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| 01.11.2025 |
ARGE im Bau: unerwünschte Probleme: Abrechnung, Auflösung, Haftung, Tod, Scheidung, |
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Eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) im Bau- und Planungsbereich ist die typische Form der projektbezogenen Zusammenarbeit mehrerer selbständig tätiger Architekten, Ingenieure oder sonstiger Planer. Sie wird regelmäßig als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach § 705 BGB gebildet. Die Gesellschafter verpflichten sich darin, die Erreichung eines gemeinsamen, genau bestimmten Zwecks zu fördern – nämlich die gemeinsame Ausführung eines bestimmten Bau- oder Planungsauftrags. So auch Grüneberg: Eine ARGE ist „ein Zusammenschluss mehrerer selbständig tätiger Personen … zur gemeinsamen Ausführung bestimmter Leistungen, meist in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)“ (Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 705 Rn. 40) [1], [2].
1. ARGE – typische Form der Zusammenarbeit von Architekten und Planern
Im Planungs- und Bauwesen sollen häufig unterschiedliche Fachlichkeiten (Objektplanung, Tragwerksplanung, TGA, Brandschutz, Verkehrsanlagen etc.) gegenüber dem Auftraggeber als einheitliche Leistung auftreten. Eine ARGE ermöglicht das: Die Beteiligten bleiben rechtlich selbständig, treten aber für dieses Projekt nach außen gemeinsam auf. Die ARGE ist damit weder ein Dauerunternehmensverbund noch eine neue „Firma“, sondern eine zweckgebundene Projekt-GbR. Rechtsgrundlage: § 705 BGB (Gesellschaftsvertrag) [1].
2. Formen
In der Praxis finden sich vor allem:
Offene ARGE / klassische GbR-ARGE – alle treten gemeinsam auf, alle haften gemeinsam.
Innengesellschaft – nach außen tritt nur ein Mitglied (federführend) auf, im Innenverhältnis sind aber alle beteiligt.
Bietergemeinschaft → ARGE – zunächst gemeinsames Angebot, bei Zuschlag wird die ARGE „scharf“ gestellt.
Federführermodell – ein Partner übernimmt Geschäftsführung und Außenvertretung, die anderen liefern definierte Leistungsanteile.
Kooperations-/Teilleistungsmodell („unechte ARGE“) – jeder erfüllt seinen Teil für den Auftraggeber, intern wird aber koordiniert.
Alle diese Modelle stützen sich rechtlich auf § 705 BGB; Ausgestaltung und Reichweite ergeben sich aus dem ARGE-Vertrag [1], [2].
3. Was ist das rechtlich?
Rechtlich handelt es sich regelmäßig um eine projektbezogene Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie ist auf den gemeinsamen Zweck gerichtet (Ausführung des konkreten Bau-/Planungsauftrags) und nach dessen Erreichen wieder abzuwickeln. Die GbR ist nach heutiger Linie teilrechtsfähig, kann also selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden. Die rechtliche Grundlage ist stets der Gesellschaftsvertrag gemäß § 705 BGB, in dem die Gesellschafter sich verpflichten, die Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu fördern (Grüneberg, § 705 Rn. 40) [1], [2].
4. Wer haftet?
Nach außen – also gegenüber dem Auftraggeber/Bauherrn – haften die Mitglieder einer gemeinsam auftretenden ARGE grundsätzlich gesamtschuldnerisch. Das folgt nicht aus § 721 BGB (der die Auseinandersetzung betrifft), sondern aus der Rechtsfigur der Außen-GbR i.V.m. §§ 705 ff. BGB und der dazu ergangenen Rechtsprechung: Der Auftraggeber soll sich nicht aussuchen müssen, wer welchen Teil erbracht hat; er darf jeden in voller Höhe in Anspruch nehmen. Im Innenverhältnis gilt dagegen, was die Gesellschafter vereinbart haben: Ausgleich nach Quote, nach Leistungsanteilen oder nach Verursachung. Genau das betont auch Grüneberg: Die Verrechnung der Beiträge erfolgt im Zweifel erst im Rahmen der Auseinandersetzung bzw. Liquidation [2].
5. Wie können Gewinne oder Verluste verteilt werden?
Grundsatz: Vorrang des Gesellschaftsvertrags. Die Parteien können frei festlegen:
Verteilung nach Beteiligungsquote (z.B. 40/30/30),
Verteilung nach Leistungsanteilen (z.B. nach HOAI-Leistungsphasen),
oder Kombination (Grundquote + Nachschlüsselung nach tatsächlicher Leistung). Fehlt eine klare Regelung, greifen die gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsregeln: Gewinne und Verluste werden dann am Ende bei der Auseinandersetzung nach §§ 730 ff. BGB verrechnet (Grüneberg, § 705 Rn. 40) [2]. Wichtig ist hier, dass Haftungs- und Gewährleistungsrückstellungen berücksichtigt werden müssen, weil die ARGE auch nach Projektende noch in Anspruch genommen werden kann.
6. Wie kann der jeweilige Arbeitseinsatz nach tatsächlichen Leistungen gewürdigt werden?
Grüneberg weist darauf hin, dass die Beiträge der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag festgelegt und entsprechend verrechnet werden können [2]. Praktisch geschieht das durch:
interne Leistungszuordnung (wer macht LPH 1–4, wer 5–7 usw.),
Stundennachweise / Leistungsnachweise, die monatlich oder quartalsweise abgerechnet werden,
Nachkalkulation: wer überproportional leisten musste (Sonderlösungen, Planungsänderungen), erhält eine interne Mehrvergütung,
und Bonus-/Malus-Regeln für Termintreue, Qualität, Kooperationspflichten. Damit wird verhindert, dass z.B. der federführende Architekt, der viel Koordinationsaufwand hat, am Ende gleich behandelt wird wie ein Partner mit nur kleinem Fachanteil.
7. Was passiert, wenn das Planungsvorhaben nicht fertiggestellt wird, weil die Bauherren bestimmte Leistungsstufen, die einkalkuliert waren, nicht mehr wollen?
Hier greift der Vertrag vor Gesetz: Zuerst gilt, was im ARGE-Vertrag für „nicht abgerufene Leistungsstufen“ geregelt ist (z.B. interne Anpassung der Quoten, Mindestvergütung, Vorhaltekosten). Fehlt eine solche Regelung, richtet sich die Abwicklung nach den allgemeinen Regeln des Werkvertrags (§ 631 BGB): Vergütung ist für die bereits erbrachten und vom Auftraggeber verwertbaren Leistungen zu zahlen; im Übrigen kommt es auf Kündigungs- bzw. Teilkündigungsregeln an [3]. Im Innenverhältnis der ARGE muss dann neu verteilt werden, weil die eigentlich erwarteten Erlöse wegfallen. Ohne Anpassung würde sonst ein Partner unverhältnismäßig belastet.
8. Was passiert bei Krankheit, Tod oder Insolvenz eines ARGE-Mitgliedes?
Ohne besondere Regelung würden bei einer GbR die §§ 730 ff. BGB greifen; Krankheit, Tod oder Insolvenz können zur Auseinandersetzung führen [2]. Genau das will man bei projektbezogenen ARGEn aber verhindern, weil das Projekt weiterlaufen muss. Deshalb gehört in jeden ARGE-Vertrag eine Fortsetzungsklausel:
die ARGE besteht trotz Tod, Insolvenz, Berufsunfähigkeit fort,
der Anteil des ausscheidenden Mitglieds wird von den übrigen übernommen,
es gibt nur einen begrenzten Auseinandersetzungsanspruch zum Zeitpunkt des Ausscheidens,
der Eintritt eines Insolvenzverwalters wird von Zustimmung abhängig gemacht. Rechtsgrundlage für die Abwicklung, wenn nichts geregelt ist: §§ 730 ff. BGB (Auseinandersetzung, Liquidation) [2].
9. Wie erfolgt die Beendigung der ARGE?
Regelfall: Beendigung mit Projektende – nach Abnahme, Schlussrechnung oder nach vollständiger Erledigung aller Restleistungen. Der Vertrag sollte aber weitere Beendigungsgründe nennen:
Kündigung oder Abbruch durch den Auftraggeber,
schwerwiegende Pflichtverletzung eines Mitglieds,
Unmöglichkeit der Leistung. Anschließend ist die ARGE abzuwickeln: Forderungen einziehen, Verbindlichkeiten begleichen, Rückstellungen bilden (Gewährleistung!), Unterlagen herausgeben, Überschuss oder Fehlbetrag verteilen. Soweit nichts anderes vereinbart ist, gelten die gesellschaftsrechtlichen Regeln der §§ 730 ff. BGB [2].
