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Insolvenzrecht A bis Z
Wahlrecht
Das Insolvenzvertragsrecht ist in § 103 ff InsO geregelt.
Die im Privatrecht geltende Maxime, dass Verträge gehalten werden müssen (pacta sunt servanda), werden durch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters modifiziert.
I. Wahlrecht der Verwalters gemäß § 103 InsO
1. Zweck
a) Möglichkeit der Massemehrung durch Verwalter
Dér Insolvenzverwalter soll durch das Wahlrecht die Möglichkeit haben, beiderseitig noch nicht vollständig abgewickelte Verträge zu erfüllen, soweit dies für die Masse von Vorteil ist oder die Erfüllung abzulehnen, wenn dies für die Masse ungünstig wäre.
Der Insolvenzverwalter soll bei Erfüllung des Vertrages den Vermögenswert zur Masse ziehen, vgl. BGHZ 135, 25 ff..
Das Wahlrecht steht aber nicht schon dem vorläufigen Verwalter, sondern nur dem endgültigen Verwalter zu.
b) Schutz des Vertragspartners
Der Vertragspartner soll aber nur dann zur Erbringung ausstehender Leistungen verpflichtet sein, wenn der Insolvenzverwalter ihm eine vollwertige Gegenleistungen, also keine Kürzung der Gegenleistung auf eine Insolvenzquote anbieten und leisten kann.
2. Voraussetzungen des Wahlrechts
a) Gegenseitiger Vertrag
Vollkommen zweiseitiger Vertrag i.S.d. § 320 InsO z.B. Kaufvertrag, Bauvertrag, Werkvertrag ua.
b) Beiderseitig nicht vollständige Erfüllung
Der Leistungserfolg darf noch nicht eingetreten sein, BGHZ 87, 156.
Abgrenzung:
Ist der gegenseitige Vertrag bereits vor Eröffniung des Insolvenzverfahrens von beiden Seiten oder einer Seite vollständig erfüllt worden, sind § 103 ff InsO nicht anwendbar.
Beim Kaufvertrag hat der Verkäufer seine Pflicht erst mit der Übereignung einer mangelfreien Sache an den Käufer erfüllt, § 433 Abs.1 BGB.
c) Erkärung des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter muss das Wahlrecht ausüben durch Erkärung gegenüber dem Vertragspartner. Dem kann die Aufforderung zur Wahlrechtsausübung durch den Vertragspartner gemäß § 103 Abs 2 S.2 InsO vorausgehen. Der Verwalter muss sich dann unverzüglich erklären.
Der Insolvenzverwalter kann eine Erkärung nicht mehr widerrufen, er kann sie allenfalls wegen Irrtums anfechten.
d) Kein Ausschluss oder Beschränkung des Wahlrechts
In der Praxis sind Lösungsklauseln zulässig, die nicht von § 119 InsO erfasst sind. Lösungsklauseln in Verträgen über die fortlaufende Lieferung von Waren oder Energie, die an den Insolvenzantrag oder die Insolvenzeröffnung anknüpfen sind unwirksam, vgl.BGH, Urt. v..15.11.2012 IX ZR 169/11

3. Folgen und Wirkungen der Wahlrechtsausübung
a) Verwalter anstelle des Schuldners
Wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages gemäß § 103 InsO wählt, so muss er - anstelle des Schuldners- den Vertrag erfüllen.
b) Masseverbindlichkeiten
Verbindlchkeiten des Schuldners sind Masseverbindlichkeiten, § 55 Abs.1 Nr. 2 Alt.1 InsO.
c) Vereinbarte Leistungskonditionen
Es gelten die vereinbarten Leistungsmodalitäten.
Muss der Vertragspartner in Vorleistung gehen, darf er kein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen, es sei denn, der Insolvenzverwalter ist erkennbar nicht in der Lage zur vollständigen Erfüllung der Masseverbindlichkeiten.
d) Wirkung ex nunc
Die gegenseitigen Ansprüche werden bei Erfüllungswahl ex nunc also neu begründet.
 e) Forgen bei Ablehnung der Erfüllung
Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, kann keine der beiden Parteien mehr die Erfüllung verlangen. Statt dessen gewährt § 103 Abs.2 S.1 InsO dem Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, den der Vertragspartner als Insolvenzgläubiger zur Tabelle anmelden muss und der im Verfahren in Höhe der Insolvenzquote bedient wird.
II. Sonderbestimmungen gemäß § 105 InsO
1. Vormerkungen, § 106 InsO
2. Fix- und Termingeschäfte, § 104 InsO
3. Eigentumsvorbehalt, § 107 InsO
4. Auftrag, Geschäftsbesorgung und Vollmacht, § 117 InsO

