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Betriebsübergang |
§ 613 a BGB normiert eine Vertragsübernahme mit Sonderrechtsnachfolge und regelt das Schicksal der Arbeitsverhältnisse beim rechtsgeschäftlichen Betriebsinhaberwechsel.
Dadurch soll der Arbeitsplatz auch bei Übergang des Betriebs geschützt werden.
Der neue Inhaber des Betriebs oder Betriebsteils tritt von Gesetzes wegen in alle Rechte und Pflichten des im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses ein.
§ 613 a BGB gilt auch in der Insolvenz.
Der Arbeitnehmer muß innerhalb der Dreiwochenfrist des § 113 II InsO mittels Kündigungsschutzklage gegen den Insolvenzverwalter eine Verletzung des § 613 a BGB geltend machen.
Um die Veräußerung des Betriebes oder von Betriebsteilen für den Insolvenzverwalter zu erleichtern, wird in § 128 InsO die Vermutungswirkung darauf erstreckt, daß im Falle eines Betriebsübergangs kein Verstoß gegen § 613 a BGB vorliegt. |
10.02.2013 |
Betriebsübergang nach § 613 a BGB: Voraussetzungen und Gestaltungsmöglichkeiten |
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Betriebsübergang: Positivfälle und Voraussetzungen Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Betriebsinhabers ein. Es wird vorausgesetzt, dass der bisherige Inhaber seine Betätigung in dem Betrieb einstellt. Ferner wird vorausgesetzt, dass der Übernehmer die wirtschaftliche Einheit im Wesentlichen fortführt. Maßgeblich ist daher für den Übergang die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Es bedarf jedoch für das Merkmal der Fortführung keiner Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht, BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04 Rn.20. Wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur oder im Konzept der betrieblichen Tätigkeit können einer Identitätswahrung entgegenstehen. Gegen einen Betriebsübergang spricht die Änderung des Betriebszwecks, BAG vom 13.07.2006 - 8 AZR 331/05 - Rn17 ff.. Ein Betriebsübergang liegt nicht vor, wenn ein Betrieb vollständig in die eigene Organisations-struktur eines anderen Unternehmens eingegliedert wird, so dass kein organisatorisch abgrenzbarer Betrieb oder Betriebsteil verbleibt. Auch bei einer wesentlich veränderten Zusammenfassung von Ressourcen liegt nach Auffassung des BAG kein Betriebsübergang vor, vgl. BAG vom 14.08.2007 - 8 AZR 1043/06 - Rn.24, NZA 2007, 1431. Eindeutige Negativfälle: Fehlen jeglicher Übernahme von Betriebsmitteln (Büro, Räume, Ladeneinrichtung, Betriebs- und Geschäftausstattung, Maschinen), Kunden und Personal, also beim klassischen Outsourcing; Verlagerung der Produktion in eine andere Gesellschaft. Eindeutige Positivfälle: Ausgliederung von Unternehmensteilstrukturen in eine andere Konzerngesellschaft; bloße örtliche Verlagerung des Betriebs unter Beibehaltung dees bisherigen Betriebszwecks und der Betriebsorganisation; Übernahme der Hauptbelegschaft unter Beibehaltung der Betriebsmethoden und -organisation bei so genannten betriebsmittelarmen Tätigkeiten. Übergang eines Betriebsteils Die gesetzlichen Regelungen des § 613a BGB finden auch Anwendung, wenn nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft erworben wird. Dies setzt voraus, dass die erworbenen Elemente schon beim Betriebsveräußerer eine Einheit dargestellt haben und diese vom Erwerber identitätswahrend fortgeführt wird. Damit ein Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergeht, muss der Arbeitnehmer der Einheit zugeordnet sein. Dazu ein Fall, den das Bundesarbeitsgericht entschieden hat: Der Kläger war seit 2001 bei einer Wasserwerke-GmbH beschäftigt, zuletzt als Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich. Die GmbH war 1996 von zwei kommunalen Zweckverbänden gegründet worden, nämlich einem Trinkwasserzweckverband (Streitverkündeter) und dem Beklagten, einem Abwasserzweckverband. Die GmbH hatte für diese Gesellschafter die Aufgaben der Versorgung mit Trinkwasser und der Abwasserbeseitigung technisch wie kaufmännisch durchzuführen. Bei der GmbH bestand ua. eine technische Abteilung „Trinkwasser“, eine weitere technische Abteilung „Abwasser“ sowie eine kaufmännische Abteilung, die die Verwaltungsvorgänge beider Bereiche bearbeitete. Dazu gehörte die Fakturierung der Forderungen, die Rechnungslegung und das Inkasso der Forderungen im Namen der Zweckverbände. Auf Veranlassung der Kommunalaufsicht entschieden die Zweckverbände, die Aufgaben der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbeseitigung ab 1. Januar 2007 selbst durchzuführen. Soweit die dafür erforderlichen Betriebsmittel bei der GmbH waren, ließen sie sich diese durch Rechtsgeschäft übertragen. Sodann wurden fast alle Arbeitnehmer des technischen Bereichs mit neuen