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Insolvenzrecht A bis Z
Insolvenzverschleppung neu
§ 15a Antragspflicht bei juristischen Personen 

(1) Wird eine GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet, hat der Geschäftsführer spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

 

 

Neu ist also, dass man sich auch strafbar macht, wenn man den Insolvenzantrag nicht richtig stellt.

Die Formalia müssen daher beim Insolvenzantrag berücksichtigt werden Dies ist nach der Reform der InsO kompliziert.

Fachleute sind unbedingt zuzuziehen.

 

 


09.02.2025 Insolvenzverschleppung und Verteidigung
Information

60 % aller Geschäftsführer, die für ihre Gesellschaft einen Insolvenzantrag stellen mussten, leiteten - laut einer Studie der Uni Mannheim - verspätet das Insolvenzverfahren ein.

I. Was ist eine Insolvenzverschleppung  nach § 15a InsO?

Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler
ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. 
Der Antrag ist spätestens drei Wochen 
nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit 
und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen.

Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag
1.nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.nicht richtig stellt.


II. Gründe für die Verschleppung
Es gibt mehrere Gründe, warum Geschäftsführer möglicherweise verspätet ein Insolvenzverfahren einleiten:

1. Unkenntnis der finanziellen Lage: Geschäftsführer könnten die finanzielle Lage ihres Unternehmens falsch einschätzen oder den Ernst der Lage unterschätzen³.
2. Hoffnung auf Besserung: Manchmal hoffen Geschäftsführer, dass sich die finanzielle Situation des Unternehmens verbessert, und zögern daher, ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Sie nehmen die strafrechtlichen Risiken in Kauf.
3. Haftungsrisiken und strafrechtliche Konsequenzen: Die verspätete Einleitung eines Insolvenzverfahrens kann zur Strafbarkeit und zur  Haftungsrisiken für die Geschäftsführung führen. Bei verspäteter Antragsstellung kann der Geschäftsführer sich wegen Insolvenzverschleppung strafbar machen. Manche Geschäftsführer wissen Wesentliches zu Insolvenzstraftaten nicht. Indes schützt Unwissenheit vor Strafe nicht.  
4. Neue gesetzliche Regelungen nicht bekannt: Seit dem 1. Januar 2021 ist das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) in Kraft getreten. Nach dem neuen § 15 b Abs. 2 S. 2 InsO sind Zahlungen erlaubt, die der nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife dienen¹. Diese Neuregelungen vermindern zwar die Haftungsgefahr für Zahlungen bei Insolvenzreife gegenüber der bisherigen Regelung in § 64 GmbHG. Dennoch wird klar geregelt: Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife können zur vollen persönlichen Haftung führen.  Geschäftsführer sollten sich jedes Jahr über gesetzliches Neuerungen informieren und oder über neue Rechtsprechung zur Haftung.
5. Geschäftsführer scheuen sich, spezialisierte Berater zu konsultieren
Es ist wichtig zu beachten, dass Geschäftsführer gesetzlich verpflichtet sind, einen Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht zu stellen, wenn die Voraussetzungen einer Insolvenz vorliegen. Eine rechtzeitige Hinzuziehung eines im Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalts kann Fallstricke und Haftungsfälle vermeiden. Manche Geschäftsführer scheuen den Weg zum Fachanwalt aus Angst für Strafe oder den Kosten oder hoffen einfach, dass nichts passiert.

III. Wann liegt eine Zahlungsunfähigkeit vor ? 

Eine Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Schuldner seine fälligen Zahlungspflichten nicht erfüllen kann. Dies ist im Insolvenzrecht ein in § 17 Abs. 2 InsO geregelter Rechtsbegriff.

Die 3-Wochen-Frist kommt ins Spiel, wenn es um die Unterscheidung zwischen einer bloßen Zahlungsstockung und einer tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit geht. Der Bundesgerichtshof (BGH) definiert Zahlungsunfähigkeit in ständiger Rechtsprechung wie folgt: Ist der Schuldner binnen drei Wochen nicht in der Lage, 90 Prozent aller fälligen Verbindlichkeiten zu tilgen, so gilt er als zahlungsunfähig.