10. Gibt es rechtliche Besonderheiten, Streitfälle oder Rechtsprechung?
Ja:
Die ARGE/GbR wird als teilrechtsfähig behandelt – sie kann also Trägerin von Rechten und Pflichten sein.
Die Mitglieder haften grundsätzlich gesamtschuldnerisch nach außen.
Besonders zu beachten: Berufshaftpflicht / Planerhaftpflicht – nicht jede Police deckt die Tätigkeit in einer ARGE automatisch ab; oft müssen alle ARGE-Mitglieder eine bestimmte Mindestdeckung vorhalten.
Wichtig ist auch die Fortsetzung bei Ausscheiden eines Mitglieds; hier ist die Rspr. zur Fortsetzung der GbR einschlägig. All dies lässt sich auf die Kommentierung bei Grüneberg zu § 705 BGB stützen, wonach Beiträge, Auseinandersetzung und Fortsetzung vorrangig vertraglich zu regeln sind [2].
Typische Streitstellen (innen):
Leistungsabgrenzung / „Das war doch dein Gewerk!“
Unklare Schnittstellen zwischen Objektplanung, TGA, Statik → Mehrarbeit, die keiner zahlen will.
Oft verbunden mit der Frage: Wer trägt das Risiko der AG-Änderung?
Abrechnung / Vergütung / Cash-Flow
Geld kommt nur einmal vom Bauherrn – wer bekommt wieviel und wann?
Vorfinanzierung der ARGE-Geschäftsführung.
Streit über Stundennachweise („nicht prüffähig“, „nicht vereinbart“).
Nachträge und Zusatzhonorare
Wer hat den Nachtrag „erarbeitet“ und wem steht er intern zu?
Wurde der Nachtrag überhaupt rechtzeitig angezeigt?
Klassiker: Federführer bekommt alles, Fachplaner fühlt sich übergangen.
Haftung und Regress
Ein Planungsfehler eines Partners führt zur Inanspruchnahme der ganzen ARGE → Regress gegen den Verursacher.
Problem: Versicherung des Verursachers deckt ARGE-Risiko nicht oder nur begrenzt.
Dazu passt der Berliner Fall zu ARGE-Haftung + Regress bei grober Fahrlässigkeit (Nachbarschaden) – ARGE haftet voll, Regress trotzdem möglich.
Mitglied wechselt / fällt aus
Krankheit, Insolvenz, Aufnahme eines neuen Partners: Muss der Altpartner weiter mitverdienen?
Wer übernimmt dessen Leistungsanteil, und zu welchen Konditionen?
Hier eskaliert es oft, wenn der Vertrag keine Fortsetzungsklausel hat.
Gewinn-/Verlustverteilung am Ende
Eine Seite meint, die ARGE sei „noch nicht fertig“, also dürfe man noch nichts verteilen.
Andere will ausschütten.
Streit über Höhe der Rückstellungen (Gewährleistung, Prozesse).
Informations- und Mitwirkungspflichten
Ausscheiden / Auseinandersetzungsbilanz
Wie hoch ist der Auseinandersetzungsanspruch wirklich?
Muss erst eine vollständige Schlussrechnung erstellt werden oder kann direkt geklagt werden?
BGH lässt bei der GbR durchaus zu, dass ohne komplette Auseinandersetzungsbilanz einzelne Ansprüche durchgesetzt werden, wenn sie schlüssig dargelegt sind – wichtig für ARGE-Partner, die „festhängen“.
Fortführung der ARGE mit nur wenigen / einem Gesellschafter
Aktuelles 2025
BGH, Beschl. v. 20.03.2025 – V ZB 32/24: Auseinandersetzung einer aufgelösten GbR über Teilungsversteigerung von Gesellschaftsvermögen. Wichtig für ARGE/Projekt-GbR, weil der BGH nochmals betont, dass die gerichtliche Auseinandersetzung und Verwertung des Gesellschaftsvermögens möglich ist, wenn die Gesellschafter sich nicht einigen. Für streitige Abrechnungsfälle in der ARGE sehr brauchbar.
BGH, Hinweis-/Besprechungslinie 2025 zur GbR-Abwicklung („Kein automatischer Vermögensübergang, Abwicklung bleibt nötig“) – Sommer 2025: verstärkt die Linie, dass bei streitiger Beendigung sauber abgewickelt werden muss. Für ARGE heißt das: „Wir lösen einfach auf und du kriegst nichts“ funktioniert nicht.
KG / OLG-Linie 2025 zu baurechtlichen Gesellschafts-/ARGE-Sachen: Zuständigkeitsfragen, wenn es um gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung mit Baubezug geht – zeigt, dass diese Streitigkeiten zunehmend als eigene, durchaus komplexe Verfahren behandelt werden.
Kurz gesagt: 2025 bestätigt der BGH die „strenge“ Linie zur geordneten Auseinandersetzung der GbR – das stützt genau meine Empfehlung, im ARGE-Vertrag die Abwicklung, Fortsetzung und den internen Ausgleich sauber zu regeln.
11. Gliederung für einen ARGE-Vertrag
Präambel / Projekt (Zweck, Auftraggeber, Leistungsumfang)
Rechtsform und Zweck (Projekt-ARGE als GbR gem. § 705 BGB)
Mitglieder und Beteiligungsquoten
Leistungszuordnung und Schnittstellen (HOAI-/AHO-Bezug)
Geschäftsführung und Vertretung (federführendes Mitglied, Beschlüsse, Wertgrenzen)
Vergütung und Zahlungsabwicklung (ARGE-Konto, Weiterleitung, Organisationskosten)
Tatsächliche Leistungen, Mehr-/Minderleistungen (Stundennachweise, Anpassung bei nicht abgerufenen Leistungsstufen; Rückgriff auf § 631 BGB)
Haftung und Versicherung (gesamtschuldnerisch nach außen; interner Ausgleich; Versicherungspflichten)
Änderungen im Mitgliederbestand / Störfälle (Krankheit, Tod, Insolvenz, Fortsetzungsklausel; beschränkter Auseinandersetzungsanspruch; Verweis auf §§ 730 ff. BGB)
Beendigung und Abwicklung (Projektende, wichtiger Grund, Rückstellungen, Schlussabrechnung)
Vertraulichkeit, Urheber-, Nutzungsrechte
Streitbeilegung / Gerichtsstand / Schriftform
Damit bildet der Vertrag genau die nachfolgenden Punkte ab: Bildung als GbR (§ 705 BGB) [1], Beitragspflichten und Verrechnung [2], Werkvertragsbezug bei nicht abgerufenen Leistungen (§ 631 BGB) [3], Auseinandersetzungs-/Liquidationsregeln bei Ausscheiden (§§ 730 ff. BGB) [2].
12. Der ARGE-Anteil im Falle einer Scheidung eines ARGE-Mitglieds
a) Ist der Anteil Zugewinn? Der Anteil an einer ARGE/GbR ist ein vermögenswertes Recht und gehört damit zum Endvermögen des Gesellschafters i.S.d. §§ 1373 ff. BGB. Es wird nicht der ARGE-Anteil „übertragen“, sondern sein Wert fließt in den Zugewinnausgleich ein. Das passt systematisch zur Sicht des Grüneberg, wonach die Beiträge der Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung zu verrechnen sind [2].
b) Wie wird das berechnet? Auszugehen ist vom Stichtag des familienrechtlichen Ausgleichs (Endvermögen). Zu bewerten ist: Was hätte der Gesellschafter an wirtschaftlichem Anspruch gegen die ARGE, wenn heute abgerechnet würde? Bei projektbezogenen ARGEn ist das oft nur:
Anspruch auf noch offene Vergütung / Ausschüttungen,
abzüglich Haftungs- und Gewährleistungsrückstellungen,
ggf. nur ein beschränkter Auseinandersetzungsanspruch nach dem Vertrag. Je enger der ARGE-Vertrag die Auseinandersetzung fasst, desto geringer ist der im Zugewinn anzusetzende Wert.
c) Wie kann man es heraushalten?