Arbeitsverträgen bei den beiden Zweckverbänden eingestellt, die Techniker der Trinkwasserversorgung beim Streitverkündeten, die der Abwasserbeseitigung beim Beklagten. Dagegen wurden nur einige Arbeitnehmer aus dem kaufmännischen Bereich der GmbH von den Zweckverbänden eingestellt. Der Kläger hat behauptet, im kaufmännischen Bereich der GmbH zu 80 % Vorgänge aus der Abwasserbeseitigung bearbeitet zu haben. Infolge eines Betriebsübergangs sei daher sein Arbeitsverhältnis auf den beklagten Abwasserzweckverband übergegangen. Die Klage hatte wie schon in den Vorinstanzen vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Einen Betriebsteil „Kaufmännische Verwaltung Abwasser“ gab es bei der GmbH nicht als übertragbare Einheit. Diese hatte organisatorisch nur die technischen Abteilungen „Trinkwasser“ und „Abwasser“ getrennt. Keiner der Zweckverbände hat jedoch zum 1. Januar 2007 die für beide Bereiche zuständige kaufmännische Abteilung der GmbH übernommen. Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9. Juli 2009 - 5 Sa 73/08 - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Folgen eines Betriebsübergangs Arbeitsrechtlich ist die Folge eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB, dass der Betriebserwerber in die Rechte aber auch Pflichten der im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt. Dies kann zu einer Nachhaftung des Betriebserwerbers für Altverbindlichkeiten führen. Der Betriebserwerber hat bei fehlerhafter Gestaltung das Risiko, dass Kündigungen wegen des Betriebsübergangs unwirksam sind. Mithin besteht das Risiko, dass diejenigen Arbeitnehmer, die vorher im Unternehmen beschäftigt waren, bei Übertragung von wesentlichen Teilen des Unternehmens vom Erwerber mit Erfolg fortbeschäftigt werden wollen. Vertragsänderung nach Betriebsübergang § 613 a BGB hindert Arbeitnehmer und Betriebsübernehmer nicht, nach einem Betriebsübergang einzelvertraglich die mit dem Betriebsveräußerer vereinbarte Vergütung abzusenken. Eine solche Vereinbarung bedarf keines sie rechtfertigenden Sachgrundes. Beispiel: Die Klägerin war als Verkäuferin bei einer Handelsgesellschaft beschäftigt. Sie bezog monatlich ein Grundgehalt sowie eine Zulage. Das Arbeitsverhältnis ging im Wege des Betriebsübergangs auf die Erwerberin über. Die Parteien vereinbarten danach, das Entgelt unter Wegfall der Funktionszulage auf das bei der Beklagten tariflich geregelte Monatsentgelt abzusenken. Als Ausgleich erhielt die Klägerin eine Einmalzahlung. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Änderungsvereinbarung geltend gemacht und Fortzahlung der mit dem Betriebsveräußerer vereinbarten Vergütung gefordert. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben, denn die nach dem Übergang des Arbeitsverhältnisses vereinbarte Neuregelung der Vergütung ist wirksam. Pressemitteilung Nr. 79/07 zum Urteil Bundesarbeitsgericht vom 7. November 2007 - 5 AZR 1007/06 - Vorinstanz: LAG Brandenburg, Urteil vom 5. September 2006 - 1 Sa 219/06 - Verzicht auf Lohnansprüche, um einen Betriebsübergang zu ermöglichen Ein Erlassvertrag, mit dem die Parteien eines Arbeitsverhältnisses den Verzicht auf rückständige Vergütung für den Fall vereinbaren, dass es zu einem Übergang des Betriebs auf einen Dritten kommt, verstößt gegen zwingendes Gesetzesrecht und ist unwirksam. Beispiel: Die Klägerin arbeitete seit 1998 für den Beklagten als Erzieherin. Der Beklagte erfüllte die vertraglichen Ansprüche der Klägerin auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht mehr. Im Frühjahr 2005 informierte der Beklagte die Klägerin und die anderen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Arbeitnehmer darüber, dass dieser Bereich zum 1. April 2005 von einem anderen Träger übernommen werde und die Arbeitsverhältnisse auf diesen übergehen sollten. Die Übernahme werde aber nur erfolgen, wenn die Mitarbeiter auf alle offenen Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche verzichteten. Die Insolvenz sein ansonsten nicht zu vermeiden und in der Folge der Arbeitsplatzverlust für alle. Die Klägerin hat auf Grund dieses Drucks schriftlich auf ihre Ansprüche auf Abgeltung des rückständigen Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche verzichtet. Der Verzicht sollte jedoch unwirksam sein, wenn der Beschäftigungsbereich nicht bis zum Jahresende 2005 auf einen bestimmten anderen Träger der Sozialarbeit übergegangen sein sollte. Der Betriebsübergang fand wie vorgesehen zum 1. April 2005 statt. Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten rückständiges Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von mehr als 1.700,00 Euro brutto, auf das sie mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag verzichtet hatte. Diesen Verzicht hat sie für unwirksam gehalten. Die Klage war in allen drei Instanzen erfolgreich. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass der zwischen den Parteien geschlossene Erlassvertrag nichtig ist, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB). Bei einem Betriebsübergang schreibt § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zwingend vor, dass der Betriebserwerber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Diese Vorschrift darf nicht abbedungen oder umgangen werden. Aus der Bedingung des Erlassvertrages ergibt sich, dass für ihn der geplante Betriebsübergang Anlass und entscheidender Grund war. Damit stellt er eine unzulässige Umgehung des zwingenden Gesetzesrechtes dar. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2009 - 8 AZR 722/07 - Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 27. März 2007 - 7 Sa 308/06 - Gestaltungsmöglichkeiten für die Praxis Wenn ein Investor ein Unternehmen, das sich in der Krise befindet, übernehmen will, kann die vollständige Übernahme der Arbeitsverhältnisse eine Sanierung unmöglich machen. In der Praxis gibt es mehrere Modelle, die Sanierung ermöglichen sollen: a) Beschäftigungsgesellschaft / Transfergesellschaft Die Beschäftigungsgesellschaft bietet die Möglichkeit, das Eintreten der Folgen des § 613a BGB zu verhindern, indem von vornherein nur ein Unternehmen übergeht, in dem keine bzw. nur eine geringer Zahl von Arbeitnehmers beschäftigt werden zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs. Eine Beschäftigungsgesellschaft wird eingeschaltet, die bereit ist, mit Arbeitnehmern, die in diese Beschäftigungsgesellschaft wechseln wollen, zeitlich befristete Anstellungsverträge zu schließen. Die Anstellungsverträge haben eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten. Sie dienen nicht der weiteren Tätigkeit im Produktionsprozess sondern der Vermittlung der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt und der Qualifizierung, z.B Bewerbungstraining. In den Anstellungsverträgen wird in der Regel Kurzarbeit "null" vereinbart, die dann der Arbeitsagentur für Arbeit angezeigt werden. Der Arbeitnehmer scheidet aus dem Unternehmen aus. Damit wird für einen Betriebserwerber die Anzahl der Mitarbeiter verringert. Um das Ziel zu erreichen, wird ein sogenannter dreiseitiger Vertrag geschlossen. Die Übernahme von Arbeitnehmern aus einer Transfergesellschaft kann mit Risiken behaftet sein, wenn die Transfergesellschaft nur zur Umgehung der Folgen des § 613 a BGB dient und der Übernehmer bereits vorher feststand, vgl. BAG vom 25.10.2012 8 AZR 572/11. b) Erwerbermodell / Erwerberkonzept Im Vordergrund steht das Kündigungsverbot gemäß § 613a Abs.4 BGB. Gemäß § 613a Abs.4 BGB ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Überganges des Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam. Das Recht zur Kündigung aus anderen Gründen (z.B. verhaltens- oder personenbedingt) ist davon nicht betroffen. Aber Kündigungen, deren wesentliche Ursache der beabsichtigte Betriebsübergang ist, sind unwirksam. Eine Kündigung eines Betriebsveräußerers auf Grund eines Erwerberkonzepts verstößt nicht gegen § 613a Abs.4 BGB. Voraussetzung ist, dass ein verbindliches Konzept oder ein Sanierungsplan des Erwerbers vorliegt, dessen Durchführung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits greifbare Formen angenommen hat. Damit besteht die Chance, auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens eine übertragende Sanierung zu ermöglichen. c) Vorteile dieser Modelle für Arbeitnehmer:
die wechselnden Arbeitnehmer zeigen Solidarität mit den anderen Mitarbeitern
die verbleibenden Mitarbeiter haben die Chance, dass ihr Arbeitsplatz erhalten werden kann
durch die Beschäftigungsgesellschaft kann die Arbeitslosigkeit verzögert werden
Sozialplanabfindungen kommen in Betracht
der Erwerber kann den Arbeitnehmern in der Beschäftigungsgesellschaft neue Arbeitsverträge anbieten.
Strategische Erwägungen und eine kompetente Beratung sind daher erforderlich. Für Fragen zum Insolvenz- und Sanierungsrecht, Insolvenzarbeitsrecht, Insolvenzstrafrecht und Insolvenzanfechtungsrecht stehen Ihnen mehrere Fachanwälte gerne zur Verfügung.
Kontakt: MBA RA Hermann Kulzer Fachanwalt für Insolvenzrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht kulzer@pkl.com 0351/8110233 |
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Verfasser: Hermann Kulzer MBA, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Insolvenzrecht |
28.05.2012 |
Betriebsübergang bei Zwangsverwaltung eines Grundstücks |
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Kann ein Betriebsübergang von dem früheren Pächter des Hotels auf den Zwangsverwalter erfolgen?