Das bedeutet, wenn ein temporärer Liquiditätsmangel innerhalb von 3 Wochen behoben werden kann, wird dies als bloße Zahlungsstockung betrachtet und stellt keinen Insolvenzeröffnungsgrund dar. Wenn jedoch die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr beträgt und nicht innerhalb von drei Wochen vollständig oder fast vollständig beseitigt werden kann, ist nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen.

Ein Beispiel für eine Liquiditätslücke, die größer als 10 Prozent ist, könnte sein: Angenommen, ein Unternehmen hat fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000 Euro. Wenn das Unternehmen nur über 85.000 Euro verfügt und nicht in der Lage ist, innerhalb von drei Wochen zusätzliche Mittel zu beschaffen, um die Differenz von 15.000 Euro zu decken, dann beträgt die Liquiditätslücke 15 Prozent. In diesem Fall wäre das Unternehmen zahlungsunfähig.

Die Zahlungseinstellung spielt eine Rolle, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dies ist ein weiterer Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemäß § 17 Abs. 2 InsO. Die Zahlungseinstellung ist ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit. Sie liegt vor, wenn der Schuldner seine Zahlungen endgültig eingestellt hat, d.h., er leistet keine Zahlungen mehr oder nur noch Zahlungen, die seine Gläubiger als völlig unzureichend ansehen würden.

IV. Sonstiges zur Insolvenzverschleppung und zum Strafverteidigung

1. Abgrenzung: Beschuldigter ./. Angeklagter
Ein Verdächtiger erlangt die Stellung eines Beschuldigten, wenn die Polizei oder Staatsanwalt-schaft Maßnahmen mit dem erkennbaren Ziel ergreift, gegen ihn strafrechtlich vorzugehen. Im Sinne des §157 StPO ist Angeschuldigter der Beschuldigte, gegen den die öffentliche Klage erhoben ist, Angeklagter der Beschuldigte oder Angeschuldigte, gegen den die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen ist. 

2. Grundsatz des fairen Verfahrens und Vernehmungsgrundsätze
Die Staatsanwaltschaft grundsätzlich verpflichtet auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln. Aus Vorsichtsgründen sollte sich der Beschuldigte frühzeitig um anwaltlichen Rat und Begleitung kümmern, damit auch entlastende Umstände ermittelt und berücksichtigt werden. Was es zur Entlastung gibt, muss ermittelt und vorgetragen werden. 

3. Erweiterte Ermittlungen 
Ob, wann und was zur Verteidigung ausgeführt wird, ist genau abzuwägen und Teil der Vertei-digungsstrategie. Im Insolvenzstrafrecht hat sich in der Praxis vielfach bewährt, dass der Be-schuldigte nicht allein Fragen bei der polizeilichen Vernehmung beantwortet, sondern eine Vertretungsanzeige durch den Verteidiger erfolgt, die Ermittlungsakte eingesehen wird und dann eine ausführliche Stellungnahme durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt in Absprache mit dem Beschuldigten erfolgt. In zahlreichen Fällen wurden so Ermittlungsverfahren eingestellt oder es wird nur ein Teil der vorher im Raum stehenden Straftaten angeklagt oder im vereinfachten Strafbefehlsverfahren geklärt.
Wichtig ist aber: keine Aussagen vorherige anwaltliche Beratung.

4. Verhalten im Ermittlungsverfahren?
Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet, einer polizeilichen Vorladung Folge zu leisten - anders bei einer richterlichen Ladung oder Ladung durch die Staatsanwaltschaft. Ich empfehle - ohne anwaltlichen Beistand und ohne Kenntnis der Aktenlage - keine Aussagen zu tätigen.

Wichtig: Aus einem Schweigen oder der Tatsache, dass man einen Rechtsanwalt einsetzt, dürfen keinerlei Schlüsse zum Nachteil des Beschuldigten oder Angeklagten gezogen werden (BGHSt 20, 281).