Ehevertrag / modifizierter Zugewinn (§ 1408 BGB): Unternehmens-/Beteiligungswerte (also auch ARGE-Anteile) ganz oder teilweise vom Zugewinn ausnehmen oder nur mit Buchwert ansetzen.
ARGE-Vertrag: strenge Abtretungs- und Verpfändungsverbote, Zustimmungserfordernis bei Eintritt Dritter, Fortsetzungsklausel – das verhindert, dass der Ehegatte Gesellschafter wird.
Bewertungsbremsen im ARGE-Vertrag: Beim Ausscheiden gibt es nur den tatsächlichen Auseinandersetzungsbetrag, keinen Goodwill und keine künftigen, noch nicht erarbeiteten Gewinne.
d) Was gibt es Besonderes? Projekt-ARGEn sind zeitlich begrenzt und stark vom Projektstand abhängig. Für den Zugewinnausgleich muss deshalb der Leistungs- und Abrechnungsstand dokumentiert werden (offene Rechnungen, Nachträge, Gewährleistungsrisiken). Außerdem können die übrigen ARGE-Mitglieder ein legitimes Interesse haben, keine familienrechtlich motivierten Eingriffe zu bekommen – deshalb sollte im ARGE-Vertrag ausdrücklich geregelt sein, dass familienrechtliche Ansprüche nur in Geld gegenüber dem betroffenen Gesellschafter, nicht aber gegenüber der ARGE oder den übrigen Gesellschaftern geltend gemacht werden können.
Einige Fundstellen [1] BGB > § 705 Rechtsnatur der Gesellschaft [2] BGB > § 705 Rechtsnatur der Gesellschaft > Rn. 40 (Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025) [3] BGB > § 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag [4] – entfällt hier für die Außenhaftung; auf Rspr. zur Außen-GbR i.V.m. §§ 705 ff. BGB wird verwiesen.
Ich berate und helfe gerne - professionell.
Hermann Kulzer MBA Fachanwalt für Gesellschaftsrecht Fachanwalt für Sanierung Wirtschaftsmediator ( uni DIU)
kulzer@pkl.com Dresden, Glashütterstraßé 101a, 01277 Dresden
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| Verfasser: Hermann Kulzer |
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| 09.09.2025 |
Berufsausübungsgemeinschaft BAG; Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Muster GbR-Vertrag |
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A. Berufsausübungsgemeinschaft von Ärzten:
1. Begriff und Zweck der BAG
Eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) ist der Zusammenschluss mehrerer Ärzte (oder auch Arzt + Psychotherapeut) zur gemeinsamen Ausübung des ärztlichen Berufs unter gemeinsamer Verantwortung. Sie entspricht der ARGE insoweit, als mehrere selbständig Tätige zu einem einheitlichen Außenauftritt zusammengehen – aber: bei Ärzten steht nicht ein Projekt, sondern die dauerhafte, gemeinsame Patientenbehandlung im Vordergrund. Zivilrechtlich: GbR nach § 705 BGB (Grüneberg, § 705 Rn. 40) [1], [2]; berufs- und zulassungsrechtlich: nur zulässige Kooperationsformen (§§ Ärzte-ZV).
2. Formen
„Echte“ BAG / Gemeinschaftspraxis: gemeinsamer Patientenstamm, gemeinsame Karteiführung, gemeinsame Abrechnung bei der KV – das ist das eigentliche Gegenstück zur ARGE.
Teil-BAG / fachübergreifende BAG: nur für bestimmte Leistungen gemeinsam.
Praxisgemeinschaft: nur Räume/Geräte gemeinsam, keine gemeinsame Behandlung → eher wie „Kooperation“, nicht wie ARGE.
überörtliche BAG: mehrere Standorte, aber einheitliche Gesellschaft.
BAG im MVZ-Kontext: BAG als „Untergesellschaft“ eines MVZ.
3. Rechtliche Einordnung
Auch die BAG ist regelmäßig eine GbR nach § 705 BGB, mit dem gemeinsamen Zweck „gemeinsame Berufsausübung“ – also genau das, was Grüneberg als typische Ausprägung der projekt- oder zweckbezogenen GbR beschreibt [1], [2]. Besonderheit gegenüber der ARGE: Die BAG muss berufsrechtlich zulässig sein und darf nicht zur verbotenen Zuweisung von Patienten, verbotenen Gewinnbeteiligungen oder Verstößen gegen die ärztliche Unabhängigkeit führen (MBO-Ä). Außerdem brauchen KV-ärzte die zulassungsrechtliche Zustimmung zur gemeinsamen Ausübung.
4. Wer haftet?
Wie bei der ARGE: nach außen gesamtschuldnerisch. Behandlungsfehler eines Arztes können die ganze BAG treffen, weil nach außen gemeinsame Leistung erbracht wird. Innenverhältnis: Regress gegen den behandelnden Arzt / gegen den, der dokumentiert nicht oder falsch organisiert hat. Das passt zur Linie bei Grüneberg: Beiträge der Gesellschafter werden intern verrechnet, außen haftet die Gesellschaft bzw. ihre Gesellschafter [2]. In der Praxis wird die Haftung aber über Berufshaftpflicht und interne Freistellungsklauseln abgefedert.
5. Gewinn- und Verlustverteilung
Auch hier: vorrangig nach Gesellschaftsvertrag. Üblich:
Grundquote (z.B. 50/50 oder nach Kapital-/Sachbeiträgen),
plus leistungsbezogene Komponenten (Fallzahlen, EBM-/GOÄ-Umsätze, Privatpatienten),
ggf. Zulagen für Praxisorganisation, KV-Vertretung, Weiterbildung. Wenn nichts geregelt ist, greifen wieder die gesellschaftsrechtlichen Regeln (Auseinandersetzung, §§ 730 ff. BGB) – genau wie von Grüneberg für die GbR beschrieben [2].
6. Würdigung des jeweiligen Arbeitseinsatzes
Das ist bei Ärzten besonders heikel (Arbeitszeit vs. Fallzahlen vs. Erlös pro Fall). Typische Modelle:
Umsatzbezogene Verteilung (wer mehr erwirtschaftet, bekommt mehr),
Leistungsgruppen (z.B. OP, Diagnostik, Sprechstunde – jeweils mit Punkten),
Stunden- oder Anwesenheitskomponente,
Funktionselemente (Praxismanager in Gesellschafterrolle bekommt Zuschlag). Rechtlich ist das durch § 705 BGB gedeckt: die Beiträge dürfen unterschiedlich festgelegt und verrechnet werden [2].
7. Wegfall von Leistungen / Änderungen durch KV oder Patientenstruktur
Das ärztliche Pendant zu „Bauherr ruft Leistungsstufe nicht ab“ ist: KV ändert Budget / EBM / Plausibilitäten oder ein wesentlicher Leistungsträger (z.B. OP-Schiene, Sondervertrag) fällt weg. Dann stellt sich dieselbe Frage wie bei der ARGE: Wer trägt den Erlösausfall? Lösung: Im BAG-Vertrag dynamische Anpassung der Gewinnverteilung vorsehen; ansonsten gilt wie beim Werkvertrag (§ 631 BGB) sinngemäß, dass nur erbrachte Leistungen zu vergüten sind – d.h. fällt das Honorar weg, fehlt auch die Verteilungsmasse [3]. Ohne Anpassung trägt oft der, dessen Leistungsbereich betroffen ist.
8. Krankheit, Tod oder Insolvenz eines BAG-Mitglieds
Zivilrechtlich gelten auch hier die auflösungsanfälligen Regeln der §§ 730 ff. BGB [2]. Deshalb steht in nahezu jedem BAG-Vertrag:
Die BAG wird fortgesetzt mit den übrigen.
Der Erbe / Insolvenzverwalter tritt nicht automatisch ein.
Es gibt einen Abfindungsanspruch nach einer ärztespezifischen Bewertungsformel (meist mit Goodwill-Abschlag, weil Patienten gebunden sind). Ohne diese Klausel müsste eigentlich auseinander gesetzt werden – genau wie Grüneberg es für die GbR beschreibt [2].
9. Beendigung der BAG
Regelmäßig: Kündigung zum Quartals-/Jahresende, Tod, Verlust der Zulassung, Ruhen der Approbation, dauernde Berufsunfähigkeit, schwerer Verstoß gegen Berufsrecht. Dann: Auseinandersetzung nach Gesellschaftsrecht – mit der Besonderheit, dass Patienten, KV-Zulassung, Geräte und Personal nicht einfach „hälftig geteilt“ werden können, sondern eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen ist (wie bei der ARGE). Subsidiär: §§ 730 ff. BGB [2].
