worden sei. Zu dem letztgenannten Gesichtspunkt hat die Beklagte mit Erfolg gerügt, die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts sei unzureichend.

III. Probezeitbefristung innerhalb eines für ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags

Enthält ein Formulararbeitsvertrag neben einer drucktechnisch hervorgehobenen Befristung für die Dauer eines Jahres im nachfolgenden Text ohne drucktechnische Hervorhebung eine weitere Befristung des Arbeitsvertrags zum Ablauf der sechsmonatigen Probezeit, ist die Probezeitbefristung eine überraschende Klausel, die nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil wird. Dies hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1. November 2005 beschäftigt. Nach § 1 des von der Beklagten gestellten Formulararbeitsvertrags war das Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 31. Oktober 2006 befristet. Diese Vertragsdauer war fett und in vergrößerter Schrift gedruckt. In dem folgenden Vertragstext war ohne besondere drucktechnische Hervorhebung bestimmt, dass die ersten sechs Monate als Probezeit gelten und das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Probezeit ende, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19. April 2006 mit, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung zum Ablauf der Probezeit am 30. April 2006 ende.
Der Siebte Senat hat der Klage, mit der sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2006 gewandt hat, ebenso wie die Vorinstanzen stattgegeben.

Die Probezeitbefristung ist als überraschende Klausel nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Klägerin konnte aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags mit der drucktechnischen Hervorhebung der einjährigen Vertragslaufzeit entnehmen, dass dieser für die Dauer eines Jahres abgeschlossen werden sollte. Nach dieser optischen Vertragsgestaltung brauchte die Klägerin nicht damit zu rechnen, dass der nachfolgende Text ohne drucktechnische Hervorhebung eine weitere Befristung zu einem früheren Beendigungszeitpunkt enthielt mit der Folge, dass die Befristung für die Dauer eines Jahres nicht zum Tragen kam, da das Arbeitsverhältnis bereits zuvor nach Ablauf von sechs Monaten enden sollte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. April 2008 - 7 AZR 132/07 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. Januar 2007 - 3 Sa 489/06 -

IV. Befristung für Arbeitsverträge mit älteren Beschäftigten

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 26. April 2006 die Befristung für Arbeitsverträge mit älteren Beschäftigten in vielen Fällen für unwirksam erklärt.

Eine sachgrundlose Befristung, die ausschließlich auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützt wird, ist danach unwirksam, vgl. BAG 7 AZR 500/04, ZIP 18/2006 A 36 S.VI.

Dies stellt  viele Arbeitgeber vor erhebliche Probleme.
Anders als geplant, müssen die Unternehmen jetzt die betroffenen Mitarbeiter in eine Dauerstellung übernehmen.

Dies war Konsequenz aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH hatte am 22.11.2005 die entsprechende Regelung im deutschen Befristungsgesetz verworfen mit der Begründung, sie verstoße zu Lasten älterer Menschen gegen ein europäisches Diskriminierungsverbot, vgl. EuGH Rs C-144/04, ZIP 2005, 2149 ).

Es besteht auch kein Vertrauensschutz für Arbeitsverträge, die vor der umstrittenen EuGH-Entscheidung eingegangen waren.


Für Fragen stehen wir Ihnen mit Fachanwälten aus verschiedenen Fachgebieten gerne zur Verfügung.

insoinfo
Verfasser: Hermann Kulzer MBA, Rechtsanwalt
05.11.2008 Kündigungsschutz und Altersdiskriminierung
Information Kündigungsschutz und Altersdiskriminierung Künftig haben Arbeitnehmer mehr Ansatzpunkte, sich gegen eine Entlassung zu wehren. Mit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wurde ein zwei Jahre dauernder Streit beendet. Das AGG, das im August 2006 in Kraft trat, verbietet Menschen im Arbeitsleben wegen Ihrer ethnischen Herkunft, Religion, Weltanschauuung, Alter, Geschlecht oder Behinderung zu benachteiligen. Die EU hatte diesen Schutz von den Mitgliedsländern verlangt. In Deutschland enthält das Gesetz eine Vorschrift, die Kündigungen ausnimmt. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu im November 2008 entschieden: Die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§§ 1 - 10 AGG) finden im Rahmen des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Eine Kündigung, die ein Diskriminierungsverbot verletzt, kann daher sozialwidrig und damit unwirksam sein (§ 1 KSchG). Das Verbot der Altersdiskriminierung (§§ 1, 10 AGG) steht der Berücksichtigung des Lebensalters im Rahmen der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) nicht entgegen. Auch die Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG) ist nach dem AGG zulässig. Der im Zeitpunkt der Kündigung 51 Jahre alte Kläger war bei der Beklagten seit 1974 als Karosseriefacharbeiter beschäftigt. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie mit ursprünglich über 5.000 Arbeitnehmern. Seit dem Jahre 2004 kam es wegen mangelnder Auslastung zu mehreren Entlassungswellen. Im September 2006 einigte sich die Beklagte mit ihrem Betriebsrat in einem Interessenausgleich auf die Entlassung von 619 namentlich benannten Arbeitnehmern. Darunter befand sich auch der Kläger. Der Auswahl der zu Kündigenden lag eine Punktetabelle zugrunde. Die Tabelle sah Sozialpunkte ua. für das Lebensalter vor. Die Auswahl erfolgte sodann nicht unter allen vergleichbaren Arbeitnehmern, sondern proportional nach Altersgruppen, die jeweils bis zu zehn Jahrgänge umfassten (bis zum 25., 35., 45. und ab dem 55. Lebensjahr). Der Kläger hat die Unwirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung geltend gemacht und sich ua. auf das im AGG (§§ 1, 2, 8, 10 AGG) enthaltene Verbot der Altersdiskriminierung berufen. Die Klage blieb vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts - wie schon vor dem Landesarbeitsgericht - ohne Erfolg. In der Zuteilung von Sozialpunkten nach dem Lebensalter und in der Altersgruppenbildung lag zwar eine an das Alter anknüpfende unterschiedliche Behandlung. Diese war aber iSd. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt. Die Zuteilung von Alterspunkten führt mit einer hinnehmbaren Unschärfe zur Berücksichtigung von Chancen auf dem Arbeitsmarkt und im Zusammenspiel mit den übrigen sozialen Gesichtspunkten (Betriebszugehörigkeit, Unterhalt, Schwerbehinderung) nicht zu einer Überbewertung des Lebensalters. Die Bildung von Altersgruppen wirkt der Überalterung des Betriebs entgegen und relativiert damit zugleich die Bevorzugung älterer Arbeitnehmer. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. November 2008 - 2 AZR 701/07 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 31. August 2007 - 16 Sa 293/07 - insoinfo
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