Leitsatz der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. August 2011 - 8 AZR 230/10 -
Kündigt der Zwangsverwalter eines Grundstücks den Pachtvertrag über ein auf dem Grundstück betriebenes Hotel und führt er den Hotelbetrieb dann selbst weiter, so liegt ein Betriebsübergang vom früheren Pächter auf den Zwangsverwalter vor.
Die Klägerin war in dem von der H. GmbH betriebenen Hotel als Hausdame beschäftigt. Die H. GmbH hatte das Hotel von der Grundstückseigentümerin, der I. GmbH, gepachtet. Aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen diese GmbH wurde der Beklagte durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover zum Zwangsverwalter des Grundstücks bestellt. Nachdem er wegen Pachtzinsrückständen den Pachtvertrag mit der H. GmbH gekündigt und die Zwangsräumung gegen diese durchgeführt hatte, führte er den Hotelbetrieb selbst weiter.
Zu diesem Zwecke schloss er mit allen Mitarbeitern außer der Klägerin neue Arbeitsverträge.
Die Klägerin hat Klage auf Feststellung erhoben, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der H. GmbH auf den Beklagten übergegangen ist.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision hatte die Klägerin vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Ein Betriebsübergang von dem früheren Pächter des Hotels auf den Zwangsverwalter, der den Hotelbetrieb fortführt, scheitert nicht daran, dass die Zwangsverwaltung und die Bestellung des Zwangsverwalters durch einen Beschluss des Amtsgerichts angeordnet und das Betreiben des Hotels durch den Zwangsverwalter vom Vollstreckungsgericht genehmigt worden war.
Die Kündigung des Pachtvertrags mit dem früheren Pächter und die sich daran anschließende Fortführung des Hotelbetriebs durch den Zwangsverwalter ist ein Übergang des Hotelbetriebs „durch Rechtsgeschäft“ iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.
Für Fragen zum Betriebsübergang stehen wir gerne zur Verfügung.
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt, Rechtsanwalt, MBA |
10.05.2012 |
Betriebsübergang bei Rettungszweckverband |
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Wird einer mit der Notfallrettung beauftragten privaten Hilfsorganisation dieser Auftrag gekündigt, muss sofort die Notfallrettung von anderen Trägern erbracht werden.
Fraglich war, ob der Übernehmende, sämtliche Arbeitnehmer übernehmen muss, weil ein Betriebsübergang vorliegen könnte.
Leitsatz des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 10. Mai 2012 - 8 AZR 639/10):
Die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer gehen infolge Betriebsübergangs nur dann auf den Träger des öffentlichen Rettungsdienstes über, wenn dieser die Notfallrettung selbst übernimmt, nicht jedoch, wenn er andere private Hilfsorganisationen damit betraut.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war Rettungssanitäter bei der D-GmbH. Dieser war auf der Grundlage des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vom Herbst 2006 vom beklagten Rettungszweckverband die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports in den Versorgungsbereichen Landkreis Leipzig und Döbeln bis zum 31. Dezember 2008 übertragen worden. Die zur Durchführung des Rettungsdienstes notwendigen Einsatzfahrzeuge sowie die Räumlichkeiten der Rettungswachen in Borna und Groitzsch gehören dem Beklagten und wurden der D-GmbH zur Verfügung gestellt. Infolge finanzieller Schwierigkeiten und personeller Probleme konnte der Geschäftsführer der D-GmbH die ordnungsgemäße Leistungserbringung bis zum 31. Dezember 2008 nicht mehr garantieren. Daraufhin kündigte der Beklagte den öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der D-GmbH außerordentlich zum 23. Dezember 2008. An diesem Tag gab die D-GmbH um 07.00 Uhr die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten frei und sämtliche überlassenen Rettungsmittel und Ausrüstungsgegenstände zurück. Die Notfallrettung und den Krankentransport führten sofort drei andere Unternehmen weiter durch. Diese hatte der Beklagte durch Heranziehungsbescheide vom 22. Dezember 2008 dazu verpflichtet, zunächst bis zum 15. Januar 2009. Die Unternehmen nutzten jeweils einige der zuvor der D-GmbH überlassenen Einsatzfahrzeuge und Rettungswachen. Seit Mitte Januar 2009 führen sie die Notfallrettung und den Krankentransport auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Verträge für den Beklagten durch.
Die Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zum Beklagten blieb vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf den Beklagten übergegangen. Der Beklagte ist nach der Herausgabe der Rettungsmittel nicht Betriebsinhaber eines Betriebs „Rettungsdienst“ geworden, da er einen solchen Betrieb zu keinem Zeitpunkt verantwortlich geführt hat. Die Heranziehung dreier Unternehmen ab dem 23. Dezember 2009 durch Verwaltungsakt nach dem SächsBRKG hat nicht dazu geführt, dass der Beklagte Betriebsinhaber geworden ist.