10. Rechtliche Besonderheiten / Rechtsprechung
BAG muss berufsrechtlich zulässig sein (MBO-Ä, Berufsordnung der zuständigen Kammer).
Zulassungsrecht: Gemeinsame Ausübung oft genehmigungspflichtig (Ärzte-ZV).
Wettbewerbsverbote / Nachfolge / Mitnahme des Patientenstamms: typische Streitpunkte.
Dokumentation und Datenschutz: weil alle auf gemeinsame Karteien zugreifen.
Und genau wie bei ARGE/GbR: Die Rspr. verlangt eine saubere Auseinandersetzung, nicht „du bist raus, also kriegst du nichts“.
11. Gliederung für einen BAG-Vertrag
Präambel / Zweck (gemeinsame ärztliche Berufsausübung, Standort, Fachgebiete)
Rechtsform (GbR nach § 705 BGB) [1]
Zulassungs- und Berufsrechtsklausel (Voraussetzung: KV-Zulassung, Approbation, Kammermitgliedschaft)
Gesellschafter und Beteiligungen (Stimmrechte, Gewinnschlüssel)
Leistungs- und Tätigkeitspflichten (Sprechstunden, Dienste, Privatsprechstunde, Vertretung)
Honorare und Abrechnung (KV-Abrechnung, GOÄ, Privatliquidation, Einzug durch die BAG)
Gewinn-/Verlustverteilung (Grundquote + leistungsbezogene Bestandteile)
Haftung und Versicherung (gemeinsame Haftung nach außen; interne Freistellung; Berufshaftpflicht)
Krankheit, Schwangerschaft, Ruhen der Zulassung (Fortzahlung / Kürzung, Vertretung)
Ausscheiden, Tod, Insolvenz (Fortsetzungsklausel; Eintritt von Erben ausgeschlossen; Abfindung nach Formel; hilfsweise §§ 730 ff. BGB) [2]
Wettbewerbs-/Mitnahmeverbote und Patientenunterlagen
Schlichtung / Gerichtsstand / Schriftform
Damit besteht das gleiche Raster wie bei der ARGE, nur mit ärztespezifischen „Schaltern“.
12. BAG-Anteil im Falle der Scheidung
Genau wie bei der ARGE:
Ja, der BAG-Anteil ist grundsätzlich Zugewinn, weil er ein vermögenswertes Recht aus der GbR nach § 705 BGB ist (Grüneberg, § 705 Rn. 40) [2].
Bewertung: nach der im BAG-Vertrag vorgesehenen Abfindungs-/Bewertungsformel (oft: Substanz + Praxiswert + Goodwill – berufsrechtliche Beschränkungen – Patientenbindung – KV-Risiken).
Heraushalten: durch Ehevertrag (modifizierter Zugewinn) und durch BAG-Vertrag mit strengen Abtretungs-/Eintrittsverboten; wie bei der ARGE verhindert das nicht den güterrechtlichen Ausgleich, aber drückt den Wert.
Besonderheit: Wegen der persönlichen Berufsausübung kann der Ehegatte nicht einfach Gesellschafter werden – das stützt die vertragliche Gestaltung.
Fundstellen (analog zum ARGE Beitrag): [1] BGB > § 705 Rechtsnatur der Gesellschaft [2] BGB > § 705 Rechtsnatur der Gesellschaft > Rn. 40 (Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025) [3] BGB > § 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag (sinngemäße Anwendung bei wegfallenden abrechenbaren Leistungen)
B. Gründung einer BGB-Gesellschaft (GbR)
I. Allgemeines
1. Zusammenschluss Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist ein Zusammenschluss von zwei oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes.
2. Personengesellschaft Die GbR ist der Grundtyp der Personengesellschaften und eignet sich für den auf Dauer angelegten Betrieb kleingewerblicher Unternehmungen durch mehrere Personen oder für die dauerhafte Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer auf einem Teilgebiet.
3. Rechts- und Parteifähigkeit Die GbR ist rechtsfähig und parteifähig, soweit sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr eigene vertragliche Rechte und Pflichten begründet, kann also selbst vor Gericht klagen und verklagt werden:
4. Keine Organe Die GbR hat keine Organe und ist keine Firma im Sinne des § 17 HGB.
5. Name Der GbR ist es gestattet, eine Geschäftsbezeichnung zu führen, aus der sich Name und Gegenstand der Gesellschaft ergeben.
6. Vorteil: Flexibilität Die GbR zeichnet sich durch eine hohe Flexibilität des Gesellschaftsverhältnisses aus, da sich aus dem Gesetzestext nur wenige zwingende Regelungen ergeben. Sofern es sich bei dem Gesellschaftszweck um den dauerhaften Betrieb eines Grundhandelsgewerbes handelt, ist die GbR nur dann als Rechtsform zu verwenden, wenn es sich nicht um ein kaufmännisches Unternehmen handelt d. h. bei Handels- oder Produktionsbetrieben, die einen Jahresumsatz von ca. € 250.000,- nicht erreichen. Bei einem Jahresumsatz über € 250.000,- wird dieser Betrieb zu einer Personenhandelsgesellschaft, für die besondere gesetzliche Bestimmungen des HGB gelten und deren Eintragung im Handelsregister obligatorisch ist.
7. Unterschied zur OHG Mit der (auch fakultativen) Eintragung im Handelsregister wird aus der GbR eine OHG.
II. Inhalt eines Gesellschaftsvertrages
1. Vertrag zwischen mindestens zwei Personen Die GbR kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zustande, den mindestens zwei Gesellschafter abschließen, die sowohl natürliche als auch juristische Personen sein können.
2. Kein Formzwang Der Gesellschaftervertrag bedarf keiner besonderen Form. Zur Vermeidung von Streit und für die bessere Beweisführung empfiehlt sich allerdings die Schriftform.
3. Wesentlicher Inhalt
- Namen und Anzahl der Gesellschafter
- gemeinsamer geschäftlicher Zweck
- Angaben über die Erreichung dieses Zweckes
- die von den Gesellschaftern zu erbringenden Beiträge enthalten.
III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter
1. Innen und Außenverhältnis(Möglichkeit, Geschäfte für die Gesellschaft abzuschließen)
Es ist zwischen Innen- und Außenverhältnis zu unterscheiden.
2. Grundsatz der gemeinsamen Befugnis und Vertretung Sowohl die Geschäftsführungsbefugnis als auch das Vertretungsrecht stehen grundsätzlich den Gesellschaftern nur gemeinsam zu mit der Folge, dass für jede Art von Tätigkeit die Zustimmung aller Gesellschafter notwendig ist.
3. Ausnahme Von dieser grundsätzlichen gesetzlichen Regelung kann im Gesellschaftsvertrag abgewichen werden, z.B. die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis in der Weise, dass die Anschaffung bestimmter Gegenstände an eine Höchstsumme gekoppelt wird.
Denkbar ist weiterhin, die Geschäftsführung nach Bereichen aufzuteilen, d. h. z.B. einem Gesellschafter die Produktion und einem anderen das Rechnungswesen zu übertragen. Grundlegende Entscheidungen sollten jedoch in jedem Falle der Zustimmung aller Gesellschafter vorbehalten bleiben, um keine unnötigen Streitigkeiten aufkommen zu lassen.
4. Übertragung auf Dritte Die Geschäftsführung kann im Gesellschaftsvertrag auch einem Dritten, der nicht Gesellschafter ist, übertragen werden. Diese grundsätzlich freie Vertragsgestaltungsmöglichkeit unterliegt allerdings gewissen Grenzen: Kann eine oder können mehrere Personen alleine, d. h. ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter, handeln, dann steht jedem anderen Gesellschafter ein Widerspruchsrecht zu mit der Folge, dass bei Widerspruch das Geschäft unterbleiben muss.