5. Einstellung
a) Mangelnder Tatverdacht
Ein Ziel der Verteidigung kann sein: Die Einstellung des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO einstellen.
b) Einstellung wegen Geringfügigkeit
Von der Staatsanwaltschaft kann das Verfahren mit Zustimmung des Gerichts eingestellt werden, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht, § 153 Abs.1 S.1 StPO.
c) Einstellung gegen Auflagen
Soweit ein Vergehen Gegenstand des Verfahrens ist, ist eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen oder Weisungen gemäß § 153 a Abs.1 StPO möglich, sofern die Schwere der Schuld nicht entgegensteht.


6. Durchführung der Hauptverhandlung

Wenn die Anklage erhoben wird, kommt es zu einer Hauptverhandlung.
Die realistische Abwägung der Chancen ist eine der Hauptaufgaben der Verteidigung.
In der Hauptverhandlung gibt es die Möglichkeit einer sogenannten Verteidigererklärung für den Angeklagten, in der der Verteidiger (schriftlich) Ausführungen macht, wenn der Angeklagte diese Erklärung als eigene Einlassung verstanden wissen will und dieses auch gegenüber dem Gericht so bestätigt (BGH NStZ 90, 447).
Natürlich kann sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung auch selbst erklären und auf die Fragen des Strafrichters, des Staatsanwalts und seines Verteidigers antworten. In bestimmten Fällen hat eine Einlassung positive Auswirkungen - in anderen weniger.
Der Strafverteidiger kann in jeder Lage des Verfahrens eine Verteidigungsschrift abgeben gemäß § 137 Abs.1 i.V.m. § 243 Abs. 4 StPO.


7. Vorsatz, Kennenmüssen, Irrtum und Fahrlässigkeit
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Dies trifft bei der Insolvenzverschleppung zu.
Vorsatz bedeutet nach einer Kurzformel: Wissen und Wollen der Tatbestandverwirklichung. 
Für die vorsätzliche Insolvenzverschleppung beginnt die Dreiwochenfrist erst mit Kenntnis des Täters von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Die Insolvenzreife liegt zwar mit dem objektiven Eintritt dieser Umstände vor, dennoch ist für die zivil- und strafrechtlichen Folgen der Insolvenzverschleppung die Kenntnis des Täters erforderlich.
Chance: Keine vorsätzliche Insolvenzverschleppung bei Unkenntnis oder Fehl-einschätzung.


8. Strafhöhe, Ausschlussgrund als Geschäftsführer und Erfolgschancen
Der bewirkte Schaden und die Dauer der Verschleppung sind maßgeblich für die Strafhöhe.
Bei einem großen Schaden droht Freiheitsstrafe.
§ 15a InsO regelt die  Strafhöhe.

Neben einer Strafe tritt bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung auch die Wirkung ein, dass man nicht mehr Geschäftsführer sein darf. Ausschlussgründe für die Geschäftsführertätigkeit (Inhabilität) sind folgende:

  •    Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO)
  •    falsche Angaben gegenüber dem Registergericht (82 GmbHG bzw. § 399 AktG)
  •    unrichtige Darstellung (§ 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG, § 17 PublG)
  •    Betrug (§ 263 StGB)
  •    Computerbetrug (§ 263a StGB)
  •    Subventionsbetrug (§ 264 StGB)
  •    Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB)
  •    Kreditbetrug (§ 265b StGB)
  •    Untreue (§ 266 StGB)
  •    Beitragsvorenthaltung (§ 266a StGB)

Diese Ausschlussgründe bestehen neben den „klassischen Ausschlussgründen" geregelt in den §§ 283 bis 283d StGB. Das sperrende Mindestmaß einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr greift nur für die in  §6 Abs. 2 Nr. 3 lit. e GmbHG angeführten Delikte (§§ 263 ff. StGB)

Ziele der Verteidigung

Da bei Insolvenzfällen meistens wegen mehrerer verschiedener Straftatbestände parallel ermittelt wird (z.B. Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen, unordentliche Buchführung, verspätete Bilanzerstellung, Bankrotthandlungen, Betrug, Urkundenfälschung ua) ist es häufiges Ziel der Verteidigung, hinsichtlich einer oder mehrerer Tatkomplexe eine Verfahrenseinstellung bzw. einen Freispruch zu erreichen. Bei einer unvermeidlichen Verurteilung wegen der restlichen Taten ist es das Ziel, eine moderate Strafe zu erzielen- auf jeden Fall keine Haft.
 Bei Zweifeln ist ein Freispruch oder eine Verurteilung wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung das Verteidigungsziel. Bei einer Verurteilung wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung besteht kein Ausschlussgrund als Geschäftsführer.