Für Fragen zum Betriebsübergang stehe ich gerne zur Verfügung.
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Verfasser: Hermann Kulzer, Rechtsanwalt, Fachanwalt, Master of Business and administration (Sozialmanagement) |
19.03.2010 |
Betriebsübergang und Informationsanspruch der Arbeitnehmer nach § 613 a Abs.5 und Abs.6 BGB |
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Betriebsübergang und Informationsanspruch der Arbeitnehmer nach § 613 a Abs.5 und Abs.6 BGB
Der Anspruch der Arbeitnehmer nach § 613 a Abs.5 und Abs.6 BGB und die Frage nach der Verwirkung des Widerspruchsrechts der Arbeitnehmer gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses sind auch in 2010 Hauptprobleme der Betriebs- und Teilbetriebsveräußerung. Welche Risiken bestehen, wenn bei einem Betriebsübergang die Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß informiert werden?
1. Pflicht zur Unterrichtung der Arbeitnehmer
Gemäß § 613 a Abs.5 BGB muss der bisherige Inhaber und der neue Betriebsinhaber diejenigen Arbeitnehmer, die von einem Übergang betroffen sind von dem Übergang unterrichten. Auch Auszubildende sind zu informieren.
2. Wie müssen die Arbeitnehmer informiert werden?
Sie müssen vor dem Übergang in Textform (§ 126 b BGB) unterrichtet werden - über das Rechtsgeschäft zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebserwerber, den Übergang der Arbeitsverhältnisse, den Grund für den Übergang und den Zeitpunkt des Übergangs und die rechtlichen und wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs, § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB. Eine Mitteilung im Rahmen einer Betriebsversammlung reicht als Unterrichtung nicht aus. Ferner ist nicht ausreichend, den Arbeitnehmern nur den Gesetzestext des § 613 a BGB mitzuteilen.
3. Was muss mitgeteilt werden ? Umfang der Informationspflicht
-Person des Erwerbers, Firmensitz, Organe (bei GmbH) und Adresse des Betriebserwerbers
Die Identität des Betriebserwerbers muss so genau angegeben werden, dass die unterrichteten Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, über den möglichen Arbeitgeber Erkundigungen einzuholen ( BAG, 23.07.2009 – 8 AZR 538/08 – DB 2010, 58 = ZIP 2010, 46)
-Übergangszeitpunkt
-Rechtsgrund des Übergangs (Kauf, Pacht, Umwandlung)
-Unternehmerische Gründe für den Betriebsübergang, wenn diese Gründe für den Arbeitsplatz Auswirkungen haben können
-Betriebsteil, der übergeht, muss exakt bestimmt werden
-Präzise Angaben über die Anwendbarkeit tariflicher Normen und die Frage inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen weitergelten, vgl. BAG vom 10.06.2009 – 4 ABR 21/08 – NZA 2010, 51 = ZIP 2009, 2461
-Änderungen wesentlicher Arbeitbedingungen
-ob Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan oder Abwicklungsvereinbarung für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen, vgl BAG vom 20.03.2008 – 8 AZR 1016/06, NZA 2008, 1354
- Bonitätsrisiko des Erwerbers ( Neugründung und fehlendes Eigenkapital)
-Fehlen eines Betriebsrats beim Erwerber
-die fehlende Übernahme wesentlicher Sachwerte z.B wesentliche Gewerbeimmobilie, vgl. BAG, 31.01.2008 – 8 AZR 1116/06 NZA 2008, 642 oder Patente
-über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers bei einer nicht unerheblichen Verringerung der verbleibenden Haftungsgrundlage
-Hinweis, dass Rechte und Pflichten kraft Gesetzes weiter gelten
-Hinweis, dass bisheriger Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber gemäß § 613 a Abs. 2 BGB haftet ( BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05 - NZA 2007, 682).
-Hinweis, dass Kündigung wegen Übergangs des Betriebs oder Betriebsteils unwirksam wäre
-Hinweis auf Monatsfrist nach § 613 a VI BGB
-Hinweis, wenn es im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang zu einer Betriebsaufspaltung kommt und sich dadurch die für die Forderungen der Arbeitnehmer aus ihrem Arbeitsverhältnis zur Verfügung stehende Haftungsmasse in erheblichem Umfang verringert
4. Warum sollen Arbeitnehmer informiert werden?
Den Arbeitnehmern soll die Chance gewährt werden, sich zu erkundigen und beraten zu lassen. Sie sollen sich entscheiden, ob ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses eingelegt wird oder nicht.
Die Rechtsprechung des BAG an die Genauigkeit des Informationsgehalts führte dazu, dass die Arbeitnehmer über die Person des Übernehmers und über die in § 613a BGB genannten Umstände eine rechtlich ausreichende Wissengrundlage für die Ausübung bzw. die Nichtausübung des Widerspruchsrechtes erhalten müssen.