5. Kontrollrecht Jedem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter steht ein Kontrollrecht zu, um sich jederzeit informieren zu können. Der ausgeschlossene Gesellschafter erhält dadurch Einsicht in die Geschäftsbücher und Papiere der Gesellschaft. Dieses Kontrollrecht ist nicht abdingbar. Da die unterschiedliche Verteilung von Geschäftsführungsbefugnissen in der Regel nur das Innenverhältnis berührt, hat sie im Normalfall keine Auswirkung auf die Rechtsverhältnisse nach außen. Die Gesellschaft muss sich daher auch die Geschäfte, die ein Gesellschafter ohne Vertretungsmacht für sie abgeschlossen hat, in der Regel zurechnen lassen.
IV. Gesellschaftsvermögen
1. Beiträge und Gewinn Das Vermögen der Gesellschaft besteht aus den Beiträgen der Gesellschafter sowie dem Gewinn aus der Geschäftstätigkeit. Es stellt ein Sondervermögen dar, an dem alle Gesellschafter beteiligt sind und über das nur alle zusammen verfügen können (Gesamthandvermögen).
2. Gemeinschaftliches Eigentum An den gemeinsamen Anschaffungen erwerben die Gesellschafter gemeinschaftliches Eigentum.
V. Haftung der Gesellschaft
1. Unbeschränkte Haftung
Für Verbindlichkeiten aus Verträgen, die im Namen der Gesellschaft abgeschlossen werden, haftet das Gesellschaftsvermögen und jeder Gesellschafter grundsätzlich unbeschränkt auch mit seinem gesamten Privatvermögen. Dabei kann ein Gesellschafter von einem potentiellen Gläubiger auch alleine in Anspruch genommen werden.
2. Ausgleich im Innenverhältnis
In diesem Falle kann er von den übrigen Gesellschaftern nach deren Beteiligung am Gesellschaftsvermögen im Innenverhältnis anteiligen Ausgleich verlangen. Wird im Gesellschaftsvertrag keine abweichende Vereinbarung getroffen, so haften alle Gesellschafter zu gleichen Teilen.
VI. Haftungsbegrenzung der GbR
Es besteht nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Möglichkeit, dass die Gesellschafter einer GbR ihre Haftung in der Weise auf das Gesellschaftsvermögen begrenzen, dass die Vertretungsmacht des geschäftsführenden Gesellschafters vertraglich beschränkt wird und diese Beschränkung für Dritte erkennbar ist. Dies muss den jeweiligen Geschäftspartnern gegenüber in jedem Einzelfall stets deutlich und unmissverständlich klar gemacht werden! Die persönliche Haftung der Gesellschafter bürgerlichen Rechts kann nicht durch einen bloßen Namenszusatz oder einen anderen Hinweis, für Verpflichtungen nur beschränkt einstehen zu wollen, beschränkt werden. Für eine wirksame Haftungsbeschränkung bedarf es stets einer individualvertraglichen Vereinbarung.
VII. Stimmrechte und Beschlussfassung
Eine besondere Regelung über Stimmrechte der einzelnen Gesellschafter findet sich im BGB nicht. Der Wille der GbR vollzieht sich durch alle Gesellschafter, d. h. Beschlüsse sind mit Zustimmung aller Gesellschafter zu fassen, jeder Gesellschafter hat unabhängig vom Umfang seiner Kapitalbeteiligung eine Stimme und der Gesellschafterbeschluss bedarf grundsätzlich keiner Schriftform. Diese ist aber - wie bereits ausgeführt - aus Gründen der Beweissicherheit zu empfehlen.
VIII. Entnahmerecht
Der Gesellschaftsvertrag sollte eine Regelung über das Entnahmerecht der Gesellschafter enthalten. Dieses Recht kann je nach den Beiträgen der Gesellschafter von unterschiedlicher Qualität oder Quantität sein.
IX. Gesellschafterwechsel
Der Bestand der GbR ist an die jeweilige Gesellschafterzusammensetzung gebunden. Das Ausscheiden eines Gesellschafters führt daher in der Regel zur Auflösung der Gesellschaft, es sei denn, im Gesellschaftsvertrag befindet sich eine entsprechende Fortführungsklausel bzw. die verbleibenden Gesellschafter treffen eine derartige Fortführungsvereinbarung. Bei Ausscheiden eines Gesellschafters und gleichzeitiger Fortführung der Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter steht dem Ausscheidenden ein Anspruch auf Abfindung zu.
X. Auflösung der Gesellschaft
Wird die Gesellschaft, aus welchem Grunde auch immer, aufgelöst, so haftet den Gläubigern das Gesellschaftsvermögen und darüber hinaus unabhängig davon auch das Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter (soweit keine Haftungsbeschränkung einzelvertraglich wirksam vereinbart wurde).
XI. Angaben auf Geschäftsbriefbögen
Im rechtsgeschäftlichen Verkehr müssen die einzelnen Gesellschafter der GbR mit ausgeschrieben Vor- und Zunamen aufgeführt sein. Der Zusatz „GbR“ ist nicht unbedingt notwendig.
XII. Mustergliederung Zwischen XYZ und ABC wird folgender Gesellschaftsvertrag geschlossen: § 1 Name, Sitz und Zweck der Gesellschaft § 2 Dauer der Gesellschaft § 3 Geschäftsjahr § 4 Einlagen der Gesellschafter § 5 Geschäftsführung und Vertretung § 6 Pflichten der Gesellschafter § 7 Gewinn- und Verlustrechnung / Entnahmerecht § 8 Kündigung eines Gesellschafters § 9 Tod eines Gesellschafters § 10 Einsichtsrecht § 11 Salvatorische Klausel § 12 Änderungen des Vertrages
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| Verfasser: Hermnnn Kulzer MBA Sozialmanagement, Fachanwalt für Gesellschaftsrecht |
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| 09.02.2025 |
Scheidungskrieg: Kosten eines Kriegs und Kosten einer Mediation |
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Ein Lied sagt mehr als viele Worte und mein Angebot löst vielleicht Ihren (Gerichts)Streit:
Wenn Du gehst, lass mich zurück. Wenn Du gehst, lass mich zurück in Frieden
Wenn ich geh will ich stehen. Wenn ich geh, will ich Dir in die Augen sehen
Ich will nicht leiden, Ich will nicht weinen, Ich will nicht streiten wegen Dir
Wenn ich geh, lass ich Dich zurück. Wenn ich geh, lass ich Dich in Frieden.
Du sollst nicht leiden. Du sollst nicht weinen. Du sollst nicht streiten wegen mir.
So sollte es laufen.
Tatsächlich kämpfen vermögende Eheleute oft mit allen Mitteln um das Vermögen, manchmal sogar um Kleinigkeiten, und der Streit zieht sich hin und kostet:
- Zeit
- Nerven
- Geld
- Ansehen.
Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass zwei kämpfende Eheparteien eine Lösung finden und dazu einen Mediator einschalten, der versucht, die Sache durch eine Mediation zu regeln.
Das geht auch, wenn beide Parteien durch Rechtsanwälte vertreten sind und vor Gericht streiten.
Zur Mediation: Eine Mediation im Scheidungsverfahren ist ein strukturiertes und vertrauliches Verfahren, bei dem beide Parteien mit Hilfe eines neutralen Mediators versuchen, einvernehmliche Lösungen für ihre Streitigkeiten zu finden. Dies kann verschiedene Bereiche umfassen, wie den
- Zugewinnausgleich
- Unterhalt
- Sorgerecht und
- die Vermögens- und Unternehmensaufteilung.
Ablauf einer Mediation: 1. Vorbereitung: Beide Parteien treffen sich mit dem Mediator, um den Ablauf und die Ziele der Mediation zu besprechen ( geht auch online oder per Telefonkonferenz) 2. Gespräche: In mehreren Sitzungen arbeiten die Parteien unter der Leitung des Mediators an einer einvernehmlichen Lösung ( meist sind 2 Sitzungen ausreichend) 3. Vereinbarung: Wenn eine Einigung erzielt wird, wird diese in einer Vereinbarung festgehalten, die gerichtlich oder notariell beurkundet werden kann. 4. Abschluss: Die Mediation endet mit einer einvernehmlichen (Scheidungsfolgen)vereinbarung, die die weitere Scheidung erleichtert.
Kosten einer Mediation: Die Kosten einer Mediation variieren je nach Dauer und Komplexität des Verfahrens. In der Regel werden die Kosten auf Stundenbasis berechnet und hängen von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Parteien ab. Es ist wichtig, vor Beginn der Mediation mit einem Anwalt oder der Mediationseinrichtung die Kosten zu klären. Manche Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten für eine Mediation bis zu einer bestimmten Grenze.
