In der Phase der Krise stellt sich oft die Frage: muss der Stromversorger Strom liefern oder muss das Kind mit Schulessen versorgt werden? Dies nennt man Kontrahierungszwang.
I. Anspruch auf Stromversorgung/ Darf man bei Zahlungsrückstand einfach den Strom absperren?
Nach § 19 Abs. 2 StromGVV ist die Unterbrechung der Versorgung (Stromsperre) im Falle von Zahlungsrückständen trotz Mahnung dann möglich, wenn diese vier Wochen vorher angedroht wurde. Die Sperre ist aber unzulässig, wenn deren Folgen außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen. Die stets auftretenden Nachteile, keine Stromversorgung zu haben, sind damit nicht gemeint, sondern darüber hinausgehende Nachteile. Etwa, wenn Strom benötigt wird um spezielle Nahrung für Babys, ältere oder kranke Menschen herzustellen. Wenn bei der winterlichen Jahreszeit Räume nur mit Hilfe eines zusätzlichen Heizwärmers beheizt werden können, wäre auch dies ein Argument.
Auf der anderen Seite stehen teilweise hohe Zahlungsrückstände.
Um die Stromsperre abzuwenden kann der Kunde gemäß § 19 Abs. 2 StromGVV auch glaubhaft machen, den Zahlungsrückstand kurzfristig auszugleichen, etwa mittels einer Bürgschaft oder ggf. mittels eines Kredites (siehe AG München, Urteil vom 19.09.2007, Aktenzeichen: 242 C 4590/07).
2. Besteht Kontrahierungszwang?
Der Kontrahierungszwang ist dadurch gekennzeichnet, dass ausnahmsweise die grundsätzlich bestehende Abschlussfreiheit beschränkt wird, indem jemandem die Pflicht auferlegt wird, mit einem anderen den von diesem gewünschten Vertrag abzuschließen, sofern nicht Gründe eine Ablehnung rechtfertigen (Palandt/Heinrichs, BGB, Einf. v. § 145 Rdn. 8).
Einfacher ausgedrückt: Kontrahierungszwang oder Abschlusszwang bezeichnet die gesetzliche Pflicht, ein Vertragsangebot annehmen zu müssen. Der Kontrahierungszwang ist eine Ausnahme von der Privatautonomie / Vertragsfreiheit, die die Freiheit umfasst, sich seine Vertragspartner aussuchen zu können.
Es gibt den mittelbaren und den unmittelbaren Kontrahierungszwang.
Ein unmittelbaren Kontrahierungszwang ist gesetzlich geregelt ist, z.B. im Bereich der Daseinsvorsorge (z.B. § 17 EnWG).
Von einem mittelbaren Kontrahierungszwang spricht man, wenn die Ablehnung eines Vertragsschlusses eine unerlaubte Handlung darstellt. Das ist der Fall, wenn die Ablehnung eines Abschlusses durch marktbeherrschende Unternehmen gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB verstößt. Wird ein Angebot trotz mittelbaren Kontrahierungszwangs abgelehnt hat der Abgewiesene nur Schadensersatzansprüche.
Ein Anspruch auf Essensversorgung bei Ausfall von Forderungen besteht daher nicht.
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