5. Was sind die Folgen der unterlassenen oder unzureichenden Unterrichtung?
Es gibt zwei schwerwiegende Folgen einer unzureichenden Benachrichtigung gemäß § 613 a Abs. 5 BGB:
a) die Frist für die Ausübung des Widerspruchs nach § 613 a BGB beginnt nicht zu laufen (BAG vom 20.03.2008 - 8 AZR 1016/06). Erst eine ordnungsgemäße, vollständige und präzise Information löst die einmonatige Widerspruchsfrist aus ( BAG 13.07.2006 – 8 AZR 305/05, NJW 2007, 246 = NZA 2006, 1268).
b) die Arbeitgeber sind gegebenenfalls dem unzureichend informierten Arbeitnehmer gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, BAG vom 31.01.2008 - 8 AZR 116/06 -NZA 2008 S. 642). Der vom Übergang betroffene Arbeitnehmer hat auch nach Ablauf der Monatsfrist ein Widerspruchsrecht. Denkbar ist, dass das Widerspruchsrecht irgendwann einmal verwirkt ist, vgl. BAG vom 20.03.2008 - 8 AZR 1016/06.
6. Wie erfolgt der Widerspruch des Arbeitnehmers?
Der Arbeitnehmer kann schriftlich sowohl gegenüber dem Veräußerer, als auch gegenüber dem Übernehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses widersprechen, wobei die fehlende Information nicht für den Widerspruch kausal sein muss. Der Widerspruch kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen (BAG 27.11.2008 – 8 AZR 188/07)
7. Wann kann eine Verwirkung des Widerspruchsrechts vorliegen?
Das Recht des Widerspruchs unterliegt den Grenzen der Verwirkung- einem Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB.
Der Arbeitnehmer muss untätig geworden sein und dadurch den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen will, so dass sich der Arbeitgeber darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden ( Umstandsmoment).
Je gewichtiger das Umstandsmoment, desto größer die Gefahr der Verwirkung ( BAG vom 24.07.2008 – AZR 205/07).
Allein aus einem 14 monatigen widerspruchslosen Weiterarbeiten kann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht hergeleitet werden, vgl. BAG 2.4.2009 – 8 AZR 178/07 –ZIP 2009, 2307
Wir beraten und begleiten Sie gerne bei Problemen des § 613 a BGB mit Fachanwälten für Insolvenz- und Arbeitsrecht.
Hermann Kulzer (pkl)
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Büro Glashütterstraße 101a, Dresden
Tel. 0351 8110233
www.pkl.com
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht |
01.05.2009 |
Betriebsübergang und Unterrichtungspflicht nach § 613 a Abs.5 BGB |
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Betriebsübergang und Unterrichtungspflicht nach § 613 a Abs.5 BGB
In der Krise gibt es verstärkt Chancen, Firmen zu übernehmen oder Betriebsteile aus Insolvenzverfahren zu kaufen. Welche Risiken bestehen, wenn bei einem Betriebsübergang die Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß informiert werden?
1. Pflicht zur Unterrichtung der Arbeitnehmer
Gemäß § 613 a Abs.5 BGB muss der bisherige Inhaber und der neue Betriebsinhaber diejenigen Arbeitnehmer, die von einem Übergang betroffen sind von dem Übergang unterrichten. Auch Auszubildende sind zu informieren.
2. Wie müssen die Arbeitnehmer informiert werden?
Sie müssen vor dem Übergang in Textform (§ 126 b BGB) unterrichtet werden - über das Rechtsgeschäft zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebserwerber, den Übergang der Arbeitsverhältnisse, den Grund für den Übergang und den Zeitpunkt des Übergangs und die rechtlichen und wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs, § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB. Eine Mitteilung im Rahmen einer Betriebsversammlung reicht als Unterrichtung nicht aus. Ferner ist nicht ausreichend, den Arbeitnehmern nur den Gesetzestext des § 613 a BGB mitzuteilen.
3. Was muss mitgeteilt werden?
-Firmensitz, Organe (bei GmbH) und Adresse des Betriebserwerbers -Betriebsteil, der übergeht, muss exakt bestimmt werden -Hinweis, dass Rechte und Pflichten kraft Gesetzes weiter gelten -Hinweis, dass bisheriger Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber gemäß § 613 a Abs. 2 BGB haftet ( BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 763/05 - NZA 2007, 682). -Hinweis, dass Kündigung wegen Übergangs des Betriebs oder Betriebsteils unwirksam wäre -Hinweis auf Monatsfrist nach § 613 a VI BGB -Hinweis, wenn es im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang zu einer Betriebsaufspaltung kommt und sich dadurch die für die Forderungen der Arbeitnehmer aus ihrem Arbeitsverhältnis zur Verfügung stehende Haftungsmasse in erheblichem Umfang verringert -die wirtschaftliche Stärke des Betriebserwerbers muss normalerweise nicht mitgeteilt werden, jedoch stellt eine mit dem Betriebsübergang einhergehende erhebliche Verringerung der Haftungsmasse für aus den Arbeitsverhältnissen stammende Forderungen, einen Umstand dar, auf dessen Kenntnis die zu informierenden Arbeitnehmer Anspruch haben (LAG München vom 29.04.2008 - 7 Sa 986/07).