Um Durchschnitt entstanden bei mir Kosten in Höhe von 5.000 Euro.
Lassen Sie uns die Schritte 3 und 4 einer Medation auszugsweise genauer betrachten:
Schritt 3: Bearbeitung der Konflikte In diesem Schritt geht es darum, die zugrunde liegenden Konflikte und Anliegen der Parteien genauer zu untersuchen und zu verstehen. Dazu gehören:
- Erforschung der Interessen und Bedürfnisse:
Der Mediator stellt gezielte Fragen, um die eigentlichen Interessen und Bedürfnisse hinter den Positionen der Parteien zu ermitteln. Es wird darauf geachtet, dass alle Parteien ihre Sichtweise und Gefühle äußern können
- Spiegeln und Zusammenfassen:
Der Mediator wiederholt und fasst die Aussagen der Parteien zusammen, um sicherzustellen, dass alle sich verstanden fühlen und Missverständnisse vermieden werden.
- Neutralität bewahren:
Der Mediator bleibt neutral und unparteiisch, um eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen.
- Emotionale Unterstützung:
Der Mediator hilft den Parteien, ihre Emotionen zu erkennen und zu verarbeiten, um konstruktive Gespräche zu fördern.
Schritt 4: Schaffung von Lösungsmöglichkeiten In diesem Schritt werden praktikable Lösungen für die identifizierten Konflikte entwickelt. dazu gehören:
- Brainstorming:
Die Parteien werden ermutigt, möglichst viele Lösungsvorschläge einzubringen, ohne diese zunächst zu bewerten. Alle Ideen werden gesammelt und auf ihre Machbarkeit hin überprüft.
- Bewertung und Priorisierung:
Die Parteien bewerten die gesammelten Vorschläge und wählen diejenigen aus, die am besten ihre Bedürfnisse und Interessen erfüllen.
- Kombination von Ideen:
Oft werden verschiedene Ideen kombiniert, um eine optimale Lösung zu finden.
- Konstruktive Verhandlungen:
Der Mediator unterstützt die Parteien dabei, ihre bevorzugten Lösungen zu verhandeln und Kompromisse zu finden, die für alle akzeptabel sind.
- Erstellung eines Aktionsplans:
Die Parteien erstellen einen detaillierten Plan zur Umsetzung der vereinbarten Lösungen und legen fest, wer, welche Aufgaben in einem bestimmten Zeitfenster übernimmt.
Diese Schritte sollen sicherstellen, dass die Mediation strukturiert und zielgerichtet verläuft, sodass beide Parteien zu einer nachhaltigen Lösung gelangen können: schneller, günstiger, nachhaltiger als ein Gerichtsprozess, u.U. durch mehrere Instanzen.
Was kostet ein Scheidungskrieg?
Die Kosten für ein Scheidungsverfahren hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Vermögen der Ehepartner, ob die Scheidung einvernehmlich oder strittig ist, und ob es Kinder gibt.
Für ein Vermögen von 1 Million Euro könnten die Kosten wie folgt aussehen:
1. Anwaltskosten: Diese werden in der Regel nach dem Rechtsanwaltsvergütungsrecht (RVG) berechnet. Bei einem Vermögen von 1 Million Euro könnten die Anwaltskosten zwischen 15.000 und 25.000 Euro liegen, je nach Komplexität des Falls und der Anzahl der benötigten Anwälte. 2. Gerichtskosten: Diese werden nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) berechnet. Der Verfahrenswert, der in diesem Fall etwa 1 Million Euro betragen würde, beeinflusst die Gerichtskosten. Die Gerichtskosten könnten bei 3.000 Euro liegen. 3. Sonstige Kosten: Dazu können eventuell Sachverständigenkosten kommen, falls z.B. ein Gutachten über das gemeinsame Vermögen erforderlich ist.
Insgesamt könnten die Kosten für ein Scheidungsverfahren mit 1 Million Euro Vermögen bei 30.000 Euro liegen- pro Partei.
Bitte beachten Sie , dass dies nur eine unverbindliche, grobe Schätzung ist und die tatsächlichen Kosten variieren können.
Gibt es noch weitere Aspekte der Mediation, die Sie interessieren? Haben Sie noch weitere Fragen zur Mediation?
Kulzer Hermann MBA Mediator (Uni DIU)
kulzer @pkl.com |
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| Verfasser: Hermann Kulzer |
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| 07.02.2025 |
Organisationspflichten von Unternehmen durch die Whistleblower Richtlinie und das Hinweisgeberschutzgesetz |
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Die EU hatte eine Richtlinie verfasst, bei der Whistleblower geschützt werden sollten. Es handelte sich um die Richtlinie (EU) 2019/1937 (Hinweisgeberrichtlinie) der Europäischen zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.
Zwischenzeitlich ist diese in Deutsches Recht umgesetzt worden und Unternehmen sind verpflichtet diese zu beachten. Es bestehen daher organisatorische Herausforderungen der Unternehmen diese umsetzen.
Im Wesentlichen muss man im Unternehmen/Organisation einen gesicherten Zugang schaffen für Hinweise von Insidern über mögliche Straftaten im Unternehmen/Organisation.
Was regelte die EU Richtlinie und was das Hinweisgeberschutzgesetz?
1. EU Whistleblower- Richtlinie
a) Hintergrund Durch die Hinweisgeberrichtlinie sollen Personen, die für eine öffentliche oder private Organisation arbeiten oder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit einer solchen Organisation in Kontakt stehen, und in diesem Zusammenhang auftretende Gefährdung oder Schädigung des öffentlichen Interesses häufig als Erste wahrnehmen, geschützt werden, wenn sie Verstöße gegen das Unionsrecht melden, die das öffentliche Interesse beeinträchtigen. In der EU sollte es einheitliche Standards geben, daher gab es diese Richtlinie.
b) Betroffene Unternehmen? Welche Firmen oder Organisationen waren bei der EU- Whistleblower Richtline betroffen? Organisationen ab 50 Mitarbeitern. Die Begrenzung wurde dann aufgehoben und geändert.
c) Was soll geschützt werden? Verstöße, die den unionsrechtlichen Vorschriften zuwiderlaufen, sollen gemeldet werden. Die Meldestelle muss vertraulich sein.
Welche Bereiche sind besonders betroffen:
- Umweltschutz
- Produktsicherheit
- Finanzdienstleistungen
- Lebensmittelsicherheit
- Tiergesundheit
- öffentliche Sicherheit
- Verbraucherschutz
- Datenschutz
d) Wer ist der geschützte Personenkreis? Natürliche Personen -Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Der Schutz soll greifen, während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses und auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet wurde)
- Selbständige Personen
- Personen in Aufsichtsorganen
- Personen in Leitungsorganen
- Personen, die unter Leitung oder Aufsicht arbeiten
e) Was sind die Arten der geschützten Übertragung?
- Sichere Meldung an eine externe Meldestelle (Bundesamt der Justiz)
oder
- interne Meldestelle (elektronisches System für Meldung oder Meldestelle innerhalb eines Unternehmens zum Beispiel in Form eines ausgewählten Mitarbeiters der Compliance Abteilung)
- Offenlegung von Informationen
- die anonyme Anzeige ist nicht geregelt ( alles kann berücksichtigt werden- nichts muss ..)
f) Wie soll der Schutz erfolgen?
- Meldestelle
- Vertraulichkeit der Meldestelle
- Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und auch für Dritte, die in der Meldung erwähnt werden
- Verbot von Repressalien des Hinweisgebers (Kündigung, Suspendierung, Änderung Arbeitszeiten und des Arbeitsorts, Rügen, Diskriminierung, Mobbing, negative Leistungsbeurteilung, Schwarze Listen, ua)
- Schutz vor Sanktionen des Hinweisgebers
- Verbesserung der Unternehmenskultur
g) Gesetzliche Vorgaben zur Verfahrensweise
- Einsicht in die Meldung des Hinweisgebers muss vor Zugriff anderer Mitarbeiter geschützt werden
- unparteiische Ansprechperson muss benannt werden
- Die interne Meldestelle muss den Eingang innerhalb von 7 Tagen bestätigen
- Die Meldestelle muss den Hinweisgeber innerhalb von 3 Monaten informieren über Maßnahmen und Folgen ( Hinweisgeber soll bestimmte Person kontaktieren können)
h) Gibt es eine Abgrenzung zum Verrat? Die Weitergabe vertraulicher Geschäftsgeheimnisse zum Zwecke des Wettbewerbs oder Absicht des Eigennutzes ist strafbar.
i) Was passiert, wenn ein Unternehmen die EU Whistleblower Richtlinie nicht beachtet? Es kann Strafen- insbesondere Geldstrafen nach sich ziehen.