9. Ihr Strafverteidiger: Erfahrungen und Kosten 
Ich habe zahlreiche erfolgreiche Referenzen als Strafverteidiger in Insolvenz- und Wirtschaftsstrafsachen.
Die Vergütung wird entweder auf Stunden- oder Tagessatzbasis oder pauschal für einzelne Abschnitte festgelegt. 

Bei komplexen oder schwierigen Verfahren arbeite ich auf Wunsch mit anderen Spezialisten (Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Fachanwalt mit anderem Schwerpunkt oder anderen Strafverteidigern)  zusammen.

 

Hermann Kulzer MBA
Rechtsanwalt
Strafverteidiger

Dresden
kulzer@pkl.com

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Verfasser: Hermann Kulzer, Strafverteidiger
11.11.2022 Strafbefehl wegen Insolvenzverschleppung: 100 Tagessätze a 30 Euro. Was tun?
Information

Sie haben einen Strafbefehl wegen Insolvenzverschleppung erhalten?

Dazu folgende Hinweise in einem konkreten Fall: 

  1. Der Strafbefehl ist ein verkürztes Strafverfahren- ohne mündliche Verhandlung.
  2. Die Strafe gegen Sie als ehemaligen Geschäftsführer der X GmbH ist 100 Tagessätze a 30 Euro. wegen Insolvenzverschleppung und Verletzung der Buchführungspflicht. 
  3. 30 Euro sind niedrig, weil man immer betrachtet, was verdient der Betroffene im Monat, geteilt durch die Arbeitstage, das ergibt dann den Tagessatz. In einem Strafverfahren kann sich dies also verteuern. 
  4. 100 Tagessätze sind in Höhe hier angemessen; der Insolvenzantrag wurde nicht gestellt, trotz Zahlungsunfähigkeit und fruchlosen Vollstreckungsmaßnahmen.
  5. Ab 90 Tagessätze (also 91 ff.)  gilt man als vorbestraft- hier sind es leider 100 Tagessätze. Das steht dann auch in einem Führungszeugnis. Man gilt als vorbestraft.
  6. Die wichtigeste Einschränkung/ Nachteil: Sie können für 5 Jahre nicht mehr Geschäftsführer einer (anderen) Kapitalgesellschaft sein, vgl. Gesetzestext unten. 
  7. Rechtsmittel könnte man einlegen innerhalb von 2 Wochen. Das muss dann begründet werden, wenn man Aussichten auf Erfolg haben will. Es folgt dann eine normale Strafverhandlung. 
  8. Die Chancen für einen Freispruch sind bei 0 Prozent.
  9.  Die Chancen für eine Verringerung der Strafe auf 90 Tagessätze sind bei 40 Prozent; Chancen sehe ich, weil Sie als Italiener nicht alle Besonderheiten des Insolvenzrechts kennen konnten.  Um weiter Geschäftsführer bleiben zu können, würde auch das Urteil mit 90 Tagessätzen nichts nützen. Das Urteil müsste - weil ein Freispruch ausgeschlossen ist- lauten:  fahrlässige Insolvenzverschleppung. Auch das ist m.E. ausgeschlossen.
  10. Welche Kosten würden für die Verteidigung entstehen?
    10 Stunden a 250 Euro.
  11. Kosten und Nutzen sind daher zu rechtfertigen, wenn man in Deutschland ein Führungszeugnis ohne Eintragung bräuchte. 
  12. Ansonsten würde ich kein Rechtsmittel einlegen und die Strafe innerhalb von weiteren 2 Wochen nach Ablauf der Rechtsmittelfrist- also in 4 Wochen ab Zustellung des Strafbefehls bezahlen.
Anhang: Auszug:  § 6 Geschäftsführer