4. Warum sollen Arbeitnehmer informiert werden?
Den Arbeitnehmern soll die Chance gewährt werden, sich zu erkundigen und beraten zu lassen. Sie sollen sich entscheiden, ob ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses eingelegt wird oder nicht.
5. Was sind die Folgen der unterlassenen oder unzureichenden Unterrichtung?
Es gibt zwei schwerwiegende Folgen einer unzureichenden Benachrichtigung gemäß § 613 a Abs. 5 BGB: a) die Frist für die Ausübung des Widerspruchs nach § 613 a BGB beginnt nicht zu laufen ( BAG vom 20.03.2008 - 8 AZR 1016/06) b) die Arbeitgeber sind gegebenenfalls dem unzureichend informierten Arbeitnehmer gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet,BAG vom 31.01.2008 - 8 AZR 116/06 -NZA 2008 S. 642). Der vom Übergang betroffene Arbeitnehmer hat auch nach Ablauf der Monatsfrist ein Widerspruchsrecht. Denkbar ist, dass das Widerspruchsrecht irgendwann einmal verwirkt ist, vgl. BAG vom 20.03.2008 - 8 AZR 1016/06.
Wir begleiten Sie gerne bei Betriebsübergängen und Firmenkäufen aus Insolvenzverfahren mit Fachanwälten für Insolvenzrecht und Arbeitsrecht.
Hermann Kulzer (pkl) Fachanwalt für Insolvenzrecht Büro Dresden Königstrasse 25 Tel. 0351 8110233
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht |
02.03.2008 |
Erlöschen des bisherigen Arbeitgebers nach Gesellschaftsrecht - Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer? |
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Erlöschen des bisherigen Arbeitgebers nach Gesellschaftsrecht - Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer?
Erlischt der bisherige Betriebsinhaber und tritt der neue Arbeitgeber durch gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge in die Arbeitsverhältnisse ein, so besteht kein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB, da das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen erloschenen Arbeitgeber nicht fortgesetzt werden kann.
Der Kläger war bei der K GmbH & Co. KG beschäftigt. Komplementärin war die K Verwaltungs GmbH, einzige Kommanditistin die M GmbH. Diese beiden Gesellschafter der K GmbH & Co. KG vereinbarten, dass die K Verwaltungs GmbH austreten und ihr gesamtes Vermögen mit allen Aktiva und Passiva auf die M GmbH übergehen solle. Die M GmbH wurde gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolgerin der K GmbH & Co. KG, die gemäß den Vereinbarungen ihrer beiden Gesellschafter erlosch. Zuvor hatte sie den Kläger - wie die übrigen Arbeitnehmer - darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis auf die M GmbH übergehe. Dem könne er nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. In diesem Fall würde das Arbeitsverhältnis jedoch mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der K GmbH & Co. KG automatisch enden. Der Kläger widersprach, hielt jedoch später diesen Widerspruch für unwirksam und beantragte die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der M GmbH, nunmehr H GmbH.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Seine Revision führte zu der Feststellung, dass zwischen ihm und der H GmbH ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Kläger konnte dem Wechsel seines Arbeitgebers nicht mit Erfolg nach § 613a BGB widersprechen, da der bisherige Arbeitgeber durch die gesellschaftsrechtliche Gestaltung erloschen war. Sein erklärter Widerspruch war auch nicht als Kündigung oder anderweitige Beendigungserklärung auszulegen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Februar 2008 - 8 AZR 157/07 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Urteil vom 31. Januar 2007 - 22 Sa 5/06 - |
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Verfasser: KS- Rechtsanwälte |
02.12.2007 |
Betriebsübergang durch Überlassung von Betriebsmitteln durch den Insolvenzverwalter |
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Stellt der Insolvenzverwalter die Betriebstätigkeit der Insolvenzschuldnerin ein, überlässt einem Dritten die bisherigen Betriebsmittel zur Nutzung und führt diese mit den Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin und den übernommenen Betriebsmitteln die wirtschaftliche Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin fort, liegt ein Betriebsübergang vor. Nicht erforderlich ist, dass die Betriebsmittel auf Grund eines wirksamen Kaufvertrages erworben worden sind und in das Eigentum des Dritten übergegangen sind. Schließt der Insolvenzverwalter mit einem Arbeitnehmer im zeitlichen Zusammenhang mit dem Betriebsübergang einen Aufhebungsvertrag, so ist dieser als unzulässige Umgehung des Kündigungsverbotes wegen Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 4 BGB) unwirksam.