2. HinSchG
a) Umsetzungspflicht Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten mussten diese EU Vorgaben gemäß Art. 288(3) AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) umsetzen.
Alle Unternehmen ab 50 Arbeitnehmer. Unabhängig von der Beschäftigtenanzahl müssen bestimmte Unternehmen eine interne Meldestelle haben:
- Wertpapierdienstleistungsunternehmen,
- Datenbereitungsdienste,
- Börsenträger
- Institute im Sinne des § 1 (1) KWG
b) Erfolge Umsetzung und Inkrafttreten In Deutschland folgte auf die Richtline der EU das HinSchG. Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verbietet Repressalien gegenüber Whistleblowern, das sind hinweisgebende Personen und verpflichtet Unternehmen, sichere Verfahrensweisen für die Meldung von Missständen einzurichten. Das HinSchG wurde am 02. 06. 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am 02.07 2023 in Kraft getreten.
c) Ähnlicher Sachverhalt Eine ähnliche Tendenz oder Situation gab es früher im Zusammenhang mit der Geldwäsche und dem Geldwäschegesetz (vgl. § 6(5) GwG- Geldwäschegesetz). Nach Einführung des GwG Gesetzes gab es viel mehr Meldungen.
d) Wesentliche Inhalte des HinSchG Der persönliche und sachliche Inhaltsbereich des HinSchG ist mit der Whistleblower Richtlinie identisch.
- Es muss eine Meldung in schriftlicher und mündlicher Form möglich sein, § 16 (Abs.3) HinSchG.
- Das Unternehmen kann selbst entscheiden, ob es eine interne Meldestelle gibt, bei der im Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter tätig sind oder auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem Unternehmen in Kontakt stehen, § 16 (1) S.3 HinSchG.
Hinweisgeber müssen geschützt und dürfen nicht benachteiligt werden. Es gibt eine Vermutung der Benachteiligung auf Grund eines Hinweises gemäß § 36(2) HinSchG- der Arbeitgeber muss die Vermutung entkräften.
e) Ausgestaltung einer internen Meldestelle Dies ist in § 15 HinSchG geregelt:
- Voraussetzung: Unabhängigkeit der Meldestelle
- notwendige Fachkunde
f) Verfahrensgang einer Meldung gemäß § 17 (1) HinSchG
- Meldestelle einrichten
- Eingangsbestätigung einer Meldung
- Unverzügliches Kontaktieren des Hinweisgebers durch interne Meldestelle
- Kontaktwahrung mit Hinweisgeber
- Prüfung der Stichhaltigkeit der Meldung
- Interne Meldestelle ergreift geeignete und angemessene Maßnahmen ( Folgemaßnahmen gemäß § 18 HinSchG)
- endgültige Rückmeldung an Hinweisgeber nach 3 Monaten
g) Bei Verstoß des Unternehmens aa) Bußgeld Die Umsetzung ist in der Breite noch nicht möglich. Einige größere Unternehmen erhielten für Verstöße Bußgelder nach OWi Bei einem Verstoß gegen 1, 3 und 4 kann ein Bußgeld verhängt werden in Höhe von 50.000 Euro. Bei einem Verstoß gegen Nr. 2 kann ein Bußgeld drohen in Höhe von 20.000 Euro. Ordnungswidrig ( bis 50.000 Euro Ordnungsgeld) ist es ferner, falsche Informationen zum HinSchG zu erteilen.
bb) Schadenersatz nach Repressalien Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien ist der Verursacher verpflichtet, der hinweisgebenden Person den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, § 37(1) HinSchG.
Bei Hinweisen im Sinne des HinSchG ist aus meiner Sicht für die Einrichtung einer Meldestelle eine Unabhängigkeit eines externen Dritten besser gegeben als bei einem Angestellten innerhalb eines Unternehmens. Auch der Dritte-Externe bleibt eine sogenannte interne Meldestelle.
Die Funktion einer unabhängigen Meldestelle kann ein externer Rechtsanwalt beispielsweise gegen monatliche Pauschale übernehmen.
Sie haben Fragen oder Interesse an dem Aufbau einer Meldestelle im Sinne des HinSchG?
Hermann Kulzer Master of Business and Administration Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Wirtschaftsmediator (Dresden International University).
Glashütterstraße 101 01277 Dresden 0351/8110233
www.pkl.com kulzer@pkl.com |
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| Verfasser: Hermann Kulzer, MBA, Fachanwalt |
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| 10.04.2024 |
Haftung der Wirtschaftsprüfer für falsche Testate und Informationen |
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I. Was ist ein Testat oder ein Bestätigungsvermerk?
Der Bestätigungsvermerk ist das abschließende Gesamturteil, das nach einer nach anerkannten Berufsgrundsätzen (Berufsgrundsätze für Wirtschaftsprüfer) durchgeführten ordnungsmäßigen Prüfung abgegeben wird ¹¹. Er wird im Rahmen von Jahresabschlussprüfungen erteilt und fasst das im Prüfungsbericht detailliert erläuterte und dargestellte Prüfungsergebnis zusammen.
Konkret beinhaltet der Bestätigungsvermerk:
1. Beschreibung der Aufgabe des Abschlussprüfers:
Hier wird klargestellt, welche Aufgaben der Abschlussprüfer übernommen hat.
2. Abgrenzung dieser Aufgabe gegenüber der Verantwortlichkeit der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft:
Es wird verdeutlicht, dass die Prüfung nicht die Verantwortung der Geschäftsführung für Buchführung, Jahresabschluss und Lagebericht ersetzt.
3. Darstellung des Gegenstands, der Art und des Umfangs der Prüfung:
Hier wird beschrieben, was konkret geprüft wurde und wie umfassend die Prüfung war.
4. Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses in einer Beurteilung:
Der Bestätigungsvermerk enthält eine abschließende Beurteilung des Prüfungsergebnisses. Der Bestätigungsvermerk ist sowohl bei gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfungen als auch im Rahmen von freiwilligen Abschlussprüfungenrelevant, die den gesetzlichen Prüfungen in Art und Umfang entsprechen ?. Es handelt sich um ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung der Qualität und Verlässlichkeit von Jahresabschlüssen und Lageberichten.
II. Was muss ein schriftlicher Bestätigungsvermerk enthalten?
Der vom Abschlussprüfer erbrachte schriftliche Bestätigungsvermerk nach § 322 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB muss folgende Inhalte aufweisen:
Beschreibung der Aufgabe des Abschlussprüfers;
Abgrenzung dieser Aufgabe gegenüber der Verantwortlichkeit der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft für die Buchführung, den Jahres- bzw. Konzernabschluss sowie den Lage- bzw. Konzernlagebericht;
Darstellung des Gegenstands, der Art und des Umfangs der Prüfung;
Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses in einer Beurteilung.
Ein Bestätigungsvermerk ist erforderlich bei der Pflichtprüfung, zum anderen im Rahmen von freiwilligen Abschlussprüfungen, die den gesetzlichen Prüfungen nach Art und Umfang entsprechen.
III. Falsche Testate
Das Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 12. März 2020 im Fall VII ZR 236/19 über die Haftung eines Abschlussprüfers entschieden. Hierbei ging es um die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung durch einen Wirtschaftsprüfer ¹?. Die Haftung eines Wirtschaftsprüfers nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 332 Abs. 1 HGB setzt voraus, dass die Prüfung Gegenstand einer nach Maßgabe des Handelsrechts vorgeschriebenen Pflichtprüfung ist¹. In diesem Fall ging es um die fehlerhafte Erstellung von in Anlageprospekten veröffentlichten Bestätigungsvermerken über die Prüfung der Jahresabschlüsse nebst Lageberichten¹.