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

(2) 1Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. 2Geschäftsführer kann nicht sein, wer

1...2. ..3.wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftatena)des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung) rechtskräftig verurteilt wurde

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt
07.09.2022 Hackle (Toilettenpapier) ist pleite. Droht wegen der Energiekrise eine Insolvenzwelle? Wirtschaftsminister Habeck meint nein. Was passiert, wenn die Energiepreise explodieren? Was rät Hermann Kulzer MBA als Fachanwalt für Insolvenzrecht?
Information
  1.  Droht wegen dem Ukrainekrieg und der Energiekrise jetzt die Insolvenzwelle?

Finanzkrise, Umsatzkrise, Chipkrise, Metallkrise, Rohstoffkrise, Ukraine-Sanktionskrise, Coronakrise. Der Hamburger Schuhhändler Görtz meldete im September 2020 ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung an(vgl. SZ vom 7.9.2020 S. 1), der Düsseldorfer Hygienepapierhersteller Hakler GmbH meldet auf Grund gestiegener Rohstoff- und Energiekosten ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung an, vgl SZ vom 6.9.2022, S. 17. 

Gibt es bald eine Insolvenzwelle? 

Gerade erst haben viele Unternehmen die Einschränkungen während der Coronakrise bewältigt, da kommen durch den Krieg in der Ukraine für Deutschland neue Herausforderungen, die gleich große oder noch viel größere Auswirkungen haben können, als die letzten Krisen.

Der Ukrainekrieg führt  hinsichtlich von Gas, Kraftstoffen und Strom zu Mengenbeschränkungen, Preisexplosionen und absehbaren Verteilungskämpfen. 45 Prozent des Gasverbrauchs erfolgt durch die Wirtschaft. Wer bekommt Gas, wenn es nicht mehr für alle und alles reicht? Der Preise von Gas werden sich mindestens verdreifachen. Es droht ein Produktionsstopp. Lieferketten werden weiter beeinträchtigt. Wertschöpfungsketten drohen stillzustehen.  Was passiert mit der Wirtschaft bei einer weiteren Verknappung oder gar einem Gas-Stopp?  Gibt es ein neues Hilfsprogramm für Unternehmen, ähnlich wie bei Corona?
Kommt dann auch eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für insolvente Unternehmen wie mit dem CovInsAG - dem Covid-Insolvenzaussetzungsgesetz?

Die meisten Wirtschaftsexperten lehnen das ab, weil die Corona-Hilfen schon über 60 Milliarden gekostet haben, die wir noch gar nicht bezahlt haben- es sind Schulden. Nochmals soviel Geld ausgeben, ohne klare Aussichten auf eine Verbesserung, ist nicht finanzierbar. Droht daher vielen Unternehmen, die energieintensiv tätig sind, bald die Krise oder gar die Insolvenz?
Viele Betriebe ächzen unter den hohen Preisen für Gas, Strom und Waren - nicht wenige Firmen stehen am Rande der Zahlungsunfähigkeit.

Der Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte in einer Talkshow von Sandra Maischberger Anfang September 2022  zur Energiekrise und den Folgen auf Frage, ob er im Winter mit einer Insolvenzwelle rechne: "Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass Betriebe erst einmal aufhören müssen zu produzieren oder zu verkaufen. Dann sind die nicht automatisch insolvent."

Frau Maischberger fragte nach:

"Wenn ich aber aufhöre zu verkaufen, verdiene ich kein Geld mehr, dann muss ich die Insolvenz anmelden. Nach zwei Monaten, wenn ich´s nicht gemacht habe, hab ich Insolvenzverschleppung".

Habeck: "Man ist dann insolvent, wenn man mit der Arbeit immer größeres Minus macht. Wenn man vorübergehend die Arbeit einstellt, kann diese ja später wieder aufgenommen werden- das ist keine klassische Insolvenz".

