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Insolvenzrecht A bis Z
Vorenthalten/Beitragsvorenthalten/ Veruntreuung von Arbeitnehmerbeiträgen
§ 266 a Vorenthaltung und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1. der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder

2. die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,

2. unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält oder

3. die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1. die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2. darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Unmöglichkeit der Zahlung
a) Zivilrechtliche Betrachtung
Gemäß § 823 Abs.2 BGB in Verbindung mit § 266 a StGB haftet der Geschäftsführer als Unternehmer nur auf Ersatz hinterzogener Sozialabgaben, wenn das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Leistungsfähigkeit des Unternehmens gegeben war (vergleiche BGH vom 18. April 2005, II ZR 61/03, NJW 2005, 2546).

b) Strafrechtliche Betrachtung
Die Möglichkeit zur Pflichterfüllung ist ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, Thul in Müller Gugenberger Wirtschaftsstrafrecht 5. Auflage 2011 S.1252.
Der Arbeitgeber muss jedoch die notwendigen Mittel vorausschauend einplanen und sicherstellen, BGH v.28.05.2002 5 StR 16/02 BGHST 47, 318 Rn.17 f.. Wenn der Arbeitgeber diese Planung und vorausschauende Sicherstellung unterlässt, liegt ein Fall des vorverlagerten pflichtwidrigen Handelns vor.

Vorsatz

Der Täter muss mit Vorsatz gehandelt haben. Dies setzt Wissen um alle Tatsachen voraus, die seine sozialversicherungsrechtliche Einordnung als Arbeitgeber und seine Beitragspflichten begründen, Müller Gugenberger S. 1254.

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Manche Arbeitgeber zahlen bei Zahlungsstockungen - beispielsweise wenn ein Großkunde nicht pünklich bezahlt- die Nettolöhne aus, führen aber nicht gleichzeitig die Sozialversicherungsbeiträge ab. Geht das oder haftet man dafür persönlich (bei GmbH) oder macht sich gar strafbar? 
Das Vorbringen man habe darauf vertraut, ein Großkunde werde in Kürze eine hohe Zahlung leisten, ist rechtlich unerheblich, wenn die Auszahlung der Nettolöhne an die Arbeitnehmer veranlasst wurde. 
Der Arbeitgeber muss gemäß § 266a Abs. 1 StGB im Falle eines Mangels an Zahlungsmitteln vorrangig die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung abführen und geeignete Vorkehrungen treffen, um ausreichende Liquidität zur Begleichung dieser Beiträge im Feststellungszeitpunkt bereitzustellen.

Was hätte man tun müssen, um sich nicht strafbar zu machen?

Der Arbeitgeber hätte die Auszahlung der Löhne kürzen und die verfügbaren Zahlungsmittel vorrangig zur Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung verwenden müssen.

Ergebnis:

Wer in der Krise nur die Nettolöhne bezahlt, haftet dafür persönlich aus unerlaubter Handlung
(§ 823 BGB i.V.m. § 266a StGB) und macht sich strafbar gemäß § 266a StGB.

Ein gutes Urteil zur Verteidigung: 

Der 2. Zivilsenat des BGH schärfte in einer Entscheidung die Eckpunkte der zivilrechtlichen Haftung des Geschäftsführers bei Nichtabführung von Beiträgen an Sozialversicherungsträger in Insolvenzfällen
(BGH 18.04.05, II ZR 61/03, Abruf-Nr. 051594). Das Urteil befasst sich mit der Darlegungslast zur Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens sowie mit der Kausalität für den Schaden bei rechtmäßigem Alternativverhalten.


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