Gesetzestext:
§ 103 InsO lautet:
(1) Ist ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt, so kann der Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und die Erfüllung vom anderen Teil verlangen.
(2) Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Fordert der andere Teil den Verwalter zur Ausübung seines Wahlrechts auf, so hat der Verwalter unverzüglich zu erklären, ob der die Erfüllung verlangen will. Unterläßt er dies, so kann er auf die Erfüllung nicht bestehen.
Die Erfüllungswahl  hat zur Folge, dass die Leistungspflichten beider Parteien für und gegen die Masse bestehen bleiben und zu Masseforderungen und - verbindlichkeiten aufgewertet werden,  § 55 Abs. 1 Ziff. 2 Alt.1.
Ein Ausschluss des Wahlrechts oder gar nur eine Einschränkung ist gemäß § 119 InsO unwirksam.
Eine vollständige Erfüllung eines Grundstückskaufvertrages ist erst mit Eintragung im Grundbuch gegeben; eine lediglich erklärte Auflassung mit Eintragungsantrag an das Grundbuchamt reicht nicht aus, vgl RGZ 113, 405


10.09.2025 Wahlrecht des (Eigen-)Insolvenzverwalters und Bedeutung der Sanierungsmoderation
Information

Nach § 103 InsO hat der (Eigen-)Insolvenzverwalter bei gegenseitigen, noch nicht vollständig erfüllten Verträgen ein Wahlrecht: Er kann entscheiden, ob der Vertrag erfüllt oder die Erfüllung abgelehnt wird.

  • Ablehnung der Erfüllung
    Lehnt der Verwalter ab, endet die Vertragserfüllung faktisch. Der Vertragspartner hat lediglich eine Insolvenzforderung (§§ 103 Abs. 2, 38 InsO), die er zur Tabelle anmelden kann. Solche Forderungen werden in der Regel – je nach Quote – nur zu einem geringen Teil oder überhaupt nicht befriedigt.

  • Fortführung der Erfüllung
    Entscheidet sich der Verwalter für die Vertragserfüllung, bleibt der Vertrag bestehen. Dann ist die Masse verpflichtet, die Pflichten einzuhalten, was aber nur erfolgt, wenn die Fortführung für das Unternehmen vorteilhaft ist.


Rolle des Sanierungsmoderators (§§ 94 ff. StaRUG)

Die Sanierungsmoderation ist ein vorgelagertes Instrument, das noch vor Insolvenzeröffnung eingesetzt werden kann. Der Moderator vermittelt zwischen Schuldner und Gläubigern und schafft Transparenz über die realistischen Handlungsoptionen.

  • Aufzeigen der Konsequenzen
    Der Moderator kann klar darstellen, dass im Fall einer späteren Insolvenz der Verwalter das Wahlrecht in Anspruch nehmen würde – häufig mit dem Ergebnis, dass der Vertragspartner nur eine wertlose Insolvenzforderung erhält.

  • Verhandlungsdruck für Gläubiger
    Gerade dieser Ausblick erhöht die Bereitschaft der Gläubiger, einer vertragsangepassten Lösung zuzustimmen. Eine Stundung, Reduktion oder sonstige Anpassung kann dazu führen, dass das Unternehmen fortbesteht und die Geschäftsbeziehung erhalten bleibt.

  • Win-Win-Potenzial
    Stimmen die Gläubiger zu, wird eine Insolvenz vermieden und die Aussichten auf künftige Erfüllung steigen. Verweigern sie hingegen, müssen sie damit rechnen, im Insolvenzverfahren weitgehend leer auszugehen.


Fazit

Das insolvenzrechtliche Wahlrecht (§ 103 InsO) bildet in der Sanierungsmoderation ein starkes Argumentationsinstrument:

  • Es verdeutlicht den Gläubigern die drohenden Nachteile im Insolvenzfall.

  • Gleichzeitig eröffnet es die Chance, durch rechtzeitige Anpassung der Verträge den Betrieb zu stabilisieren und das Insolvenzverfahren zu vermeiden.

Damit verbindet die Sanierungsmoderation juristische Klarheit mit praktischer Überzeugungskraft: Die Alternative ist nicht „Vertragsänderung oder unveränderte Fortführung“, sondern „Vertragsänderung mit Überlebenschance“ versus „Insolvenz mit Forderungsausfall“.

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Verfasser: 
30.03.2003 Wahl der Erfüllung durch den Insolvenzverwalter
Information   Ansehen pdf anzeigen
Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht

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