Diese Aussagen sind unklar. Eine Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17(2)S.1 InsO vor, wenn die Schuldnerin fällige Verbindlichkeiten nicht mehr befriedigen kann. Eine Großbäckerei in der Rechtsform der GmbH kann nicht einfach mal 3 Monate zumachen und danach einfach wieder weiter laufen. Die Kosten laufen weiter. Die Verbindlichkeiten müssen bei Fälligkeit bedient werden. Wenn dies nicht möglich ist, verschleppt man als Geschäftsführer/in die Insolvenz und macht sich strafbar, § 15 a (4)  InsO  und haftet  persönlich für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife, § 15 b InsO.

Was muss die/der Geschäftsleiterin/in wissen im Zusammenhang mit Krise und Insolvenz: 

-Was ist Zahlungsunfähigkeit und Zahlungseinstellung?
-Was ist Überschuldung?
-Wann muss ich bei Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz einleiten- wann bei Überschuldung?
-Was kann man tun zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit?
-Für welche Zahlungen haftet der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife?
-Ab wann verschleppt man die Insolvenz- und was sind die Folgen?

Ein Geschäftsführer oder Vorstand braucht eigene Fachkenntnisse oder kann sich beraten lassen, um Risiken zu erkennen und Haftung zu vermeiden.

 

Der Verfasser dieses Beitrags ist Master of Business (MBA), Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Ein Fachanwalt weiss, wann man als Geschäftsführer/ Vorstand/ Unternehmer/ Aufsichtsrat was und wie tun muss, um nicht zivil- und strafrechtlich haften zu müssen.

2. Viele Branchen sind betroffen

Energieintensive Unternehmen sind betroffen, wie die Glasindustrie oder Spediteure.

Energieintensive Unternehmen sind aber in Wertschöpfungsketten integriert und beliefern weniger energieintensive Unternehmen. Daher kann ein Ausfall oder Beeinträchtigungen auch für Unternehmen drohen, die gar nicht viel Energie benötigen.  Es wäre ein Dominoeffekt.
In einer Studie des Industrieverbandes BDI heißt es, für 58 Prozent der Betriebe sei dies eine starke Herausforderung, für 34 Prozent gehe es um die "Existenz". 
Auch im Handwerk ist der ZDH Präsident Hans Peter Wollseifer kritisch und teilte mir, dass den Verband täglich Notrufe von Betrieben erreichen, die kurz davor stehen, Ihre Produktion einzustellen, weil sie die enorm gestiegenen Energiepreise nicht mehr behahlen können.
Die Zahl der Firmenpleiten hat sich laut IWH Institut im August 2022 zum Vorjahr um 26 Prozent gesteigert. Die steigenden Insolvenzzahlen zeigen, dass viele Unternehmen mit dauerhaften Kostensteigerungen rechnen, die ihr Geschäftsmodell unrentabel werden lassen, sagte IWH Experte Müller in Handelsblatt online vom 8.9.2022.

3. Fokus: Transportbrache

Seit dem Krieg stiegen die Dieselpreise.

Welches Unternehmen einen langfristigen Vertrag abschloss und/oder einen Festpreis vereinbart hatte, kann durch die Dieselpreissteigerung oft nicht mehr die gestiegenen Kosten ausgleichen.

Die Dieselpreissteigerung müsste eins zu eins vom Kunden getragen werden.

Wenn der Kunde dies nicht oder nicht schnell kann oder will, fährt der Spediteur mit Verlust.

Das geht nicht lange. Es drohen Kurzarbeit, Entlassungen und Insolvenz. 

Nach Schätzungen des Bundesverbandes Logistik und Verkehr sind mehr als zehn Prozent der Transportunternehmen in Deutschland akut von der Insolvenz bedroht. 

Wer fährt später dann die Waren, wenn es viel weniger oder zu wenig Spediteure gibt? 

4. Fokus: Energieintensive Branchen

Die Energierechnungen  vieler Unternehmen sind  teilweise um das 6 fache gestiegen. Von der Regierung wurde ein Notfallplan Gas erstellt- dort ist geregelt, wer noch wieviel Gas erhält, wenn ein Mangel herrscht.

5. Fokus: Automobilzulieferungsbranche

Viele Zulieferbetriebe sind kleine und mittelständische Unternehmen. 