Lassen Sie uns die relevanten Aspekte genauer betrachten:
1. Keine Pflichtprüfung nach Maßgabe des Handelsrechts: Eine Haftung des Abschlussprüfers nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 332 Abs. 1 HGB setzt voraus, dass die Prüfung Gegenstand einer nach Maßgabe des Handelsrechts vorgeschriebenen Pflichtprüfung ist. In diesem Fall lag keine solche Pflichtprüfung vor, da die Prüfung der Jahresabschlüsse und der Lageberichte lediglich auf der Grundlage wertpapierrechtlicher Vorschriften über den notwendigen Inhalt eines Prospekts für die Emission einer Orderschuldverschreibung erforderlich war?. Daher scheidet die Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 332 Abs. 1 HGB aus.
2. Haftung nach § 826 BGB: Ein Anspruch eines Anlegers aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen einen Wirtschaftsprüfer kommt in Betracht, wenn der in einem Wertpapierprospekt enthaltene Bestätigungsvermerk nicht nur unrichtig ist, sondern der Wirtschaftsprüfer seine Aufgabe nachlässig erledigt hat. Dies könnte beispielsweise durch unzureichende Ermittlungen oder Angaben ins Blaue hinein geschehen sein, wobei eine Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt wurde, die angesichts der Bedeutung des Bestätigungsvermerks für die Entscheidung Dritter als gewissenlos erscheint?.
3. Fehlende Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers bei der Prospekterstellung:
Es ist zu beachten, dass der Wirtschaftsprüfer in dem entschiedenen Fall bei der Prospekterstellung nicht mitgewirkt hat und auch den Prospekt nicht geprüft hat. Sein Testat wurde lediglich im Prospekt abgedruckt, ohne Einschränkungen. Ob dies Sittenwidrigkeit oder verwerfliches Handeln begründet, hängt von den genauen Umständen ab und erfordert eine detaillierte rechtliche Analyse.
IV. Falsche Informationen
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19. November 2013 mit dem Aktenzeichen VI ZR 336/12 befasst sich mit der Haftung eines Wirtschaftsprüfers. Konkret geht es um die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung von Kapitalanlegern durch irreführende Äußerungen bei orträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern über die Werthaltigkeit von Beteiligungen¹. Der BGH zieht in diesem Fall den Rechtsgedanken der sogenannten Expertenhaftung heran. Diese Expertenhaftung betrifft unrichtige (Wert-) Gutachten und Testate, die gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Dabei geht es um die Verantwortung von Wirtschaftsprüfern, insbesondere wenn sie in Zusammenhang mit Kapitalanlagen stehen². Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Bedeutung der Sorgfalt und Verantwortung, die Wirtschaftsprüfer bei ihren Äußerungen tragen müssen, insbesondere wenn diese Auswirkungen auf Anleger haben können.
V. Wofür haftet der Wirtschaftsprüfer nicht?
Ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk sagt nichts über wirtschaftliche Lage aus- ist also kein absolutes „Gütesiegel”. Der Abschlussprüfer prüft weder die wirtschaftliche Lage des Unternehmens noch die Geschäftsführung des Unternehmens. Wenn sich ein Unternehmen wirtschaftlich ungünstig entwickelt und dies im Rahmen der Bewertung sowie im Anhang und Lagebericht berücksichtigt wurde, ist ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk zu erteilen. Zur Erteilung eines Versagungsvermerks kommt es nur, wenn mehrere wesentliche Rechnungslegungsmängel vorliegen, und nicht, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens an sich schlecht ist.
VI. Was ist jetzt der Unterschied
Der Bestätigungsvermerk und das Testat sind zwei unterschiedliche Begriffe, die im Kontext von Prüfungen und Berichterstattung eine Rolle spielen. Lassen Sie mich die Unterschiede erläutern:
Bestätigungsvermerk im Jahresabschluss:
Testat im Prospekt:
- Ein Testat ist eine schriftliche Erklärung eines Wirtschaftsprüfers oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu bestimmten Aussagen oder Informationen in einem Prospekt.
- Ein Prospekt ist ein Informationsdokument, das von Unternehmen herausgegeben wird, um Anlegern Informationen über Wertpapiere oder Kapitalanlagen zu geben.
- Das Testat im Prospekt kann sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie z. B. die Richtigkeit der Finanzinformationen, die Angemessenheit der Risikodarstellung oder die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.
- Im Prospekttestat bestätigt der Wirtschaftsprüfer, dass die im Prospekt enthaltenen Informationen korrekt und vollständig sind und den geltenden gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Insgesamt sind der Bestätigungsvermerk und das Testat beide Instrumente zur Sicherstellung der Qualität und Verlässlichkeit von Informationen, aber sie werden in unterschiedlichen Kontexten verwendet.
Quellen Zu III:
(1) BGH, 12.03.2020 - VII ZR 236/19 - dejure.org. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=12.03.2020&Aktenzeichen=VII%20ZR%20236%2F19. (2) BGH, Urteil v. 12.03.2020 - VII ZR 236/19 - NWB Urteile. https://datenbank.nwb.de/Dokument/825402/. (3) BGH, 12.03.2021 - V ZR 33/19 - dejure.org. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=31.12.2222&Aktenzeichen=V%20ZR%2033/19. (4) BGH, 02.03.2023 - III ZR 108/22 - dejure.org. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=02.03.2023&Aktenzeichen=III%20ZR%20108/22. (5) BGH, 07.12.2023 - VII ZR 231/22 - dejure.org. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=07.12.2023&Aktenzeichen=VII%20ZR%20231%2F22.
Quellen zu IV.
(1) BGH, 19.11.2013 - VI ZR 336/12 - dejure.org. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=19.11.2013&Aktenzeichen=VI%20ZR%20336/12. (2) BGH, Urt. v. 19.11.2013 - Az. VI ZR 336/12 - Lachner von Laufenberg. https://www.lachner-vonlaufenberg.de/2014/01/bgh-irrefuehrende-angaben-eines-wirtschaftspruefers-gegenueber-vertriebsbeauftragten-einer-anlagegesellschaft-koennen-eine-expertenhaftung-anlog-derjenigen-von-wertgutachtern-gegenueber-einem-anleger/. (3) BGH, 19.11.2013 - VI ZR 336/12 - Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen .... https://www.anwalt24.de/urteile/bgh/2013-11-19/vi-zr-336_12. (4) BGH, Urteil v. 19.11.2013 - VI ZR 343/12 - NWB Urteile. https://datenbank.nwb.de/Dokument/484003/. (5) BGH, Urteil v. 19.11.2013 - VI ZR 336/12 - NWB Urteile. https://datenbank.nwb.de/Dokument/484002/.
Quellen zu I: (1) https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/bestaetigungsvermerk-30733. (2) Bestätigungsvermerk – Handelsgesetzbuch legt Regeln fest. https://www.haufe.de/finance/jahresabschluss-bilanzierung/bestaetigungsvermerk/bestaetigungsvermerk-was-ist-das_188_174352.html. (3) undefined. https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=19.11.2013&Aktenzeichen=VI%20ZR%20336/12. (4) undefined. https://www.lachner-vonlaufenberg.de/2014/01/bgh-irrefuehrende-angaben-eines-wirtschaftspruefers-gegenueber-vertriebsbeauftragten-einer-anlagegesellschaft-koennen-eine-expertenhaftung-anlog-derjenigen-von-wertgutachtern-gegenueber-einem-anleger/. (5) undefined. https://www.anwalt24.de/urteile/bgh/2013-11-19/vi-zr-336_12. (6) undefined. https://datenbank.nwb.de/Dokument/484003/. (7) undefined. https://datenbank.nwb.de/Dokument/484002/. (8) Bestätigungsvermerk - Wirtschaftsprüferkammer - WPK. https://www.wpk.de/mitglieder/praxishinweise/bestaetigungsvermerk/.( 9) Elektronische Prüfungsvermerke und -berichte. https://www.wpk.de/mitglieder/praxishinweise/elektronische-pruefungsvermerke-und-berichte/. (10) Zusammenstellung eingeschränkter oder ergänzter Bestätigungsvermerke .... https://www.wpk.de/fileadmin/documents/Oeffentlichkeit/Berichte/WPK_Berufsaufsicht_2019_Bestaetigungsvermerke.pdf. (11) Bestätigungsvermerk • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon. https://bing.com/search?q=Best%c3%a4tigungsvermerk+des+WP. (12) Bestätigungsvermerk: Welche Arten von Vermerken gibt es in einem .... https://www.accura-audit.de/hrf_faq/bestaetigungsvermerk-pruefungsbericht-wirtschaftspruefer/. |
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| Verfasser: Hermann Kul,zer MBA |
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