Folgenden Fall hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden:
Die Klägerin war seit dem 1. August 1995 als Vertriebsassistentin bei der A. GmbH beschäftigt. Über deren Vermögen wurde am 1. Januar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Durch Gesellschafterbeschluss vom 11. Februar 2005 wurde eine zuvor erworbene GmbH in ACC GmbH umbenannt (Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) deren Geschäftsführer. Eine Eintragung in das Handelsregister erfolgte nicht. Nach einem Aufhebungsvertrag mit dem Insolvenzverwalter zum 28. Februar 2005 und neuem Arbeitsvertrag mit der ACC GmbH begann die Klägerin für diese ab 1. März 2005 zu arbeiten. Für den März 2005 erhielten die Mitarbeiter Lohnabrechnungen der ACC GmbH. Zahlungen erfolgten - auch für die anschließenden Monate - nicht. Mit Schreiben vom 29. Juli 2005 erklärte die ACC GmbH die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Der Betriebsrat war vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört worden.
Die Klägerin wandte sich gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 29. Juli 2005 und begehrte von der ACC GmbH und dem Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner die Zahlung der ausstehenden Vergütung. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.
Was entschied das Bundesarbeitsgericht?
Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Revision der ACC GmbH zurückgewiesen. Er ist von einem Betriebsübergang vom Insolvenzverwalter auf die ACC GmbH ausgegangen. Den zwischen dem Insolvenzverwalter und der Klägerin abgeschlossenen Aufhebungsvertrag hat der Senat für unwirksam angesehen, weil er der Umgehung des Kündigungsverbotes des § 613a Abs. 4 BGB gedient habe. Ebenso hat er die von der ACC GmbH ohne vorherige Anhörung des Betriebsrates am 29. Juli 2005 ausgesprochene Kündigung für unwirksam befunden. Auf die Revision des Beklagten zu 2) hat der Senat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses hat zu prüfen, ob der Beklagte zu 2) neben der ACC GmbH auch persönlich für die Forderungen der Klägerin einzustehen hat.
Folgende weitere Entscheidung zum Betriebsübergang hatte das Bundesarbeitsgericht in 2007 zu entscheiden:
Betriebsübergang - Müllsortieranlage
Erledigt ein Unternehmen an einer im Eigentum eines Dritten stehenden Müllsortieranlage anfallende „manuelle“ Sortieraufgaben und vergibt der Dritte später die Hälfte der Sortiermenge an ein anderes Unternehmen, so dass nunmehr zwei Unternehmen jeweils in getrennten Schichten die bisherige Sortiertätigkeit durchführen, stellt dies keinen Betriebsteilübergang auf das neue Unternehmen dar. Die Identität der wirtschaftlichen Einheit ist dann nicht gegeben.
Der Kläger war als Müllsortierer bei der SD GmbH beschäftigt. Diese führte im Auftrag der S GmbH, die auf der Mülldeponie in S eine automatisierte Müllsortieranlage betreibt, die manuell anfallenden Müllsortierarbeiten durch. Die SD GmbH beschäftigte 115 Arbeitnehmer, darunter 32 Leiharbeitnehmer. Im März 2004 vereinbarte die S GmbH mit der SD GmbH eine Änderung des bestehenden Sortiervertrages. Danach sollte ab 1. Juli 2004 die von der SD GmbH zu bearbeitende Müllmenge halbiert und die Vergütung pro Tonne sortierten Mülls um 30 % reduziert werden. Daraufhin erledigte die SD GmbH die Hälfte der bisherigen Sortiertätigkeiten ohne die bislang beschäftigten Leiharbeitnehmer in einer Frühschicht. Die andere Hälfte der Sortierarbeiten führte die D GmbH aufgrund eines neuen Auftrags in einer Spätschicht durch. Auf Antrag der SD GmbH wurde am 1. Oktober 2004 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet. Nachdem die S GmbH deswegen den Sortiervertrag mit der SD GmbH gekündigt hatte, stellte diese ihre Tätigkeit ein. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 29. Oktober 2004 zum 31. Januar 2005. Die bisher von der SD GmbH durchzuführenden Sortieraufgaben übertrug die S GmbH auf ein anderes Unternehmen. Der Kläger hält die vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Er meint, sein Arbeitsverhältnis sei spätestens ab der Einstellung der Betriebstätigkeit der SD GmbH auf die S GmbH übergegangen. Bereits die Übernahme eines Teils der bisher von der SD GmbH erledigten Sortieraufgaben ab dem 1. Juli 2004 habe einen Betriebsteilübergang dargestellt.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die gegen die Wirksamkeit der Kündigung gerichtete Klage und die Klage auf Feststellung des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der D GmbH abgewiesen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Revision des Klägers zurückgewiesen; er hat das Vorliegen eines Betriebsüberganges verneint.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 27. September 2007 - 8 AZR 911/06 - (Parallelsache zu - 8 AZR 889/06 -)
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - Urteil vom 27. April 2006 - 19 Sa 69/05 -
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Verfasser: Hermann Kulzer, Fachanwalt für Insolvenzrecht |
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