Sie stellen Teile für Autos her- zum Beispiel Kunststoffteile im Inneren des Autos. 

Durch coronabedingte Einschränkungen gab es schon Beeinträchtigungen der Lieferketten.

Jetzt  kommt die Steigerung der Preise für Rohstoffe und Energie. Auch hier gibt es oft langfristige Lieferverträge mit Höchstpreisen. Die Preissteigerungen können nicht einfach weitergegeben werden.  Die Zukunft der Automobilzulieferbranche ist gefährdet.

6. Fokus: Wohnungswirtschaft

Zahlreiche Unternehmen in der Wohnungswirtschaft haben Investitionen gestoppt, weil Energiekosten steigen. Der vdw Verbandsdirektor sagte in SZ vom 15.9.2022 S. 6, dass es zum Teil existenzbedrohende Finanzlücken gäbe , die überbrückt werden müssen. Er forderte zinslose Darlehen für die Wohnungswirtschaft.

7. Konkurrenzfähigkeit 

Ein großes Problem: Nicht alle Länder auf der Welt haben wie Deutschland eine Gas-und Stromkrise.
USA, Frankreich, Japan ua. kennen kein Gas- und Stromproblem. 

Explodieren die Preise in Deutschland, ist die  Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft betroffen. Die Abwanderung vieler produzierender Unternehmen  ist möglich- damit einhergehend der Verlust vieler Arbeitsplätze in Deutschland.

8. Risikomanagement ist Chefsache
Jeder(jede) im Privaten kann handeln und sich vorbereiten. Man kann mehr sparen und weniger verbrauchen. 

Vorstände, Geschäftsführer und Inhaber von Unternehmen sind gefordert, Vorsorge zu treffen. Das Risikomanagement war früher nur ein Schlagwort und eine nach HGB zu erfüllende "Formalie".

Heute ist ein Risikomanagement existenziell, um das Unternehmen zu erhalten und die persönliche Haftung und strafrechtliche Verurteilung zu vermeiden.

9. Eigenverwaltung als Chance

Die Hakle GmbH (Hersteller von Toilettenpapier) hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Im Insolvenzverfahren soll der Geschäftsbetrieb in vollem Umfang fortgeführt werden. Die Eigenverwaltung bietet dazu Flexibilität und Geschwindigkeit.  Die Kontrolle wird durch einen unabhängigen Sachwalter übernommen, der vorgeschlagen werden kann. 

Insolvenzgrund: Zahlungsunfähigkeit
Hintergründe: im August 2022 musste das Unternehmen verglichen mit 2019 sechsmal so viel Geld für Gas und Strom bezahlen. Kostete 2021 eine Megawattstunde Strom nach 50 Euro, kostet sie heute knapp 1.000 Euro.

Das konnte nicht abgefedert oder so schnell auf Kunden umgelegt werden, vgl. Bericht in SZ vom 18.9.2022 S. 18.
Eine staatlichen Unterstützung  bzw eine anteilige Erstattung der Energiekosten blieb - trotz schneller Beantragung der Geschäftsleitung- bisher (3 Monate nach Antragstellung) aus.

Die Firma Görtz hat ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Das Schutzschirmverfahren setzt voraus, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Auch hier soll der Geschäftsbetrieb fortgeführt werden und die Instrumente der Insolvenzordnung für die erfolgreiche Sanierung genutzt werden.

Meine abschließende Empfehlung:

Ich empfehle Beratung durch Fachleute und Vorsorge und die optimale Nutzung der Instrumente der InsO und des StaRUG für die Sanierung und Restrukturierung.
Die Zahl der Insolvenzen wird stark ansteigen- ob es eine Insolvenzwelle geben wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird es für viele Unternehmen "ungemütlich" werden.

Für Fragen stehen wir bei pkl mit einem Team von Experten gerne zur Verfügung 

 

Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht (und Sanierung)
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (DIU) 


kulzer@pkl.com  

0351/8110233

PKL Hermann Kulzer
Glashütterstraße 101 a
01277 Dresden

 

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Verfasser: Hermann Kulzer MBA Fachanwalt

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